Schmerzliche Erfahrungen
Wer kennt es nicht: Schmerzen in den Gelenken, im Volksmund Rheuma genannt. Und weil in Deutschland immer mehr ältere Menschen leben, hat das Geschäftsleute auf den Plan gerufen, die Linderung durch gesunde Kost und Nahrungsergänzung versprechen. Was ist da dran?
Rheuma – das ist ein volkstümlicher Name für zahlreiche entzündliche und schmerzhafte Beschwerden des Bewegungsapparates. Auch wenn es viele Krankheitsbilder gibt, so nehmen die Ratschläge in Sachen Ernährung darauf wenig Rücksicht – wenn wir einmal die Gicht außen vor lassen. Die Datenlage ist mau. Der Versuch, eine "gesunde Ernährung" als Schutz vor rheumatischen Erkrankungen zu etablieren, war bisher nicht von Erfolg gekrönt.
Sollte es doch tatsächlich ein Krankheitsbild geben, für das man nicht die Speisenfolge zu Mittag verantwortlich machen kann? Richtig! Dennoch mangelt es nicht an Ernährungsratschlägen. Und auch nicht an Theorien, warum sie wirken müssen – aber vergebens sucht man nach Belegen, es gibt keine Studien, nichts. Nicht einmal für den populären Tipp, möglichst Fette mit Arachidonsäure zu meiden.
Aber vielleicht geht es ja gar nicht darum? Denn gleichzeitig wird der Kundschaft eine ganze Armada teurer Nahrungsergänzungsmittel angeboten, die angeblich die Entzündung stoppen würden. Nachtigall ick hör dir trapsen!
Doch sobald die hübschen Präparate einer kontrollierten klinischen Prüfung unterzogen werden, was bisher allerdings nur selten passiert ist, dann gibt es meistenteils große Ernüchterung, egal ob Vitamine oder Omega-Dingsbums-Fettsäuren. Lediglich bei einem Extrakt aus Avocados ist eine Wirkung wahrscheinlich – aber auch nicht sicher. Da aber nicht einmal Studien zum Verzehr von Avocados statt teurer Pillen vorliegen, bleibe ich auch hier skeptisch. Ehrlich gesagt, angesichts der abgrundlausigen Datenlage bei derart häufigen Beschwerden, bei diesem riesigen Markt, bleibt mir doch die Spucke weg.
Drehen wir einfach den Spieß um. Prüfen wir lieber, welche Ursachen rheumatischen Beschwerden zugrunde liegen. Vielleicht erhalten wir dadurch Hinweise auf die Ernährung. Eine der wichtigsten Ursachen sind Zeckenbisse. Die Krankheit heißt bei korrekter Diagnose Lyme-Disease. Also nichts mit Ernährung, wenn wir die Zeckenmahlzeit außen vor lassen. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass es noch weitere Viren gibt, die rheumatische Beschwerden auslösen können, beispielsweise die Erreger von Hepatitis. Dagegen helfen nun mal keine Radieschen, aber mit geeigneten Antibiotika wäre die eine oder andere Erkrankung heilbar.
Vielfach treten rheumatische Beschwerden nach einer Infektion auf, namentlich nach Lebensmittelinfektionen. Ursächlich sind typische Darmkeime wie Campylobacter oder Yersinien. Im Tierversuch lässt sich durch Manipulation der Darmflora ebenfalls eine Arthritis erzielen. Man führt dabei einen Zustand herbei, wie er auch nach langjährigen Verdauungsstörungen auftritt. Typische Ursachen sind übermäßiger Konsum von Rohkost, von Obst oder Vollkornprodukten oder Unverträglichkeiten wie die Zöliakie, die vom Weizeneiweiß, vom Gluten, ausgelöst wird. Hier ist eine Umstellung der Kost sinnvoll.
Mittlerweile steigt die Hoffnung, eines Tages eine Therapie zu finden. Denn die Forschung hat ein elegantes Tiermodell für die Arthritis gefunden. Im Grunde geht es ganz einfach. Man braucht dafür nur einen Wirkungsverstärker, wie er üblicherweise in Impfstoffen enthalten ist, "Freunds Adjuvans" zum Beispiel. Spritzt man das einer Ratte, entwickelt sie zuverlässig eine Arthritis. Sie können sich vorstellen, dass diese Einsicht auch in der Fachwelt großes Erstaunen hervorgerufen hat. Aber inzwischen ist sie zuversichtlich, auch in Zukunft zeigen zu können, dass Impfungen trotzdem sicher sind. Klar, dass hier Vitamine, Fischöle und Diätjoghurts bestenfalls Placebos sind. Mahlzeit!
