Schifffahrt

Die Elbe vor Gericht

Von Axel Schröder · 27.11.2013
Die Baggerschiffe sollten längst im Einsatz sein und den Schlick vom Grund der Elbe kratzen, den Fluss einen Meter tiefer legen. Nicht, weil so viel Boden angeschwemmt worden ist, sondern damit auch die größten Schiffe der Welt im Hamburger Hafen anlegen können. Sollte ... weil ... - das Projekt Elbevertiefung kommt seit Jahren nicht voran. Erst stritten sich Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Dann klagten die Umweltverbände.
Rund 300 Menschen sind gekommen: Prominenz aus Wirtschaft und Politik. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz begrüßt den Chef der Reederei, Monsieur Jaques Sadée. Ein Mann mit markanten Zügen, schlohweißem Haar, im Anzug aus feinem Tuch. Der Bürgermeister ist hochzufrieden an diesem Abend. Über die symbolträchtige Geste der Reederei, ihr Bekenntnis zum Hamburger Hafen:
"Das ist ein sehr wichtiger Tag für die Stadt Hamburg! Wir sind hier in der Lage, eines er größten Containerschiffe der Welt ins Leben zu schicken. Das ist emotional berührend. Gleichzeitig zeigt es, welche Bedeutung die Elbe und der Hafen als Lebensader für den Wohlstand und das Glück der Stadt haben. Und wir sind ja auch dran, dafür zu sorgen, dass das in Zukunft immer so bleiben kann!"
Damit das so bleibt, soll die Elbe vertieft, an einigen Stellen verbreitert werden. Denn ohne diese Flussvertiefung werden Schiffe wie die "Alexander von Humboldt" die Hafenanlagen der Hansestadt in Zukunft nicht mehr anlaufen. Zu groß ist der Tiefgang der Frachter. Zu flach das Fahrwasser der Elbe. Deshalb muss das Riesenschiff über 2.000 Container schon in anderen Häfen, zum Beispiel im Tiefwasserhafen von Rotterdam abladen.
Hafeninspiration durch Alexander von Humboldt
Die Feierlichkeiten beginnen. Ein Chor junger Frauen und Männer sorgt für den musikalischen Rahmen. Dann spricht der Reederei-Chef Sadée. Auch er mahnt: Die Baggerarbeiten im Flussbett müssen dringend begonnen werden.
"Wir hoffen, dass die 'Alexander von Humboldt' den Hamburger Hafen inspiriert. Das in sehr naher Zukunft die Elbe nicht nur vertieft, sondern auch verbreitert wird. Das ist unverzichtbar für diese großen Schiffe! Und damit für die Entwicklung des Hamburger Hafens!"
Im Schatten des Riesenfrachters, bei Häppchen und Champagner geben sich die Verantwortlichen Politiker hoffnungsfroh, dass schon im nächsten Jahr die Baggerarbeiten beginnen können. Zwölf Jahre nach dem ersten Antrag, nach jahrelangen Anhörungen, Einwendungen, nach politischen Streitereien zwischen Hamburg und den zwei anderen Elbanrainern Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Bisher sind alle Arbeiten gestoppt.
Das Leipziger Bundesverwaltungsgericht hatte dem Antrag der Umweltverbände BUND und NABU stattgegeben. Irgendwann im Frühjahr 2014 soll die erste mündliche Verhandlung stattfinden. Bis dahin wälzen die Richter den 2.600 Seiten starken Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und die Gutachten der Verbände. NABU und BUND fürchten, dass die nächste, die achte Flussvertiefung seit 1818 das ökologische Gleichgewicht des Stroms massiv stören könnte.
Lothar Buckow teilt diese Bedenken. Der Elbfischer steht auf seinem kleinen Kutter. Klarer Himmel, kalte Novemberluft. Gerade ist die Sonne untergegangen, ein leuchtend gelbes Band überspannt den Horizont. Buckow und sein Gehilfe wollen die Netze aus dem eisigen Elbwasser hieven, hoffen auf einen guten Fang. Natürlich soll der Hafen brummen, so Buckow, aber auch die Fischer sollen auf ihre Kosten kommen:
"Wenn die Industrie sich meldet, denn kuscht der Hamburger Senat. Das geht immer nur um Milliarden, es geht immer um ganz viel Geld. Vier hauptberufliche leben von der Elbe unmittelbar. Aber diese vier Fischer haben doch auch das Recht, ihren Job zu machen und warum müssen sie immer weichen, nur weil andere daraus einen Vorteil ziehen. Das sehen wir überhaupt gar nicht ein. - Was passiert mit der Natur, wenn dieser Eingriff gemacht wird?"
