Schauspieler Justus von Dohnányi

"Ich hab kein Problem, im Rampenlicht zu stehen"

Helen Mirren (l-r), Justus von Dohnányi und Moritz Bleibtreu
Schauspielerin Helen Mirren und die Schauspieler Justus von Dohnányi (Mitte) und Moritz Bleibtreu im Februar 2015 auf der Berlinale. © picture alliance / dpa / Foto: Kay Nietfeld
Justus von Dohnányi im Gespräch mit Susanne Burg · 30.05.2015
Er hat in das "Das Experiment" und in "Napola" mitgespielt, jetzt ist Justus von Dohnányi als Staatsanwalt an der Seite von Hellen Mirren in "Die Frau in Gold" zu sehen. Darin wird die wahre Geschichte um den juristischen Kampf eines Klimt-Gemäldes erzählt.
Susanne Burg: Schon sein Familienname ist geschichtsträchtig: Sein Großvater Hans von Dohnányi hatte 1943 geholfen, ein Attentat auf Hitler vorzubereiten. Und ausgerechnet er, der Enkel, Justus von Dohnányi, war lange Zeit als Nazidarsteller gebucht. Aber er war auch der Gefängniswärter in "Das Experiment" oder der Schurke in "James Bond – Die Welt ist nicht genug". Nun ist er in "Die Frau in Gold" der Staatsanwalt Dr. Dreimann, der auf österreichischer Seite dafür kämpft, dass das Gemälde der Adele Bloch-Bauer von Klimt in Österreich verbleibt. Ich habe Justus von Dohnányi zum Interview in Berlin getroffen und ihn gefragt: Der Film beruht ja auf der Geschichte von Maria Altmann – Maria Altmann ist 2011 gestorben, Sie haben Sie also nicht mehr kennenlernen können. Es gibt mehrere Szenen im Film, wo Sie direkt mit Helen Mirren als Maria Altmann interagieren. Wie haben Sie sich vorbereitet?
"Was könnte so eine Figur ganz grundsätzlich sein"
Justus von Dohnányi: Eigentlich so wie immer. Ich versuche erst mal, mir über die geschichtlichen Zusammenhänge klar zu werden, dann liest man das Buch – das tut man natürlich bei einem englischen Buch etwas öfter als beim deutschen, weil es dann doch nicht ganz so selbstverständlich ist. Und dann versucht man ein bisschen, den Hintergrund der Figur auszuloten und sich überlegen, was könnte so eine Figur ganz grundsätzlich sein, unabhängig von der Historie, unabhängig von diesem speziellen Fall – also erst mal den Berufsstand und diese Sachen auszuloten und dann später sich eben zu überlegen, in welchen Kontext steht das, mit welcher Haltung geht diese Figur daran. Und das geht so Stück für Stück ein bisschen.
Burg: Ihre Figur ist ja ein sehr ernster Mensch, sehr bei der Sache, er kämpft für die Sache. Helen Mirren, die ja die Maria Altmann spielt, hingegen bringt so eine gewisse Leichtigkeit auch in die Rolle, bei allem, was ja für sie da auch dranhängt, wieder nach Österreich zurückzureisen und so. Wie schwierig war das für Sie, diese Rolle mit dieser Ernsthaftigkeit dieser Helen Mirren zu begegnen?
von Dohnányi: Das war eigentlich gar nicht so schwer, mit hat das supertoll gefallen von ihr. Das hat ja so ein bisschen, ein klein bisschen angelsächsischen Humor drin. Da ist natürlich vielleicht auch ein etwas stärkerer angelsächsischer Humor drin, als eine solche Figur vielleicht in realita hatte, das kann ich nicht mehr beurteilen, weil ich sie nicht kennengelernt habe, aber sowohl das Drehbuch als auch die Person selber, Helen Mirren, die haben ein kleines Augenzwinkern dabei und freuen sich an Formulierungen, die sozusagen Verwirrung stiften können oder doppeldeutig sind, sodass man demgegenüber augenscheinlich freundlich sein kann, aber doch noch eine mitgeben kann.
