Schleichwerbung im Fernsehen

Von Michael Meyer |
Auf der Liste der bedeutsamsten Medienthemen des Jahres 2005 wird sicher das Thema Schleichwerbung ganz oben stehen. Nach ARD und ZDF sind nun auch Fälle bei SAT.1 aufgetaucht. Die Produzenten sind zwar vorsichtiger geworden, doch angesichts der immer knapper werdenden Finanzen bleibt einigen kaum etwas anderes übrig, als Geld für Schleichwerbung anzunehmen.
Bereits vor zwei Jahren mussten sich die ZDF-Gremien mit Schleichwerbung befassen: In mehreren Serien, wie etwa "Sabine" oder "Rosa Roth", waren auffällig häufig Produkte, wie etwa ein roter VW-Beetle zu sehen – in der Tat stellte sich heraus: Für diese Szenen floss Geld an die Produzenten.

Im Sommer 2002 förderte der Journalist Volker Lilienthal einen handfesten Schleichwerbeskandal in der ARD zutage: Systematisch, und über Jahre habe es in Serien wie "Marienhof" und anderen illegale Absprachen zur Präsentation von Produkten gegeben. Und nicht nur das: Ganze Dialoge wurden in die Drehbücher eingearbeitet, so dass Unternehmen ihre Werbebotschaften platzieren konnten.

Das sah dann folgendermaßen aus: In der Serie "Marienhof" betrieb eine der Hauptfiguren ein Reisebüro, dass in der gleichen Magenta-Farbe eingerichtet war wie ein großer deutscher Reiseanbieter. Auch bestimmte Angebote, wie etwa eine billige Pauschalreise nach Lanzarote, wurden explizit in die Dialoge eingearbeitet.

Aber nicht nur ARD und ZDF müssen nun alte Serienfolgen auf Schleichwerbung durchforsten, auch Privatsender wie SAT.1 haben systematisch Geld für illegale Produktpräsentationen angenommen. Bei SAT.1 etwa wurden über Jahre im Frühstücksfernsehen Nahrungsergänzungsmittel und Tabletten angepriesen – in Beiträgen, die vermeintlich unabhängig über Nutzen und Risiken berichteten.

Bei all dem gilt klar zu unterscheiden: Die kostenlose Bereitstellung von Autos, Kleidung und ähnlichem, etwa für Serienproduktionen, ist nicht zu beanstanden – schließlich können die Sender keine eigenen Autos bauen. Gegen geltende Vereinbarungen verstoßen jedoch jene Produzenten, die darüber hinaus Geld für Schleichwerbung annehmen. Angesichts der knappen Budgets der Sender war Schleichwerbung in der Vergangenheit keineswegs eine Ausnahme – den Produzenten blieb manchmal gar nichts anderes übrig, als sich ihr Geld anderswo zu beschaffen.

Doch seitdem diese Systematik bekannt ist, scheinen sowohl Sender wie auch Produzenten vorsichtig geworden zu sein. In den nächsten Jahren wird Schleichwerbung kaum noch möglich sein. Allerdings berät die EU-Kommission derzeit, ob im nächsten Jahr die europäische Fernsehrichtlinie gelockert wird. Dann wäre Schleichwerbung möglich, wenn sie in einer Serie oder einem Film im Abspann kenntlich gemacht wird. Würde diese Richtlinie umgesetzt, wäre dies ein geradezu absurder Abschluss der Schleichwerbungsdebatte.