Schlarmann: Gute Aussichten für den Mittelstand

Josef Schlarmann im Gespräch mit Jan-Christoph Kitzler |
Familien-Unternehmen würden gestärkt aus der Wirtschaftskrise hervorgehen, prognostiziert der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung Josef Schlarmann. Allerdings brauche man weitere „Erleichterungen in dem Bereich der Steuern, die wachstumshemmend wirken“.
Jan-Christoph Kitzler: Der Aufschwung kommt, da sind sich die Experten einig. Die Frage ist nur, wann und wie stark er kommt. Aber nicht alle Unternehmen in Deutschland sehen diesem Aufschwung nur mit Freuden entgegen, denn im Aufschwung muss man investieren, zum Beispiel in neue Maschinen oder in die Entwicklung neuer Produkte. Und solche Investitionen kosten nun mal Geld. Doch in Zeiten, in denen die Banken eher mit sich selbst beschäftigt sind, verleihen sie ihr Geld zurzeit nicht gern oder nur zu schlechteren Konditionen.

Die sogenannte Kreditklemme ist eine Bedrohung für die deutsche Wirtschaft, vor allem für die kleineren und mittleren Unternehmen, hört man. Auch aus der Finanzbranche ist zu hören, das dicke Ende kommt erst noch. Darüber habe ich mit Josef Schlarmann gesprochen, dem Vorsitzenden der Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU, und meine erste Frage war, wie sehr die mittelständischen Unternehmen schon jetzt unter der Zurückhaltung der Banken leiden.

Josef Schlarmann: Das ist ganz unterschiedlicher, Herr Kitzler. Man kann nicht von einer ganz allgemeinen Kreditklemme reden, das ist eine unzutreffende Beurteilung der Gesamtlage, aber es gibt in der Tat Unternehmen, die dem Grunde nach gut aufgestellt sind, die zunehmende Probleme bei der Kreditaufnahme haben. Die Gespräche mit den Banken werden schwieriger.

Kitzler: Es könnte aber auch sein, viele sind der Meinung, das dicke Ende kommt eigentlich erst im nächsten Jahr, in den ersten zwei Quartalen, sehen Sie das auch so?

Schlarmann: Das ist richtig. Wir werden für verschiedene Unternehmen ein schwieriges Jahr vor uns haben. Das ist die Folge des Absturzes, den wir in diesem Jahr erlebt haben, dass … der Rückgang der Aufträge bei häufig stagnierenden Kosten schlägt natürlich in den Bilanzen schwere Löcher, das hat Eigenkapital vernichtet und verändert das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital, und das sind wichtige Kriterien für die Kreditvergabe von Banken.

Kitzler: Der Mittelstand ist ja natürlich ein ganz weites Feld und vieles hängt natürlich auch von der Lage in der jeweiligen Branche ab, aber im Aufschwung müssen ja alle investieren. Wird die deutsche Wirtschaft oder besteht die Gefahr, dass die deutsche Wirtschaft durch die mögliche Kreditklemme ausgebremst wird?

Schlarmann: Nein, das glaube ich nicht. Man muss einmal unterscheiden zwischen den kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Die Situation der kleinen und mittleren ist häufig nicht so dramatisch wie bei den großen, vor allem die großen, die exportorientiert arbeiten, haben erhebliche Schwierigkeiten. Wer im industriellen Bereich tätig ist und mit dem Ausland zusammengearbeitet hat, der hat insbesondere Schwierigkeiten. Viele Mittelständler sind aber im Dienstleistungsbereich tätig, arbeiten für eine lokale oder regionale Kundschaft, und dort sind die Rückgänge nicht so dramatisch wie in den anderen Bereichen.

Kitzler: Aber wenn es jetzt um Kredite geht, dann drohen doch sozusagen höhere Risikoprämien, geringe Laufzeit, insgesamt höhere Zinsen, das ist doch eine Bedrohung auch viele regionale Unternehmen, oder?

Schlarmann: Das ist richtig, aber es ist so, dass die Banken mit Kapital sehr gut ausgestattet sind, zumindest die Volksbanken und die Sparkassen. Dort gibt es aus den Möglichkeiten der Banken keine Restriktionen für eine Kreditvergabe, aber auch diese Banken – Volksbanken, Sparkassen und auch die Geschäftsbanken – müssen darauf achten und werden auch darauf achten, dass sie ihre Kredite nur an Unternehmen geben, die auch in der Lage sind, diese Kredite zurückzuzahlen. Sonst zahlt die Bank obendrauf und das ist ja nicht die Aufgabe des Finanzbereichs. Sie soll ja auch eine gewisse Auslese treffen, sie soll vor allem die finanzieren, die besonders gut dastehen. Und da hat es natürlich eine Auslese gegeben. Der Umfang der Unternehmen, die auf gute Bilanzzahlen 2009 verweisen können, hat sich erheblich reduziert.