Und das habe ich sehr genossen, als ich das gesehen und gehört habe, aber das ist natürlich aus der tumben österreichisch-deutschen Sicht einer solchen Figur, die ich da spiele, die ja nicht nur so streng-böse ist, sondern auch noch so ein bisschen was Hinterfotziges, Schleimiges hat, dass er auch am Ende dieses Angebot noch macht, ganz zum Schluss noch mal so versucht, sich da reinzuschleimen bei ihr, als er merkt, dass er verloren hat. Das Aufeinanderprallen von zwei so unterschiedlichen Charakteren und auch, ja, Historien, dieses Angelsächsische und das Deutsch-Österreichische, das hat mir Spaß gemacht.
Burg: In dem Film geht's ja gewissermaßen auch um ein Trauma, also Maria Altmann, die Geschichte wird ja auch erzählt, musste aus Österreich fliehen während der Nazizeit, und eigentlich will sie dann in dem Film nicht zurück nach Österreich, sie will dieses Land nicht mehr betreten, fährt aber dann trotzdem hin. Sie selber haben mal erzählt, dass Ihr Vater selten über Ihren nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler ermordeten Großvater erzählt hat, in gewisser Weise war das ja auch ein Trauma. Wie viele Parallelen haben Sie in diesen beiden Geschichten entdecken können?
von Dohnányi: Ich glaube, dass es das insgesamt gibt, zumindest Berührungsängste. Die wenigsten Fälle, von denen ich bisher gehört habe, sind so, dass jemand so eine Historie hat und dann vollkommen frei und offen damit umgehen kann. Das kann man sich erarbeiten im Laufe eines Lebens. Jetzt hat sich die Maria Altmann sehr spät erst damit auseinandergesetzt, weil sie Jahrzehnte später erst zu dieser Überzeugung und zu den Möglichkeiten kam, sich da mit der Klage auseinanderzusetzen und dadurch sich auch erst ergeben hat, nach Österreich zurückzufahren, aber reibungslos geht das eigentlich nie ab. Ich würde jetzt nicht sagen, dass es höchst traumatisch war, auch was unsere Familie angeht, aber auf jeden Fall so, dass man sich in diesem Land, in dem man ja dann auch weiterleben muss oder leben möchte, bestimmt nach dem Krieg in der Generation meines Vaters und seines Bruders und der Schwester immer wieder die ein oder andere Frage gestellt hat, wie man damit umgehen soll.
Burg: Haben Sie das Gefühl, dass in Ihrer Familie dieses Trauma bearbeitet wurde? Maria Altmann macht's ja irgendwann.
von Dohnányi: Ja, ich glaube schon. Mit der Auseinandersetzung, der grundsätzlichen Auseinandersetzung, sich zu entscheiden, hier zu sein und hier zu wohnen und zu leben, ist da bestimmt sich auseinandergesetzt worden grundsätzlich mit dem Thema, aber nicht so, dass da irgendwie größere Abhandlungen geschrieben werden oder größere Traktate, sondern einfach eher, dass man damit seinen Frieden macht irgendwann.
Burg: Sie haben lange sehr zwielichtige, vor allem Nazicharaktere gespielt, also in Oliver Hirschbiegels "Der Untergang" den Nazigeneral Burgdorf, in Dennis Gansels Film "Napola" einen Gauleiter oder in Oskar Roehlers "Jud Süß" die Rolle des Propaganda-Regisseurs Veit Harlan. Der "Stern" schrieb, er gibt einen prima Nazi ab, was nicht nur ein sympathisches Kompliment ist. Hatten Sie Bedenken, schon wieder sozusagen eine zwielichtige Rolle anzunehmen wie die des Dr. Dreimann?
von Dohnányi: Nicht wirklich. Das würde ich auch nicht als Parallele sehen. Also dass jemand sich einsetzt beruflich, gerade im Bereich Jura, und vielleicht ein furchtbar harter Hund ist und möglicherweise auch an der Gerechtigkeit vorbei für ein vermeintliches Recht sich einsetzt, da würde ich also keine Parallele ziehen, in diesem ganz konkreten Fall.
Burg: Eine andere wichtige Rolle, die Sie mal gespielt haben, war die des Bruce Berger in dem Film "Männerherzen" der Schlagersänger. Sie haben unter anderem dafür den Deutschen Filmpreis bekommen. Diese Figur hätte auch leicht zu einer Karikatur werden können, ist sie aber nicht. Sie spielen sie so, dass man Bruce Berger wirklich ins Herz schließt und mag. Welche Philosophie haben Sie als Schauspieler Ihren Rollen gegenüber?
