Schienenverkehr

Neue Ideen für eine neue Bahn

53:17 Minuten
Schienen vor dem Münchner Hauptbahnhof
Die Deutsche Bahn muss jetzt die Weichen richtig stellen, um 2030 ein Viertel mehr Menschen und Güter auf die Schiene bringen zu können. © picture alliance / dpa / Sven Hoppe
Moderation: Gerhard Schröder · 27.08.2021
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In der großen Mobilitätswende soll die Deutsche Bahn eine Schlüsselrolle spielen. Doch der Konzern ist hoch verschuldet und das Schienennetz veraltet. Anspruch und Wirklichkeit liegen weit auseinander. Wie kann die Bahn besser werden?
Die Deutsche Bahn soll pünktlich, eng getaktet und preisgünstig Menschen und Waren bewegen – und nebenbei auch den Wandel des Klimas abbremsen. Infrastruktur und Management-Strukturen des Konzerns sind jedoch dringend reformbedürftig. Die Deutsche Bahn steht mit über 30 Milliarden Euro in der Kreide. Der Güterverkehr macht Verluste, und während der Corona-Krise brachen die Einnahmen weg.

Ausbauen und moderner werden

Jetzt soll ein Neuanfang gemacht werden. Der Bund will mehr Geld ins Schienennetz stecken, das Reisen mit der Bahn soll wieder attraktiver werden. Der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, Enak Ferlemann (CDU), sagt im Deutschlandfunk Kultur, die Klimaziele seien ohne die Bahn nicht erreichbar.
Deswegen investiere die Bundesregierung im Haushaltsjahr 2021/22 zum ersten Mal mehr Geld in die Schiene als in die Straße. Ziel müsse es sein, immer mehr Verkehr auf die Bahn zu verlagern. Auch im Güterverkehr müssten die Transporte auf der Schiene nach Möglichkeit um 25 bis 30 Prozent erhöht werden.
"Wenn wir die Ziele erreichen wollen, müssen wir ausbauen und auch moderner werden. Das heißt, wir müssen das Netz digital, zumindest erstmal digitaler machen. Und da sind wir an allen Punkten dran, das vorzubereiten. Ich wage die Prognose, wir werden 2030 das Schienennetz problemlos in einem solchen Zustand haben, dass wir diese Verkehre fahren können, und wir werden ein sehr viel moderneres Schienennetz haben als es heute der Fall ist."

Mehr Wettbewerb

Die stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Daniela Kluckert (FDP), beklagt dagegen, dass notwendige Voraussetzungen für die Umsetzung dieser Ziele fehlten. Die Genehmigungsverfahren müssten dringend reformiert werden, und außerdem fehle es an Fachkräften wie Lokführern. "Wir müssen an die Urprobleme und strukturellen Probleme der Bahn gehen", meint Kluckert. Sie fordert unter anderem eine Trennung von Netz und Betrieb sowie mehr Wettbewerb.

Anreize für Firmen schaffen

Auch der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, Detlef Neuß, zweifelt daran, dass die Ziele für den Ausbau der Bahn sich bis 2030 verwirklichen lassen. Er mahnt deutlich höhere Investitionen im Schienenverkehr an: "Ich glaube nicht, dass es so einfach ist. Ich bin da recht skeptisch. Vor allen Dingen, um dieses Netz wirklich auszubauen, brauchen wir auch die ausführenden Firmen, auch bei der Elektrifizierung. Und da fürchte ich, dass die Kapazitäten, die die ausführenden Firmen haben, das bis 2030 gar nicht schaffen. Da muss man Anreize schaffen."

Es fehlen Planer

Nach Einschätzung des wissenschaftlichen Direktors des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, Stephan Rammler, kann die Mobilitätswende und die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene nur gelingen, wenn es Planerinnen und Planer gibt, die unter anderem die Übergänge von dem Bahnverkehr vor- und nachgelagerten Verkehren klug konzipieren. Hierfür müssten erst einmal an den Universitäten und Hochschulen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. "Wir dürfen Mobilitätspolitik nicht als Bahnpolitik betreiben, sondern nur intermodal", betont Rammler.

Es diskutieren:
Daniela Kluckert (FDP), stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag
Enak Ferlemann (CDU), Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
Detlef Neuß, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn
Prof. Dr. Stephan Rammler, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung

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