Schlichtheit mit großer Wirkung
Seit 1987 wird der Mies van der Rohe-Preis für zeitgenössische Architektur verliehen. Die diesjährigen Preisträger sind international bislang eher unbekannt. Aber das Werk, für das Emilio Tuñon und Luis Mansilla ausgezeichnet wurden, fand weltweit Beachtung: Das MUSAC im nordwestspanischen Provinzstädtchen Leon.
Das MUSAC im nordwestspanischen Provinzstädtchen Leon war von Anfang an ein gewagtes Experiment. Ausgerechnet in der strukturschwachen Provinz Castilla y Leon, fernab der Kulturmetropolen Madrid und Barcelona, sollte ein Zentrum für zeitgenössische Kunst entstehen. Dass das ehrgeizige Projekt glückte, verdankt es zu einem großen Teil den Architekten Emilio Tuñon und Luis Mansilla. Das Gebäude der beiden Madrider Architekten lockte schon vor der Eröffnung im April 2005 Zehntausende Besucher an: Eine Landschaft aus ineinander übergehenden, unterschiedlich hohen Quadern. Die in strenge Rechtecke gegliederte Glasfassade leuchtet in Rot-, Grün-, Gelb- und Violett-Tönen.
Trotz des überwältigenden Farbenspiels ist das MUSAC ein im besten Sinne schlichter Bau - und entspricht gerade darin der Philosophie des Namensgeber Mies van der Rohe. Jury-Präsident Richard Burdett:
"Wir haben uns für das MUSAC in León von Mansilla und Tuñon entschieden, weil es architektonisch sehr ökonomisch ist: Es ist ein einfaches Gebäude, das beim Bau ohne High Tech auskam. Aber diese Schlichtheit hat eine große emotionale Wirkung. Bei unserem Besuch waren wir überrascht und bewegt: Kein Foto, keine Zeichnung, kein Plan hatte uns diese Ruhe und die unterschiedlichen Empfindungen vermittelt, die wir beim Gang durch das Haus empfanden. Außerdem passt das architektonische Konzept fantastisch zum Programm des Kunstzentrums."
Die Form passt sich der Funktion an: Auch deswegen konnte sich das 33 Millionen Euro teure Projekt gegen die anderen sechs Finalisten, darunter David Chipperfields Hafengebäude für den Americas Cup in Valencia oder Zaha Hadids Phaeno Experimentierlandschaft in Wolfsburg, durchsetzen.
Die im Zickzack angelegten Räume gehen ineinander, Lichtschächte machen auch kleine verwinkelte Räume bespielbar und so lässt sich die Ausstellungsfläche je nach Bedarf vergrößern oder verkleinern. Doch nicht nur das Museumskonzept, auch die Umgebung floss in den Entwurf mit ein, sagt Preisträger Emilio Tuñon:
"Wir wollten ein Ensemble von offenen Räumen schaffen, das jede Form von Veranstaltung erlaubt, nicht nur Ausstellungen, sondern auch Modeschauen, Blumenmärkte, DJ-Sessions, um so die Menschen anzulocken. Es ist eine radikale Zuspitzung des Programms. Die historischen Bezüge sind eher ideell: Der rechteckige und rhombenförmige Grundriss erinnert an die römische Zeit. Und natürlich nehmen wir Bezug auf das berühmteste Bauwerk Leons, die Kathedrale: Was dort innen ist, wird von uns nach außen gekehrt. Die bunten Glasfenster bedecken die gesamte Fassade."
Den Mies-van-der-Rohe-Preis sehen die Architekten Emilio Tuñon und Luis Mansilla auch als Auszeichnung für eine neue Generation spanischer Architekten, die jenseits des Star-Systems mit Santiago Calatrava an der Spitze einen eigenen Stil entwickelt.
"Wir sind eine pragmatische Generation von Architekten, die sich sehr direkt mit der unmittelbaren Wirklichkeit auseinandersetzt. Das ist etwas sehr Spanisches. Dazu kommt ein gewisser Idealismus, der sich aus internationalen Einflüssen speist, die erst nach der Franco-Diktatur zu uns drangen. Die Spannung zwischen diesen beiden Polen macht unsere Arbeit interessant."
Dieser Generation kommt zu gute, dass Architektur "made in Spain" international inzwischen einen hervorragenden Ruf genießt - ganz egal, ob die Entwürfe nun von Spaniern stammen oder nur von dort finanziert wurden. 10 der 40 als bemerkenswert eingestuften Bauwerke der letzten beiden Jahre entstanden zwischen den Pyrenäen und Gibraltar: Im Katalog der Stiftung findet sich Jean Nouvels Büroturm Torre Agbar in Barcelona ebenso wie die geschwungene mosaikbedeckte Markthalle "Santa Catalina" des katalanischen Altmeister Enric Miralles oder Richard Rogers neues Flughafenterminal in Madrid. Richard Burdett wundert das nicht.
