Ich und mein Spiegelbild

Der Regisseur lehnt sich stark an einen Roman von E.T.A. Hoffmann an und bedient sich seines Doppelgängermotivs. Das gerät auf der Bühne teils witzig, teils eindringlich, gelegentlich aber etwas weit hergeholt.
Marton beruft sich mit seinem Stück auf E.T.A.Hoffmann, zitiert auch aus dessen Roman "Die Elixiere des Teufels“, in dem das Doppelgängermotiv gleich zuhauf auftaucht - doch eine Bühnenversion des Romans hat er nicht erstellt, ja, die Zitate sind nicht einmal der zentrale Bestandteils seines "Musiktheaters“! Marton geht verschiedenen Spielarten des Begriffs nach, untersucht unterschiedliche Bereiche, in denen er wirksam werden kann - eine Tür, die einem Spiegel gleicht beispielsweise - das Spiegelbild ein Doppelgänger des Ich!
Kein dramaturgischer Faden
Zwei Künstler bewegen sich parallel, der eine zeichnet ein Bild, der andere beschreibt es als Dichter - Doppelgänger! Wenn der Dichter einer Freundin einen neuen Text vorliest und sie ihn korrigiert - der Lektor als Doppelgänger des Autors! Für derlei Assoziationen findet Marton zum Teil eindringliche, zum Teil witzige Szenen und Bilder: Wenn der Fotograf ein Frauenbild auf die Leinwand projiziert, ist das nichts Ungewöhnliches, wenn er es auf einem Männerkörper projiziert, gerät die Assoziationen schnell in Richtung Geschlechtertausch, vollends, wenn sich dann ein Mann auf dieses androgyne Gebilde wirft.
Allerdings hat Marton keinen dramaturgischen Faden für die Szenen entwickelt, sie bleiben unverbunden und zwingen den Besucher, sich seine eigenen Gedanken zum Thema zu machen. Darin bleibt er stellenweise allein, ist er aber bereit, mitzudenken, eröffnen sich immer weitere Dimensionen des Begriffs.
Doppelgänger, Grenzgänger
Marton bringt Schauspieler und Musiker auf die Bühne, und sie müssen alles können: Der Sänger muß sprechen können, der Schauspieler singen - Doppelgänger in der Kunst, auch Grenzgänger. Brillant ist die Musikauswahl - zum größten Teil Romantik, Robert Schumann allen voran, schließlich hat er sein Ich aufteilt in zwei Figuren - Eusebius und Florestan.
Gelegentlich aber sind Martons Assoziationsketten auch etwas weit hergeholt - und die Szenen zu lang ausgespielt. Die längste dient lediglich dazu, dass der Trompeter eine Miniaturkriegsszene aufbauen kann - schließlich klingt die Trompete ja militärisch, doch da wird das Doppelgängerspiel zu weit getrieben.