Früher war da 'mal Fisch
Was passiert mit der Elbe, mit ihren Fischen? Das ist für Buckow die entscheidende Frage. Im dicken Anorak, in Gummihose und schweren Gummistiefeln steht er an der Winde, die die Netze aus dem Wasser hieven sollen. Seit 1987 fischt er in der Elbe. Kennt Wind und Wellen über Wasser und jede Untiefe, jede Erhebung auf dem Grund der Elbe. Und die Wucht der Strömung, die die Baggerarbeiten der letzten Elbvertiefung noch verstärkt hat.
"Und an diesen Rändern, wo es ins Tiefe geht - da ist früher mal viel Fisch gefangen worden - da kann man heute gar nicht mehr fischen. Weil diese Abbruchkante von sechs, sieben Metern auf 14, 15 Meter runtergeht. Und im Fahrwasser fischen - nicht nur, dass es verboten ist - ist auch gefährlich. Wenn man da mit seinen Reusen auf die Kante kommt und dann ins Fahrwasser unten rein. Da kann man die Reusen gar nicht halten. Da ist die Strömung ja auch viel stärker!"
14,5 Meter tief soll der Fluss einmal werden, auf 108 Kilometern, von Hamburg bis zur Mündung in die Nordsee. 40 Millionen Tonnen Sedimente sollen die Baggerschiffe vom Grund kratzen. Bei der letzten Vertiefung, abgeschlossen 1999, war es nicht mal die Hälfte. Und nicht nur tiefer, sondern auch breiter soll der Fluss werden. Direkt gegenüber von Fischer Buckows Revier soll eine Begegnungsstrecke entstehen. Ein- und auslaufende Riesen-Frachter sollen dort einander problemlos passieren. Einbußen von 30 bis 50 Prozent wird Buckow beim Fischfang haben. Das bestätigt ein Gutachten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, so der Fischer.
"Und das ist schon ganz schön deprimierend. Wenn das nicht irgendwie ausgeglichen wird oder nicht so gebaut wird, dass ich weiterfischen kann."
Was von den Riffeln wegnehmen
Was auf die Elbe zukommt, wo wie viel gebaggert werden muss und was alles getan wird, um den Eingriff an der Lebensader des Hamburger Hafens möglichst ökologisch zu bewältigen, weiß Dr. Hans-Heinrich Witte. Witte ist Präsident der WSV, der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Seine Behörde hat alle Details der Operation ausgearbeitet und im Planfeststellungsbeschluss niedergeschrieben. Wie ein Chirurg im OP erklärt Witte, was zu tun ist:
"Wir verändern bereichsweise die Tiefenlage der Sohle, indem wir von Riffeln oder Dünen dann ja etwas wegnehmen müssen, um insgesamt einen größeren Tiefgang zu haben. Damit weiten wir den Querschnitt ein Stück weit auf. Wir reagieren sofort darauf, dass wir diese Effekte der Aufweitung gleich wieder minimieren, indem wir Unterwasserablagerungsflächen bauen. In der Summe aber so weit wie irgend möglich so gemacht, dass die Auswirkungen minimal sind."
Acht verschiedene Vertiefungsvarianten haben Wittes Fachleute geprüft, etliche Gutachten wurden bestellt und ausgewertet. Immer unter der Prämisse, die Interessen von Hafenwirtschaft und die Bedenken der Ökologen wenn schon nicht in Einklang miteinander, so doch wenigstens in eine vernünftige Balance zu bringen.
5.000 Einwendungen von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, Sportboothäfen und Gemeinden musste die Behörde einzeln prüfen. Unter anderem die von Elbfischer Lothar Buckow. Drei Mal wurden die Pläne nachgebessert. Wegen der Einwendungen und wegen neuer Schutzvorschriften der Europäischen Union. Auf 700 Hektar sollen Ausgleichsmaßnahmen erfolgen: Moore werden renaturiert, neue Flachwasserzonen geschaffen, Wasserreservoirs für den Obstanbau südlich der Elbe angelegt.