"Es ist kein Zufall, dass ein Land, dass Kreativität in Kunst und Architektur fördert, stark vertreten ist. In Spanien gibt es eine ausgeprägte 'Kundenkultur': Hier hat man keine Angst, öffentliches Geld in radikales, qualitativ hochwertiges Design zu stecken."
Dass die architektonischen Fördermaßnahmen inzwischen Früchte tragen, tut dem Land gut: Die internationale Aufmerksamkeit ist ein kleiner Trost für die Bausünden aus der Zeit des Tourismusboom - und die Immobilienskandale der letzten Jahre.
Trotz des überwältigenden Farbenspiels ist das MUSAC ein im besten Sinne schlichter Bau - und entspricht gerade darin der Philosophie des Namensgeber Mies van der Rohe. Jury-Präsident Richard Burdett:
"Wir haben uns für das MUSAC in León von Mansilla und Tuñon entschieden, weil es architektonisch sehr ökonomisch ist: Es ist ein einfaches Gebäude, das beim Bau ohne High Tech auskam. Aber diese Schlichtheit hat eine große emotionale Wirkung. Bei unserem Besuch waren wir überrascht und bewegt: Kein Foto, keine Zeichnung, kein Plan hatte uns diese Ruhe und die unterschiedlichen Empfindungen vermittelt, die wir beim Gang durch das Haus empfanden. Außerdem passt das architektonische Konzept fantastisch zum Programm des Kunstzentrums."
Die Form passt sich der Funktion an: Auch deswegen konnte sich das 33 Millionen Euro teure Projekt gegen die anderen sechs Finalisten, darunter David Chipperfields Hafengebäude für den Americas Cup in Valencia oder Zaha Hadids Phaeno Experimentierlandschaft in Wolfsburg, durchsetzen.
Die im Zickzack angelegten Räume gehen ineinander, Lichtschächte machen auch kleine verwinkelte Räume bespielbar und so lässt sich die Ausstellungsfläche je nach Bedarf vergrößern oder verkleinern. Doch nicht nur das Museumskonzept, auch die Umgebung floss in den Entwurf mit ein, sagt Preisträger Emilio Tuñon:
"Wir wollten ein Ensemble von offenen Räumen schaffen, das jede Form von Veranstaltung erlaubt, nicht nur Ausstellungen, sondern auch Modeschauen, Blumenmärkte, DJ-Sessions, um so die Menschen anzulocken. Es ist eine radikale Zuspitzung des Programms. Die historischen Bezüge sind eher ideell: Der rechteckige und rhombenförmige Grundriss erinnert an die römische Zeit. Und natürlich nehmen wir Bezug auf das berühmteste Bauwerk Leons, die Kathedrale: Was dort innen ist, wird von uns nach außen gekehrt. Die bunten Glasfenster bedecken die gesamte Fassade."
Den Mies-van-der-Rohe-Preis sehen die Architekten Emilio Tuñon und Luis Mansilla auch als Auszeichnung für eine neue Generation spanischer Architekten, die jenseits des Star-Systems mit Santiago Calatrava an der Spitze einen eigenen Stil entwickelt.
"Wir sind eine pragmatische Generation von Architekten, die sich sehr direkt mit der unmittelbaren Wirklichkeit auseinandersetzt. Das ist etwas sehr Spanisches. Dazu kommt ein gewisser Idealismus, der sich aus internationalen Einflüssen speist, die erst nach der Franco-Diktatur zu uns drangen. Die Spannung zwischen diesen beiden Polen macht unsere Arbeit interessant."
Dieser Generation kommt zu gute, dass Architektur "made in Spain" international inzwischen einen hervorragenden Ruf genießt - ganz egal, ob die Entwürfe nun von Spaniern stammen oder nur von dort finanziert wurden. 10 der 40 als bemerkenswert eingestuften Bauwerke der letzten beiden Jahre entstanden zwischen den Pyrenäen und Gibraltar: Im Katalog der Stiftung findet sich Jean Nouvels Büroturm Torre Agbar in Barcelona ebenso wie die geschwungene mosaikbedeckte Markthalle "Santa Catalina" des katalanischen Altmeister Enric Miralles oder Richard Rogers neues Flughafenterminal in Madrid. Richard Burdett wundert das nicht.
"Es ist kein Zufall, dass ein Land, dass Kreativität in Kunst und Architektur fördert, stark vertreten ist. In Spanien gibt es eine ausgeprägte 'Kundenkultur': Hier hat man keine Angst, öffentliches Geld in radikales, qualitativ hochwertiges Design zu stecken."
Dass die architektonischen Fördermaßnahmen inzwischen Früchte tragen, tut dem Land gut: Die internationale Aufmerksamkeit ist ein kleiner Trost für die Bausünden aus der Zeit des Tourismusboom - und die Immobilienskandale der letzten Jahre.