Schauspielerin Valery Tscheplanowa

"Darf ich einen eigenen Weg haben?"

11:25 Minuten
Valery Tscheplanowa als "Buhlschaft" und Tobias Moretti als "Jedermann".
Valery Tscheplanowa spielte 2019 die Buhlschaft neben Tobias Moretti als Jedermann bei den Salzburger Festspielen. © picture alliance/dpa/APA/picturedesk.com
Moderation: André Mumot |
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Die Schauspielerin Valery Tscheplanowa schaut in einem neuen Buch auf ihr Leben und ihre Theaterkarriere zurück. Die möchte sie nun für den Film vorläufig beenden. Denn mit der Theaterästhetik ist sie oft nicht einverstanden.
2006 sorgte sie erstmals für Aufsehen: Am Deutschen Theater Berlin spielte Valery Tscheplanowa die Ophelia in Dimiter Gotscheffs Inszenierung der Hamletmaschine. 2017 war sie Schauspielerin des Jahres und in Frank Castorfs achtstündiger Faust-Inszenierung das Gretchen. Wer sie gesehen und auf der Bühne gehört hat, wird sie nicht vergessen. Dorte Lena Eilers, Chefredakteurin von "Theater der Zeit" hat jetzt einen Interviewband mit ihr herausgebracht, in dem Valery Tscheplanowa auf ihr Leben und ihre Karriere zurückblickt.
An verschiedenen Theatern ist sie als Schauspielerin immer wieder angeeckt, wie sie erzählt. "Das ist ein schwieriger Konflikt. Wem folgt man? Was darf ich überhaupt als Schauspieler? Darf ich eine eigene Nase haben? Darf ich einen eigenen Weg haben? Oder muss ich mich auf den Regisseur einlassen, der vor mir sitzt?" Für Valery Tscheplanowa eine klare Sache: "Ich habe recht früh gesagt: Ich setze dem Grenzen. Wenn ich wirklich spüre, etwas interessiert mich nicht, dann zeige ich das auch. Ich habe aber trotzdem gearbeitet."

"Theater braucht keine Bilder"

In einem von Männern dominierten System ist dieser Konflikt immer wieder ausgebrochen. "Ich sehe es so, dass wir als Frauen in der letzten Zeit enorm schnell eine große Entwicklung gemacht haben. Ich mache der Männerwelt keinen Vorwurf – ich rufe aber die weibliche Welt dazu auf, ihre Stimme zu finden."
Nach ihren großen Erfolgen, gerade auch in Zusammenarbeit mit Frank Castorf, will Valery Tscheplanowa dem Theater nun erst einmal den Rücken kehren – mit dessen aktueller Ästhetik sie oft nicht einverstanden ist. Sie denkt zurück an den Regisseur, bei dem sie ihre ersten Erfolge erlebt hat: "Dimiter Gotscheff kam aus einer Welt, wo er in einen leeren Raum einen Menschen platzieren und mit ihm arbeiten kann. Das heißt, er brauchte keine Bilder drum herum. Das ist für mich Theater."

"Video ist für mich eine Ausflucht"

Bei der neueren Generation von Regisseurinnen und Regisseuren, aber auch bei Frank Castorf, irritiere sie der verstärkte Einsatz von Video. "Da muss ich nicht Theater spielen. Theater ist für mich der Umgang mit dem Raum und damit, dass da Menschen sitzen, die in den Raum hineingucken. Video ist für mich eine Ausflucht. Mikroports sind für mich eine Ausflucht. Da ist es für mich organischer, zum Film zu gehen."
Hoffnung auf eine Rückkehr, bestehe aber durchaus. "Meine Mutter unterrichtet hochqualifizierte Geflüchtete. Und ich habe irgendwie das Gefühl, dass aus anderen Ländern Menschen kommen werden, die die Bühne in ihrer ursprünglichen Art benutzen können. Und ich werde auf jeden Fall immer schauen. Ich suche jemanden, der wieder so ein rohes Talent hat. Sobald ich so jemanden finde, stehe ich wieder auf der Bühne."
(amu)

Valery Tscheplanowa/Dorte Lena Eilers: "Tscheplanowa"
Theater der Zeit, 2020
150 Seiten, 18 Euro

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