Literatur
Maddison PJ et al: Oxford Textbook of Rheumatology. Oxford University Press, Oxford 1998
Benito-Garcia E et al: Protein, iron, and meat consumption and risk for rheumatoid arthitis: a prospective cohort study. Arthritis Research & Therapy 2007; 9: R16
Pedersen M et al: Diet and risk of rheumatoid arthritis in a prospective cohort. Journal of Rheumatology 2005; 32: 1249-1252
Vassilopoulos D, Calabrese LH: Virally associated arthritis 2008: clinical, epidemiologic, and pathophysiciologic considerations 2008; 10: e215
Sterling RK, Bralow S: Extrahepatic manifestations of hepatitis C virus. Current Gastroenterology Reports 2006; 8: 53-59
Lichtman SN: Role of endogenous enteric organisms in the reactivation of arthritis. Molecular Medicine Today 1995: 1: 385-391
Molberg O, Sollid LM: A gut feeling for joint inflammation – usind coeliac disease to understand rheumatoid arthritis. Trends in Immunology 2006; 27: 188-194
Holick MF: Vitamin D: a D-lightful solution for health. Journal of Investigative Medicine 2001; epub ahead of print
Salemi S, D’Amelio R: Are anti-infectious vaccinations safe and effective in patients with autoimmunity? International Review in Immunology 2010; 29: 270-314
Shoenfeld Y, Aron-Maor A: Vaccination and autoimmunity-‚vaccinosis‘: a dangerous liaison? Journal of Autoimmunology 2000; 14: 1-10
Salemi S, D’Amelio R: Could autoimmunity be induced by vaccination? International Review in Immunology 2010; 29: 247-269
Orbach H: Vaccines and autoimmune diseases of the adult. Discovery Medicin 2010; 9: 90-97
Vial T, Descotes J: Autoimmune diseases and vaccinations. European Journal of Dermatology 2004; 14; 86-90
Pirotta M: Arthritis disease – the use of complementary therapies. Australian Family Physician 2010; 39: 638-640
Oliveira PG et al: Subcutaneaous inflammation (panniculitis) in tibio-tarsal joint of rats inoculated with complete Freund’s adjuvant. Clinical & Experimental Medicine 2007; 7: 184-187
Christensen R et al: Symptomatic efficacy of avocado-soybean unsaponifiables (ASU) in osteoarthritis (OA) patients: a meta-analysis of randomized controlled trials. Osteoarthritis and Cartilage 2008; 16: 399-408
Henrotin Y et al: Nutraceuticals: do they represent a new era in the management of osteoarthritis? A narrative review from the lessons taken with fife products. Osteoarthritis and Cartilage 2011; 19: 1-21
Sollte es doch tatsächlich ein Krankheitsbild geben, für das man nicht die Speisenfolge zu Mittag verantwortlich machen kann? Richtig! Dennoch mangelt es nicht an Ernährungsratschlägen. Und auch nicht an Theorien, warum sie wirken müssen – aber vergebens sucht man nach Belegen, es gibt keine Studien, nichts. Nicht einmal für den populären Tipp, möglichst Fette mit Arachidonsäure zu meiden.
Aber vielleicht geht es ja gar nicht darum? Denn gleichzeitig wird der Kundschaft eine ganze Armada teurer Nahrungsergänzungsmittel angeboten, die angeblich die Entzündung stoppen würden. Nachtigall ick hör dir trapsen!
Doch sobald die hübschen Präparate einer kontrollierten klinischen Prüfung unterzogen werden, was bisher allerdings nur selten passiert ist, dann gibt es meistenteils große Ernüchterung, egal ob Vitamine oder Omega-Dingsbums-Fettsäuren. Lediglich bei einem Extrakt aus Avocados ist eine Wirkung wahrscheinlich – aber auch nicht sicher. Da aber nicht einmal Studien zum Verzehr von Avocados statt teurer Pillen vorliegen, bleibe ich auch hier skeptisch. Ehrlich gesagt, angesichts der abgrundlausigen Datenlage bei derart häufigen Beschwerden, bei diesem riesigen Markt, bleibt mir doch die Spucke weg.
Drehen wir einfach den Spieß um. Prüfen wir lieber, welche Ursachen rheumatischen Beschwerden zugrunde liegen. Vielleicht erhalten wir dadurch Hinweise auf die Ernährung. Eine der wichtigsten Ursachen sind Zeckenbisse. Die Krankheit heißt bei korrekter Diagnose Lyme-Disease. Also nichts mit Ernährung, wenn wir die Zeckenmahlzeit außen vor lassen. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass es noch weitere Viren gibt, die rheumatische Beschwerden auslösen können, beispielsweise die Erreger von Hepatitis. Dagegen helfen nun mal keine Radieschen, aber mit geeigneten Antibiotika wäre die eine oder andere Erkrankung heilbar.
Vielfach treten rheumatische Beschwerden nach einer Infektion auf, namentlich nach Lebensmittelinfektionen. Ursächlich sind typische Darmkeime wie Campylobacter oder Yersinien. Im Tierversuch lässt sich durch Manipulation der Darmflora ebenfalls eine Arthritis erzielen. Man führt dabei einen Zustand herbei, wie er auch nach langjährigen Verdauungsstörungen auftritt. Typische Ursachen sind übermäßiger Konsum von Rohkost, von Obst oder Vollkornprodukten oder Unverträglichkeiten wie die Zöliakie, die vom Weizeneiweiß, vom Gluten, ausgelöst wird. Hier ist eine Umstellung der Kost sinnvoll.
Mittlerweile steigt die Hoffnung, eines Tages eine Therapie zu finden. Denn die Forschung hat ein elegantes Tiermodell für die Arthritis gefunden. Im Grunde geht es ganz einfach. Man braucht dafür nur einen Wirkungsverstärker, wie er üblicherweise in Impfstoffen enthalten ist, "Freunds Adjuvans" zum Beispiel. Spritzt man das einer Ratte, entwickelt sie zuverlässig eine Arthritis. Sie können sich vorstellen, dass diese Einsicht auch in der Fachwelt großes Erstaunen hervorgerufen hat. Aber inzwischen ist sie zuversichtlich, auch in Zukunft zeigen zu können, dass Impfungen trotzdem sicher sind. Klar, dass hier Vitamine, Fischöle und Diätjoghurts bestenfalls Placebos sind. Mahlzeit!
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Maddison PJ et al: Oxford Textbook of Rheumatology. Oxford University Press, Oxford 1998
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