Schnellsprechender Witze-Doktorand

Von Christian Geuenich |
Der Mainzer Tobias Mann gilt als Shooting-Star unter den Nachwuchskabarettisten. Für sein erstes Programm "Man(n) sieht sich" ist er bereits mehrfach ausgezeichnet worden, im letzten Jahr mit dem Deutschen Kleinkunstpreis und dem Prix Pantheon Publikumspreis. Der Schnellsprecher ist ein Allround-Talent zwischen Kabarett und Comedy und schreibt gerade eine Doktorarbeit über Humor.
"Halli, hallo, das ist der Anfang der Tobias-Mann-Show!”"

Tobias Mann kommt in grell-gelbem T-Shirt und zerrissener Jeans auf die Bühne gesprungen, spielt Gitarre, verbiegt beim Singen seinen Körper und hetzt von einer Ecke in die andere. Die Energie, die der 33-Jährige mit den strahlend blauen Augen, der kleinen Zahnlücke und den nach oben gegelten Haaren auf der Bühne versprüht, ist unglaublich. Das Sprechtempo des vielfach ausgezeichneten Mainzer Kabarettisten ebenso.

""Ich bin schon immer sehr schnell gewesen. Also das ist auch immer was, was groß diskutiert wird. Es gibt viele Leute, die sagen, das ist genau richtig, dann gibt's wieder welche, die sagen, nein, das ist mir zu schnell, ich würde zwischendrin auch mal gerne überlegen dürfen. Ich bin so. Natürlich ist man auf der Bühne, potenziert man selber. Also ich bin jetzt nicht immer so hibbelig und so laut und so schnell. Meine Frau sagt immer, wenn das so wäre, dann würde man es mit dir ja auch kaum aushalten."

Am Anfang seiner Show springt Tobias Mann von der Bühne, begrüßt die ersten drei Reihen im Schnelldurchlauf per Handschlag persönlich und flitzt zurück ins Rampenlicht.

"Sie wollen doch, dass ich für Ihr Geld, das Sie bezahlt haben, zumindest mal physisch mehr leiste als Sie gerade. Deswegen werde ich die während der kompletten Show stehen. Das ziehe ich durch. Wenn der Künstler steht, das ist für jemanden, der hinterher so eine Show quantitativ bewertet, ganz, ganz wichtig. Der geht nachher raus und sagt 'Boah, war das Scheiße. Aber er hat zumindest die ganze Zeit gestanden'."

Danach brennt Tobias Mann ein tagesaktuelles Feuerwerk des Polit-Kabaretts ab, bei dem von Merkel und Koch bis zu Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg jeder sein Fett abbekommt. Ein Wirtschaftsminister, der Vornamen sammelt und aussieht wie Michael Douglas als Finanzhai im Film "Wall Street" soll uns also aus der Krise führen? Futter für sein Programm finde er derzeit zwischen Finanzkrise und Großer Koalition genug, sagt Mann mit breitem Grinsen.

"Super. Das ist echt eine tolle Zeit. Und vor allem, sie bauen ja so viel Scheiße, du musst ja fast nur noch das erzählen, was sie tatsächlich tun. Diese Marketingpolitik, die momentan stattfindet, es wird überhaupt nicht mehr an der Sache gearbeitet gerade jetzt im 'Superwahljahr', und das ärgert mich. Und das dann vorzuzerren und den Leuten zu zeigen, wie lächerlich dieses Verhalten ist, das ist mir ein Fest jedes Mal."

Das Publikum johlt bei dieser Mischung aus Comedy und Polit-Satire, die in keine Schublade passt.

"Ich habe dann immer mal aus einer Notsituation gesagt, ich mache Combarett, weil es will immer jemand ein Wort, für das, was er da macht auf der Bühne. Ich bin der Meinung, Comedy ist nur ein anderes Wort für Kabarett."

Tobias Mann zeigt, wie sich die Parteien auf dem Klavier anhören.

"Die CDU steht für den C-Dur-Akkord, und wie klingt der? So schön, so wohlig, so von innen heraus harmonisch. Sehen Sie, und da werden Sie beschissen."