"Mir liegt das große und das theatralische Spiel"
von Dohnányi: Ich versuche, die immer so nah wie möglich an mich ranzuziehen. Obwohl mir das große Spiel und das theatralische Spiel liegt oder obwohl ich das mag, versuche ich trotzdem, mir das zu verbieten für den Film und möglichst die Emotionen der Figuren möglichst nahezuholen, an mich selber und an meine eigenen Empfindungen, Empfindlichkeiten und Erinnerungen, sodass ich möglichst wenig Töne und falsche Gesten oder was auch immer mir erlaube und möglichst authentisch mit der Figur bin, sodass ich möglichst ernst nehme einfach.
Burg: Sie haben ja auch selbst eine Komödie geschrieben, "Bis zum Ellenbogen", da spielen Sie selber dann auch eine Leiche. Wie groß ist Ihre humoristische Ader und der Hang auch so ein bisschen zum Schwarzhumorigen? Oder anders gefragt: Was mögen Sie an Komödien?
von Dohnányi: Ich mag eigentlich fast jede Form von Komödie, aber ich gebe zu, dass mir da der englische und teilweise auch amerikanische Humor ein bisschen mehr liegt. Ich hab ja jetzt gerade nach dem "Ellenbogen" wieder eine Komödie geschrieben und auch inszeniert, die im Sommer ins Kino kommen wird, "Desaster", und das ist auch wieder eine schwarze Komödie, wo eine Menge Unglück passiert, wenn man so will. Und das mag ich schon sehr gerne – da gibt es ja auch tolle Vorbilder oder tolle Beispiele aus dem angelsächsischen Raum.
Burg: Sie haben auch mal bei einem "Tatort" mit Ulrich Tukur als Regisseur gearbeitet und da gesagt, dass es generell allen Schauspielern gut täte, mal Regie zu führen. Warum sind Sie der Meinung?
von Dohnányi: Das habe ich in dem Kontext gemeint, dass man sozusagen einen anderen Blickwinkel auf sich selber bekommt, auf den Beruf des Schauspielers, und sieht, wie viele andere Aspekte zu einem Film dazugehörigen und wie wichtig diese anderen Aspekte sind, sodass es dem ein oder anderen Schauspieler vielleicht gut täte, sich selber nicht so wichtig zu nehmen – oder dass wir uns nicht so wichtig nehmen, so würde ich es mal sagen.
Burg: Gleichzeitig sind Sie ja auch sehr berühmt, und Sie kommen sogar auch aus einer sehr berühmten Familie, auf die Sie bestimmt auch häufig angesprochen werden. Ihr Vater ist der Dirigent Christoph von Dohnányi, Ihr Onkel der ehemalige erste Bürgermeister von Hamburg, Klaus von Dohnányi, Sie selbst eben auch seit Jahrzehnten in der Öffentlichkeit, gleichzeitig, wenn ich das so richtig verstehe, stehen Sie nicht so gerne im Rampenlicht. Was verbinden Sie mit Ruhm?
von Dohnányi: Ich hab gar nicht so ein Problem, im Rampenlicht zu stehen, ich spreche ganz gerne über berufliche Themen, aber es ist jetzt nicht so mein Bedürfnis, privat in die Gazetten zu kommen. Und das ist, glaube ich, das, was so verstanden wird. Ich bin Schauspieler geworden, weil mir das Schlüpfen in die Rollen Spaß macht und nicht, weil ich sozusagen an den Glamourfaktor dieses Berufs so verliebt war. Also der Ruhmfaktor ist für mich jetzt nicht so der Faktor gewesen, warum ich diesen Beruf ausgeübt habe.
Burg: Und was Ihre Familie angeht, was verbinden Sie da mit Ruhm?
von Dohnányi: Was meine Familie angeht, nehme ich da die, in Anführungsstrichen, "Berufsbezeichnungen" der jeweiligen Familienmitglieder sehr ernst. Das sind Kinder, Eltern, Großeltern, Ehepartner, und das sind die für mich, und alles andere klammer ich aus.
Burg: Justus von Dohnányi, herzlichen Dank fürs Gespräch!
von Dohnányi: Danke schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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