Schön und grausam
In ihrem letzten vollendeten Roman vor ihrem Tod 1983 hat Mercé Rodoreda, die große Dame der katalanischen Literatur, noch einmal eine Geschichte aus dem Spanischen Bürgerkrieg erzählt. Das war ihr Generalthema, nachdem sie nach 20 Jahren der Flucht und des Exils wieder zu schreiben begonnen hatte.
Die 1908 geborene Autodidaktin war in den dreißiger Jahren als Autorin schon recht bekannt gewesen; doch mit der Niederlage der Republik 1938 musste sie nach Frankreich fliehen, und von dort aus, mit dem Einmarsch der Deutschen, weiter in die Schweiz. Dort entstand ihr Roman "Auf der Placa del Diamant", mit dem sie weltberühmt wurde.
Ihr letzter Roman nun erzählt die Geschichte des halbwüchsigen Adrià Guinart, der in den Krieg zieht wie viele, weg aus Enge und Armut. Doch man muss in diesen Krieg gar nicht ziehen, er ist schon überall in Katalonien: in den Wäldern, auf den Dörfern, am Strand, an den Flüssen.
Adrià vagabundiert durch diesen Landstrich, immer hungrig, immer auf der Flucht. Dennoch ist dieses Buch weniger ein Kriegsbuch, als ein Entwicklungsroman - eine Geschichte vom Erwachsenwerden vor dem Hintergrund extremer Gewalt.
Der Junge trifft alle möglichen Menschen, er erfährt Freundlichkeit und Gier, Mordlust und Angst, Einsamkeit und Weisheit, Grausamkeit und Trauer. Und an seinen Erlebnissen reift er - er erlebt eine große Liebe und macht sogar, ungebildet wie er ist, die Erfahrung des Lesens und der Selbstreflexion. Beides ist, wie man sich denken kann, eng mit Tod und Zerstörung verbunden: weil Krieg ist.
Am Ende seiner Reise ist Adrià Guinart zum Mörder geworden - aber auch zum Helfer und Tröster für andere. Und macht sich, mit der Last all seiner Erfahrungen, auf den Weg nach seinem alten Zuhause, das ihm wieder wertvoll geworden ist.
Die fast singende Sprache dieses Buchs vereint symbolistische und realistische, mystische und poetische Elemente zu einem sehr schönen und auch sehr grausamen Werk. Nicht umsonst hat Mercè Rodoreda ausgerechnet Goyas Satz über den Schlaf der Vernunft, der Ungeheuer gebiert, als Motto gewählt.
Rezensiert von Katharina Döbler
Mercè Rodoreda: Weil Krieg ist
Aus dem katalanischen von Angelika Maass.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007, 175 Seiten, 18,80 Euro
Ihr letzter Roman nun erzählt die Geschichte des halbwüchsigen Adrià Guinart, der in den Krieg zieht wie viele, weg aus Enge und Armut. Doch man muss in diesen Krieg gar nicht ziehen, er ist schon überall in Katalonien: in den Wäldern, auf den Dörfern, am Strand, an den Flüssen.
Adrià vagabundiert durch diesen Landstrich, immer hungrig, immer auf der Flucht. Dennoch ist dieses Buch weniger ein Kriegsbuch, als ein Entwicklungsroman - eine Geschichte vom Erwachsenwerden vor dem Hintergrund extremer Gewalt.
Der Junge trifft alle möglichen Menschen, er erfährt Freundlichkeit und Gier, Mordlust und Angst, Einsamkeit und Weisheit, Grausamkeit und Trauer. Und an seinen Erlebnissen reift er - er erlebt eine große Liebe und macht sogar, ungebildet wie er ist, die Erfahrung des Lesens und der Selbstreflexion. Beides ist, wie man sich denken kann, eng mit Tod und Zerstörung verbunden: weil Krieg ist.
Am Ende seiner Reise ist Adrià Guinart zum Mörder geworden - aber auch zum Helfer und Tröster für andere. Und macht sich, mit der Last all seiner Erfahrungen, auf den Weg nach seinem alten Zuhause, das ihm wieder wertvoll geworden ist.
Die fast singende Sprache dieses Buchs vereint symbolistische und realistische, mystische und poetische Elemente zu einem sehr schönen und auch sehr grausamen Werk. Nicht umsonst hat Mercè Rodoreda ausgerechnet Goyas Satz über den Schlaf der Vernunft, der Ungeheuer gebiert, als Motto gewählt.
Rezensiert von Katharina Döbler
Mercè Rodoreda: Weil Krieg ist
Aus dem katalanischen von Angelika Maass.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007, 175 Seiten, 18,80 Euro