Verschlechterung der Sauerstoffsituation
Und im Mündungsbereich der Elbe soll ein mächtiges Unterwasserbauwerk entstehen, die Strömung der Elbe, den Druck der Nordseeflut dämpfen. Aber all diese Maßnahmen werden nicht reichen, erklärt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND. Zusammen mit dem Naturschutzbund hat der BUND das Instrument der Verbandsklage genutzt, um das Mammutprojekt vor dem Bundesverwaltungsgericht zu stoppen.
"Sie haben mit einer Verschlechterung der Sauerstoffsituation zu rechnen! Wir haben in den Sommermonaten auf der Höhe Wedel / Blankenese regelrechte Sauerstofflöcher. Das ist sehr problematisch insbesondere für Wanderfische, die durch diese Barriere dann schwimmen müssten. Bestimmte Pflanzenarten, die Salzwasser nicht tolerieren, würden dann in ihrem Lebensraum verdrängt werden. Da s wäre deshalb von Bedeutung, weil es weltweit nur noch den Schierlingswasserfenchel in Hamburg gibt, im Großraum Hamburg. Diese weltweit sehr seltene Pflanze ist nach europäischem Recht geschützt und deren Lebensraum ist zu erhalten."
Braasch und seine Mitstreiter werden seit Jahren für ihre kritische Haltung zur vermeintlich alternativlosen Elbvertiefung scharf kritisiert. Von den jeweiligen Bürgermeistern und ihren Senaten, von Gewerkschaftlern und der Hafenwirtschaft. Immerhin bietet der Hamburger Hafen rund 150.000 Menschen sichere Arbeitsplätze. Braasch kennt das Argument. Zweifelt aber an der Idee, die Elbvertiefung führt automatisch zu mehr Wachstum im Hafen.
"Nehmen wir das Beispiel Antwerpen. Von den Umschlagszahlen vergleichbar groß wie Hamburg. Und die haben ja schon vertieft. Die sind also dem Ruf der Reeder gefolgt, die Schelde wurde dort vor zwei Jahren tiefergelegt. Und man muss feststellen. Und man muss feststellen, das Antwerpen weniger Container umgeschlagen hat in den letzten zwei Jahren als im Vergleich zu Hamburg ohne Elbvertiefung."
Vor allem verstoßen die Vertiefungspläne aber gegen die im Jahr 2000 erlassene Europäische Wasserrahmenrichtlinie, so Braasch:
"Das Europäische Wasserrecht gibt vor, dass die Qualität der Flüsse nicht verschlechtert werden darf und dass sie sogar in einen besseren Zustand gebracht werden müssen in den nächsten Jahren. Dieses Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot wird juristisch sehr hoch gehängt. Und wir stellen ja jetzt fest, dass die Elbvertiefung genau gegen diese Vorgaben verstoßen wird."
So sieht es nicht nur Manfred Braasch. Auch Ralf Thiel, Professor am Zoologischen Institut der Uni Hamburg prognostiziert eine Abnahme der Wasserqualität der Elbe. - Das Gegenteil behauptet Gunther Bonz, Geschäftsführer des Terminalbetreibers Eurogate und Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg. Ein Freund klarer Worte, der fordert, dem BUND und NABU die staatlichen Zuschüsse zu streichen, wenn sie ihre Klage gegen die Elbvertiefung weiter verfolgen.
Bonz steht im Besprechungszimmer von Eurogate am offenen Fenster. Fasziniert von der Präzision des Räderwerks auf den Kaianlagen. Gelbe Warnlichter blitzen an Containertransportern und Kleinbussen:
"Die gucken jetzt in Richtung Norden. Zwei Kilometer weit. So lang ist die Kaikante. Mit ungefähr drei Großschiffsliegeplätzen, davon sind zwei derzeit belegt mit großen Schiffen. Wir sehen ungefähr drei- bis vierhunderttausend Container. In drei Lage hochgestapelt und ganz viele Fahrzeuge, über hundert, die die Container auf dem Terminal in Richtung Schiff bewegen, damit sie dort mit den große Kränen aufs Schiff gebracht werden und von den Schiffen die Import heruntergebracht werden. Und ganz hinten sehen wir eine große so genannte Verladeeinheit, wo wir die Container auf Ganz-Züge bringen, damit sie über die Bahn ins Hinterland transportiert werden können."
