Schlagzeuger Onkel

"Ich bin so ein Metal-Herzchen"

33:32 Minuten
Lässig, mit einer Zigarette im Mundwinkel, lehnt der Musiker OnKL über seinem Arbeitsgerät, einem Schlagzeug.
Der Musiker OnKL mit seinem Arbeitsgerät, einem Schlagzeug © Benjamin Ostarek
Moderation: Katrin Heise · 25.07.2019
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Früher brachte er die Nachbarn zur Verzweiflung, heute hat er eine schallsichere Schlagzeug-Kabine. Bekannt unter dem Namen "Onkel" spielt Markus Lingner in diversen Bands, schreibt Songs und ist gelegentlich Gastdozent in Babelsberg.
Dass es nicht ganz unproblematisch ist, in einem großen Mietshaus Schlagzeug zu lernen, hat Markus Lingner recht früh erfahren müssen. Doch gab es einen, der sich dem Protest der Hausgemeinschaft gegen die Lärmbelästigung nicht anschloss: "Ich hab: einen Patenonkel, der auch Schlagzeug spielt. Das war ein begeisterter Nachbar, der hat damals mit mir sogar das erste Schlagzeug geholt, obwohl er neben mir gewohnt hat. Der einzige begeisterte Nachbar, muss man sagen."
Dass Lingner "Onkel" genannt wird, worauf er inzwischen auch besteht, liegt aber nicht am Patenonkel, sondern daran, dass er früher gerne Sprüche geklopft und schmutzige Witze gemacht hat, woraufhin er mit Sätzen wie "kiek ma, da kommt der Onkel" begrüßt wurde. "Dann hab ich angefangen, mich so vorzustellen, weil ich’s lustig fand, und hab' gemerkt, die Leute sind verwirrt. Das hat mir sehr viel Spaß bereitet. Und mittlerweile ist es über 20 Jahre so."

Hip-Hop, Reggae, Techno, Metal

Als Onkel kennt man ihn inzwischen über die Berliner Musikszene hinaus durch Bands wie die Ohrbooten, MEUTE oder das Projekt von Mark-Uwe Kling und Freunden "Arbeitsgemeinschaft Zukunft". Die Musik, die Onkel macht, ist sehr unterschiedlich – "stilistisch sehr breit aufgestellt". Das reicht vom "Gyp-Hop" der Ohrbooten (einer Hip-Hop-Reaggae-Worldmusic-Mischung), über den Techno-Marching-Sound von MEUTE, wo er Marimbafon spielt, bis zu seinem eigenen kleinen Projekt mit dem ungewöhnlichen Namen Tschaika 21/16:
"Der Gitarrist ist totaler Autodidakt, kann keine Note lesen und spielt nur krummes Zeug, was ihm so in den Kopf kommt. Ich muss das auszählen, teilweise, damit ich weiß, was er da macht, und da ist mir aufgefallen, bei dem ersten Ding, was wir da machten, das ist ein 21-Sechzehntel-Takt. Das fanden wir witzig und haben es in den Bandnamen mit reingetan."
Solche komplizierten Rhythmen machen Onkel Spaß. Natürlich ist es wichtig zu wissen, "was man da macht", um damit kreativ umgehen zu können. Wenn man es einmal verstanden hat, sei es am besten, den Kopf auszuschalten und sich auf sein Feeling zu beschränken. "Musikmachen ist bei mir immer Emotion. Wenn ich nicht aufgeregt bin, vor einer Show, dann stimmt wirklich was nicht."
Auch im Schwarzlicht trommelt der Schlagzeuger OnKL ohne Pause.
Auch im Schwarzlicht trommelt der Musiker OnKL © Sven Hagolani
Mit Tschaika 21/16 kann er seiner eigentlichen Liebe, dem Heavy Metal frönen. "Das ist mein Spielplatz, da verbrenn ich meine Kohle drin, aber da darf ich auch machen, was ich will. Eigentlich bin ich so ein Metal-Herzchen, sag ich immer, ich stehe auf alles, was laut, doll und schlimm ist, wo rumgeschrien wird, und wo man sagt, das ist Teufelsmusik!" In solchen Bands Schlagzeug zu spielen sei Sport, sein einziger, abgesehen vom Motorradfahren, wo er auch nur "sehr schnell sitzt".

Vom klassischen Schlagwerk an die "Schießbude"

Gelernt hat Onkel nach einem Umweg über das Klavier ganz klassisches Schlagwerk mit Pauken, Marimba, Vibrafon und Triangel, bevor er an die "Schießbude" durfte, wie er das Rock-Schlagzeug auch mal nennt. Dass es das Schlagzeug sein musste, habe er schon immer gewusst – auch beruflich, es gab keinen anderen Plan. An seine diversen Bandkontakte kam er unter anderem über den Hamburger "Pop-Kurs", von dem er heute noch mit Begeisterung erzählt. "Kontakt ist ein wichtiges Wort, denn wenn man davon seine Miete bestreiten möchte, dann muss man auch rausgehen, mit dem, was man macht, und auch Leute kennenlernen. Nur in der ‚Übezelle‘ zu sitzen und nur gut zu sein, nützt gar nichts, wenn die anderen das nicht wissen."
So wie man den Musiker OnKL kennt sitzt er verdeckt von allerlei Klanginstrumenten an seinem Schlagzeug auf der Bühne.
Der Musiker OnKL an seinem Arbeitsgerät, einem Schlagzeug © Sven A. Hagolani
Mittlerweile reichen die Kontakte bis in die Filmmusik – zur Verfilmung der Känguru-Chroniken durch Dani Levy hat Onkel musikalisch beigetragen – und in die klassische Musik: Im Januar wird er mit Tschaika 21/16 und Teilen des Konzerthaus-Orchesters am Berliner Gendarmenmarkt zu hören sein – "eine Art Experiment und eine Herausforderung und sehr viel Arrangement-Arbeit."
Und ganz nebenbei erteilt Onkel auch noch Unterricht in "Drumrecording" an der Filmhochschule in Babelsberg. Dass er, der nie selber studiert hat, nun offiziell als Dozent tätig sein kann, gefällt ihm durchaus, aber vor allem steht fest, dass er immer weiter lernen möchte.
(mah)
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