Schlecker-Mitarbeiter haben bessere Behandlung verdient

Von Jörg Münchenberg, Deutschlandfunk · 28.03.2012
Das haben die Beschäftigten von Schlecker nicht verdient. Man kann über die Argumente, über das Für und Wider von Transfergesellschaften trefflich streiten. Nicht aber über Stilfragen und da hat sich die Politik in den letzten Tagen ziemlich blamiert. Diese Hängepartie hätte man den 11.000 Mitarbeitern der Drogeriekette, die sich jetzt einen neuen Job suchen dürfen, schlicht ersparen können.
So aber drängt sich der Eindruck auf, dass es den Verantwortlichen nur bedingt um das Wohl und Wehe der Mitarbeiter gegangen ist. Wichtiger für manche war da offenkundig die mediale Selbstinszenierung, die Wirkung nach außen. Für den bislang eher unauffälligen SPD-Finanzminister von Baden Württemberg, Nils Schmid etwa bot die Schlecker-Insolvenz die willkommene Gelegenheit, um sich neben dem omnipräsenten grünen Ministerpräsidenten zu profilieren.

Nicht viel besser stehen die Liberalen da. Die Wirtschaftsminister der weiterhin taumelnden FDP haben dankbar die Chance genutzt, um endlich wieder einmal ordnungspolitisch Flagge zeigen zu können. Ob dies aber auch die Wähler beeindrucken wird, sei dahingestellt. Denn viel Mut braucht es nicht, um die Sinnhaftigkeit von Transfergesellschaften für die Schlecker-Mitarbeiter infrage zu stellen.

Natürlich ist jede Pleite eines Unternehmens auch eine persönliche Tragödie für die Betroffenen. Das gilt umso mehr für Schlecker - jener Drogeriekette, die von den Eigentümern aus Geiz und purer Ignoranz gegenüber den Kunden systematisch heruntergewirtschaftet worden ist. Die meisten Mitarbeiter dort aber sind nur gering qualifiziert, an den Ort gebunden und nicht selten schon etwas älter. Sie also trifft die Insolvenz jetzt doppelt hart.

Transfergesellschaften hätten hier wie ein Puffer gewirkt: mit ihrem Angebot der Beratung, Weiterbildung und natürlich der Zahlung von Kurzarbeitergeld. Auch die umstrittene Haftungssumme von 71 Millionen Euro erscheint - angesichts der milliardenschweren Rettungsprogramme für die Banken etwa - als verkraftbar.

Doch letztlich dürfen die heeren Motive nicht ausschlaggebend sein. Zum einen handelt es sich um Steuergelder, die Schlecker letztlich allein wegen seiner Größe und seines Bekanntheitsgrades hätte beanspruchen können. Insofern stellt sich schon die Frage der Verhältnismäßigkeit, etwa gegenüber mittelständischen Firmen, die ihr unternehmerisches Risiko ganz alleine tragen müssen.

Dazu kommt: Letztlich kann auf die Transfergesellschaften verzichtet werden. Die Schlecker-Mitarbeiter können auf vorhandene und durchaus auch bewährte Strukturen zurückgreifen. Die Beratung und Weiterqualifikation von Arbeitslosen ist das Hauptgeschäft der Bundesagentur für Arbeit. Zudem, und das ist ein kleiner Hoffnungsschimmer, gibt es im Einzelhandel derzeit viele offene Stellen.

Die Finanzierung von Parallelstrukturen aber kann nicht Aufgabe der Politik sein. Ebenso wenig, ein angeschlagenes Unternehmen mit Hilfe von Steuergeldern für potenzielle Investoren zu schmücken. Das freilich ändert nichts daran, dass die Mitarbeiter von Schlecker eine bessere Behandlung verdient haben als das peinliche Schaulaufen der Wirtschaftsminister in den letzten Tagen.