Drei firmeneigene Windräder drehen sich auf dem weiten Gelände, versorgen den Betrieb mit selbstgemachtem Strom, erzählt Bonz stolz. Die meiste Fracht kommt aus China, Handel treibt der Hamburger Hafen aber mit der ganzen Welt, mit 950 Seehäfen auf dem gesamten Globus. Und bietet die Drehscheibe für den Weitertransport der Waren per Schiff ins Baltikum, nach Russland, Skandinavien. Per Bahn rollen die Güter weiter in den gesamten EU-Raum. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise waren die Umsätze massiv eingebrochen. Heute steigen die Umschlagszahlen zwar. Aber das komfortable Vor-Krisen-Niveau ist noch nicht erreicht. Die Elbvertiefung wird die Probleme lösen, beteuert Bonz, schließt das Fenster, setzt sich an den Konferenztisch. Er ist sich sicher: Der Elbe wird es nach der Operation Elbvertiefung besser gehen als je zuvor:
"Das ist auch genau das Ziel - mit Unterstützung der Hafenwirtschaft - dieser Planung seitens des Staates: dass man versucht, die Umwelteingriffe nicht nur zu kompensieren, sondern der Elbe mehr Gutes zu tun als jetzt da ist. Mit den Klagen verhindern die Umweltverbände quasi eine Verbesserung des Ist-Zustands der Elbe."
Eine "Grüne Elbvertiefung" wird es geben, prophezeit Bonz. - Die großen Schiffe mit 10.000 Containern an Bord können den Hafen nur noch bei Flut anlaufen oder verlassen. Sobald die Ebbe einsetzt, dazu noch ein Ostwind das Wasser schneller in Richtung Nordsee drückt, müssen die Schiffe stundenlang im Hafen warten oder schon verstaute Container wieder abladen, um weniger Tiefgang zu haben. Im Ernstfall blockieren sie dann die Liegeplätze anderer Frachter, bringen die Abläufe durcheinander.
"Davon betroffen sind die Lotsen, die arbeiten auch in Schichtzeiten. Davon abhängig sind die Schlepper, die man auch bestellt und abbestellt. Und das ist ein tägliches Hindernis. Und die Hafenbeteiligten betreiben einen wahnsinnigen Aufwand, einen wahnsinnigen Aufwand, um mit diese Restriktionen umzugehen und das nun schon seit Jahren."
Dr. Stefan Behn, Vorstandsmitglied der Hamburger Hafen- und Logistik AG, dem Konkurrenzbetrieb von Eurogate im Hamburger Hafen, klagt über die gleichen Probleme.
"Es sind teilweise tatsächlich auch Minuten. Teilweise ist es eine halbe Stunde oder so. Aber wir haben aber auch viele Schiffe, die dann vor diesem Hintergrund punktgenau fahren müssen, um genau ihren Slot zu erreichen."
"Wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten"
Mitte November verkündete die HHLA zwar wieder einmal neue Zuwächse im Containerumschlag, gleichzeitig erklärte der Vorstand: durch die Verzögerungen bei der Elbvertiefung muss die Firma Einbußen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich hinnehmen. Die Hafenarbeiter leisten Sonderschichten, oft muss zusätzliches Personal einspringen, damit die Schiffe schnell gelöscht und wieder beladen werden können. Wenn die Schiffsgrößen weiter wachsen - und das tun sie stetig - könnten die Großreedereien wie CMA CGM oder msc Hamburg den Rücken kehren. Trotz perfekter Logistik, trotz erstklassiger Hinterlandanbindung über Straße und Schiene.
"Natürlich gibt es wie immer im Leben Maßnahmen, um Reeder bei der Stange zu halten. Dazu gehört natürlich heute immer auch eine enge, persönliche Bindung zwischen Kunde und Terminal. Das nutzen wir sehr intensiv. Aber es hat dann immer seine Grenze, wenn die Leistung, die das Schiff in Hamburg erreichen kann, nicht mehr passen. Wir müssen zusehen. Bisher können wir das immer noch kompensieren durch gute Leistung. Aber irgendwann ist mal ein Punkt erreicht, wo ein Reeder sagt: 'Das kann ich jetzt wirtschaftlich nicht mehr vertreten!'