Kitzler: Das heißt, letztendlich ist es, wenn ich Sie richtig verstehe, eine Frage des freien Marktes und die Banken entscheiden schon, wem sie vertrauensvoll ihre Kredite geben können, und die Politik sollte sich raushalten?

Schlarmann: Das ist nicht ganz richtig. Also zunächst mal ist Ihre Antwort richtig, auch die Banken sind Unternehmen, die gewinnorientiert arbeiten müssen, natürlich immer in Zusammenhang mit ihrer gesamtwirtschaftliche Verantwortung, aber man kann den Banken nicht abverlangen, dass sie ihre Kredite an Unternehmen geben, die nach der Analyse nicht in der Lage sind, ihre Kredite zurückzuzahlen. Aber der Staat kann natürlich in kritischen Fällen helfen, und zwar in der Form der Bürgschaften. Und das ist ein Instrument, das sich bei uns bewährt hat. Dort gibt es institutionalisierte Verfahren, und der Staat muss und er wird es auch tun und hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, über Bürgschaftserteilungen die Kreditvergabe erleichtern.

Kitzler: Das heißt, letztendlich muss der Staat dann den Banken die Kreditrisiken abnehmen?

Schlarmann: Nicht ganz, aber die Spitze, die die Banken nicht mehr tragen können, und zwar aus vernünftig-betriebswirtschaftlichen Gründen aus Sicht der Banken. Man darf ja den Banken nicht zumuten, dass sie unverantwortliche Risiken tragen – das hat uns ja gerade in die Krise geführt – und die Banken müssen schon solide arbeiten. Aber wenn dann gut aufgestellte Unternehmen unter diesen Kriterien nicht mehr kreditfähig sind, dann hat der Staat – so ist meine Auffassung – die Aufgabe, dieses durch eine zeitlich begrenzte Bürgschaft abzudecken.

Kitzler: Braucht der deutsche Mittelstand noch weitere Förderprogramme? Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, was jetzt in zwei Wochen in Kraft tritt, sieht ja schon einige Erleichterungen vor. Aber reicht es Ihnen nicht aus?

Schlarmann: Nein, das sind also schon vom Volumen her, wenn Sie mal nehmen, von den 8,5 Millionen Volumen dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetzes entfallen nur zweieinhalb – Milliarden, Entschuldigung, ich habe von Millionen gesprochen, ich meinte Milliarden – entfallen nur zweieinhalb Milliarden auf den unternehmerischen Bereich, das ist nicht ausreichend, um einen richtigen Impuls dort zu setzen. Was der Mittelstand braucht, sind natürlich vor allem Erleichterungen in dem Bereich der Steuern, die wachstumshemmend wirken. Es müssen Erleichterungen im Rahmen der Bürokratielasten geschaffen werden. Dort gibt es also ein breites Feld von Handlungsmöglichkeiten für die Politik.

Kitzler: Aber für viele mittelständische Unternehmen, die jetzt unter der Kreditklemme zu leiden haben, kommen diese Programme wahrscheinlich zu spät, oder?

Schlarmann: Für die Schwachen in der Branche natürlich, aber die Starken werden gestärkt aus der Krise hervorgehen, da bin ich fest von überzeugt. Es sind vor allem die Familienunternehmen, die ja eine ganz andere Flexibilität an den Tag legen, auch kapitalmäßig in der Regel besser ausgestattet sind – die werden gestärkt aus der Krise hervorgehen. Und wenn Sie mal nehmen, dass 95 Prozent aller Unternehmen in Deutschland Familienbetriebe sind, im Unterschied zu anderen Ländern, dann kann man davon ausgehen, dass wir also das Tal hinter uns lassen werden und dann ganz allmählich wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehren werden.

Kitzler: Die Kreditklemme und der deutsche Mittelstand – darüber sprach ich mit Josef Schlarmann, dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung. Vielen Dank und Ihnen einen schönen Tag!

Schlarmann: Ja, wünsche ich Ihnen auch, vielen Dank!