Dazwischen streut er mal eine Zote, mal eine scharfzüngige Pointe, gefolgt von einer Anleitung für Deutschlehrer, den Unterricht zeitgemäß zu gestalten.

Mann singt: "Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor, und bin so klug als wie zuvor. Heiße Magister, heiße Doktor gar...."

Goethes Faust als Rap-Hymne, bei der Tobias Mann alle Rollen übernimmt und sich während des Singens passend verkleidet.

Tobias Mann ist 1976 in Mainz geboren und aufgewachsen. Sein Vater arbeitet als Banker, die Mutter halbtags als Sekretärin. Schon früh lernt er Klavierspielen, Klarinette und Saxophon und bringt sich später selbst Gitarre bei, weil er damit die Mädchen am besten beeindrucken kann. Dieses musikalische Rhythmus-Gefühl helfe ihm auch heute noch beim intuitiven Timing der Pointen, erzählt der Mann mit dem lausbubenhaften Gesicht.

In der Schule ist er der Klassenkasper und genießt es, mit seinen Witzen im Mittelpunkt zu stehen. Mit 12 tritt er das erste Mal bei einer Fasnachtssitzung vor etwa 500 Leuten auf und kommt von da an jedes Jahr wieder.

"Weil ich es einfach klasse fand, dass da jemand auf der Bühne steht, ein Mikrofon vor dem Mund, erzählt was, und alle hören dem zu. Das war so eine Aufmerksamkeit, die habe ich mir immer gewünscht, das fand ich geil, das war mein Traum einfach. Und dann habe ich mich da bemüht, mitzumachen und bin da nie wieder von weggekommen."

Nach Abitur und Zivildienst studiert Tobias Mann Wirtschaftswissenschaften in Mainz, finanziert sein Studium als Frontmann der Band "Aca & Pella", bei der er die Moderationen zwischen den Liedern mit Stand-up-Elementen würzt. Nach seiner Diplomarbeit zum Thema "Humor in der Werbung" möchte er mit der Band professionell auftreten, seine Freunde haben jedoch andere Pläne. Also schreibt er mit 29 sein erstes Soloprogramm.

"Und habe mir dann ein Zeitlimit gesetzt, ein Jahr, und wenn ich in einem Jahr nicht geschafft hätte, mir von der Kunst die Miete zu bezahlen, dann hätte ich aufgehört und mir wieder was anderes gesucht. Und es lief dann so gut in diesem Jahr, dass ich es heute noch mache."

Parallel zu seinen Auftritten arbeitet er gerade an seiner Doktorarbeit mit dem Titel "Humor als Wettbewerbsvorteil im strategischen Marketing". Ein Professor mit einem Faible für Witze und Kalauer hatte ihn angesprochen, und Tobias Mann fand es einfach spannend, sich mit Humortheorien, Psychologie und Philosophie auseinander zu setzen.

"Das ist für das, was ich tue, sehr wertvoll gewesen. Also ich arbeite viel aus'm Bauch, und wenn du dann aber so merkst, es gibt schon so Schemata, die in der Humortheorie immer wieder auftauchen, wo du so entdeckst, okay, das, was der da beschreibt, das machst du, das ist dann schon interessant zu sehen."

Tobias Mann lebt in Mainz, liebt diese Stadt und freut sich, wenn er nach seinen anstrengenden Auftritten in ganz Deutschland nach Hause kommt. Seine Frau, die als Stewardess arbeitet und ihn, wenn möglich, zu seinen Auftritten begleitet, ist sein größter Fan und härtester Kritiker. Eigentlich schaut er zur Entspannung am liebsten ein paar Filme, manchmal muss er sich allerdings auch zum Joggen zwingen, denn fehlende Fitness merkt er bei seinen schweißtreibenden Auftritten auf der Bühne sofort. Und da möchte er schließlich noch eine ganze Weile stehen.

"Ich will das auf jeden Fall so lange machen, bis ich von der Bühne falle."

Mann singt: "Auf Wiedersehen, macht's gut, auf Wiedersehen, Mann sieht sich. Macht's gut, auf Wiedersehen!" (Applaus)