Bisher haben die Umschlagsbetriebe noch keinen Kunden verloren. - Welche Bedeutung der Hafen für die Stadt hat, erklärt Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch. Der einzige parteilose unter den Senatoren. Davor Geschäftsführer der Blohm & Voss-Werft, Präses der Handelskammer. Passionierter Segler, aufgewachsen an der Elbe:

"Wenn sie dasüber Beschäftigte, über Volumen, Bruttoinlandsprodukt nehmen, dann ist eben das Steueraufkommen aus dem Hamburger Hafen immerhin 800 bis 900 Millionen Euro. Und das ist eben ein Gradmesser der Bedeutung des Hafens. Da kommt ja noch sehr viel mehr dazu. Aber diese Gesamtheit an Wohlstand, an Wertschöpfung, was den Hafen und die damit verbundene Wirtschaft angeht. Das ist schon eine ganz, ganz starke Leistung, die hier aus dem Hamburger Hafen generiert wird. Und um das abzurunden: Möglichkeiten der Beschäftigung im Hamburger Hafen, der Wertschöpfung. Das sind Arbeitsplätze!"
Sichere Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze für junge Menschen, Steuereinnahmen, Wertschöpfung. Und mehr Umweltschutz durch die Elbvertiefung - das sind die Argumente des Hamburger Senats. Zuletzt wurde ein entsprechendes Gutachten nach Leipzig geschickt, an jene Richter, die über die Zulässigkeit der Baumaßnahme entscheiden sollen.
Der Elbfischer ist skeptisch
Als Entscheidungshilfen, mit Gruß aus Hamburg. Danach könnte ein Passus der Wasserrahmenrichtlinie die großen Pläne retten, erklärt Witte, Präsident der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes:
"Auch wenn es Verschlechterungen gibt, gibt es die Möglichkeit einer Ausnahmeprüfung. Das trotz einer Verletzung sozusagen des Verschlechterungsverbotes die Maßnahmen die Maßnahme gemacht werden kann, wenn überwiegende andere Interessen dahinterstehen."
Könnte es also doch sein, dass der Fluss, seine Flora und Fauna leiden wird?
"Ich würde mich jetzt nicht hinstellen und behaupten, dass die Fahrrinnenanpassung nun wirklich die Verbesserung der Elbe ist. Das wäre nicht angemessen bei einer solchen Maßnahme dann so zu reden."
Allerdings wird alles getan, um den Eingriff ins Ökosystem möglichst gering zu halten, so Witte. Ungeheurer Sachverstand der verschiedensten Disziplinen, unzählige Ausgleichsmaßnahmen stecken im Planfeststellungsbeschluss, erklärt der gelernte Wasserbau-Ingenieur Witte. Überzeugt von der Machbarkeit des Projekts.
Skeptisch bleibt Elbfischer Lothar Buckow. Gleich ist Feierabend, um sieben Uhr abends tuckert der Kutter durch die Dunkelheit. 60 Kilo zappelnde, silbrige Stinte liegen in drei Plastikboxen an Deck. Buckow glaubt nicht an die Zahlen der Planer, an Koeffizienten und Simulationen:
"Das sind diese Ingenieure ... Die dann alles so auf dem Reißbrett so hinmalen. Und so soll es dann funktionieren. Und es funktioniert überhaupt gar nicht. Die haben hier vor Jahren diese so genannte Schlickfalle gebaut. Da hat sich so viel Schlick drin abgesetzt, dass die Bagger gar nicht gegen ankamen. Und denn haben sie gesagt: "OK, diese Schlickfalle vergessen wir mal ganz schnell wieder!" - So, wie man sich das vorstellt, ist es in der Praxis meistens nicht."
Irgendwann im Frühjahr 2014 laden die Leipziger Bundesverwaltungsrichter zur mündlichen Verhandlung. Sie nehmen sich Zeit, prüfen, wägen ab. Die Elbe bleibt - zumindest vorerst - so wie sie ist.
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