Schattenseiten einer Biografie
Seit langem wurde über eine Zuarbeit des Arbeiterführers, Solidarność-Gründers und ersten frei gewählten Präsident Polens, Lech Walesa, für die polnische Staatssicherheit gemunkelt. Ein neues Buch von zwei jungen polnischen Historikern weist dies anhand von Fakten nach. Dass Walesa später versuchte, seine Akten zu säubern, nennt Janusz Tycner "das traurigste Kapitel des Ganzen".
Liane von Billerbeck: Das Buch zweier Historiker vom Institut für Nationales Gedenken INP, dem polnischen Gegenstück der Birthler-Behörde also, Slawomir Cenckiewicz und Piotr Gontarczyk haben es geschrieben, und es heißt ganz schlicht "Der Sicherheitsdienst und Lech Walesa" und ist knapp 600 Seiten stark. Was die Enthüllungen für die Wahrnehmung der jüngeren polnischen Geschichte bedeuten, das will ich jetzt Janusz Tycner fragen. Der polnische Publizist ist eine wichtige Stimme im Feuilleton und schreibt hierzulande für die "ZEIT". Ich grüße Sie!
Janusz Tycner: Guten Tag!
Billerbeck: Was werfen die beiden Historiker Walesa vor?
Tycner: Das Buch hat noch einen Nebentitel, wenn ich das noch erwähnen darf. Es heißt "Die Stasi und Lech Walesa. Ein Beitrag zur Biografie". Es behandelt ein kurzes Stück der Biografie von Lech Walesa zwischen 1970 und 1976. Eine Zeit, wo es, ich denke, den beiden Autoren gelungen ist, doch sehr stichfest nachzuweisen, dass Lech Walesa in eine Zusammenarbeit verwickelt war mit der damaligen kommunistischen politischen Polizei, ein informeller Mitarbeiter, leider auch ein Mann, der wahrscheinlich Honorare für seine Dienste genommen hat und leider auch Berichte geschrieben hat, mit denen er durchaus einigen seiner Kollegen hätte schaden können oder geschadet hat.
Billerbeck: Diese Gerüchte über eine Zusammenarbeit von Walesa mit dem Sicherheitsdienst, die gab es ja schon seit einigen Jahren, man könnte sagen seit Jahrzehnten. Die sind also nicht neu. Wie werden die jetzt begründet?
Tycner: Sie sind nicht neu. Niemand hatte den Mut, diesen Gerüchten nachzugehen. Und ich denke, in einer offenen Gesellschaft, in einer demokratischen Gesellschaft ist es absolut die Pflicht der Publizisten, der Forscher, solchen Gerüchten nachzugehen, sie entweder zu bekräftigen oder sie zu entkräften. Wie dem auch sei, die beiden haben sich dieser Aufgabe angenommen. Ich denke, sie haben diese Aufgabe auch gut bewältigt. Es ist ein Buch mit unglaublich vielen Zitaten, unglaublich vielen Hinweisen auf die Akten, unglaublich vielen Beweisen, das auch die Thesen eher im Kann-Stil als im Gewesen-Stil formuliert, aber dennoch nach der Lektüre der 500 Seiten ergibt sich doch ein etwas trauriges Bild des Ganzen.
Billerbeck: Nun stehen ja solche Stasi-Aktien, das wissen wir aus der hiesigen Debatte, immer so ein bisschen in dem Geruch, na ja, die können die ja auch manipuliert haben. Wie groß ist die Gefahr, dass die Historiker da Manipulationen aufgesessen sind?
Tycner: Nach der Lektüre glaube ich, dass die Gefahr nicht groß ist. Sie haben unzählige Dokumente nachgeguckt, nicht nur eine Akte, sondern umliegende, ein riesiges Feld von Akten, Registraturen, verschiedenen Verzeichnissen und so weiter durchgesehen, nachgeguckt, und sehr viele auch unmittelbare Beweise, aber auch Beweise auf Umwegen erbracht. Ich glaube, hier müsste eine riesige Armee von Beamten der Staatssicherheit jahrzehntelang beschäftigt gewesen sein mit Fälschungen. Das wissen wir, das war nicht möglich. Klar ist, diese Zusammenarbeit wurde von Lech Walesa endgültig im Januar 1976 beendet. Er hat gesagt, er will nicht mehr, er macht nicht mehr mit, er steigt aus. Und er wurde auch aus den Akten, aus den Beständen der IMs herausgenommen, seine Akten wurden in den Keller geschickt, das wissen wir. Danach hat Lech Walesa jahrzehntelang, vor allem nach 1990, immer wieder auf sehr, ich würde sagen, indirekte Art und Weise an diese Gerüchte angeknüpft. Einige Male, als ihn die Ehrlichkeit überkam, war er auch selbstkritisch, viele Male hat er es bestritten. Wir haben den ersten, ich würde sagen sehr seriösen Versuch, dieser Sache nachzugehen. Und dieser Versuch kann nicht einfach so vom Tisch gewischt werden. Für mich als Leser ergibt sich da ein sehr zusammenhängendes und überzeugendes Bild.
Billerbeck: Sie haben es eben gesagt, Walesa hat diese Zusammenarbeit 1976 mit der Staatssicherheit selbst aufgekündigt. Das ist doch eigentlich ein Grund zu sagen, ja, ich hatte da etwas, aber ich habe es beendet. Wie ist er denn nun als polnischer Präsident vor allen Dingen mit dieser Vergangenheit umgegangen?
Tycner: Lech Walesa ist, denke ich, eine sehr komplizierte Persönlichkeit. Er bewies riesigen Mut und wirklich menschliche und politische Größe. Aber neben diesem Mut und dieser politischen und menschlichen Größe gibt es auch Schattenseiten in seiner Biografie. Und diese Schattenseiten konnte er nicht überwinden. Er erbrachte nicht den Mut, es einfach zuzugeben. Ich denke, diese Gestalt wäre noch mehr eine historische Gestalt, wenn er zeigen könnte, dass er sich von selbst von diesen Irrtümern der Jugend gelöst hat, Gefahren eingehend, dass er den Mut hatte, die Widerstandskraft hatte sozusagen, das Ganze zu beenden. Und das ist auch eine große Tat und ein wichtiger Teil seiner Biografie. Er hat es nicht getan, er verwickelte sich in Widersprüche. Als er polnischer Staatspräsident wurde 1990, begann er nun seine Funktion auszunutzen, um die Archive zu säubern. 1992 im Juni war es soweit, er zwang, dass die Akten, die ihn betrafen, ihm ins Präsidialamt gebracht wurden persönlich vom Chef des polnischen Staatsschutzes und vom polnischen Innenminister. Die beiden übergaben ihm seine eigenen Akten und bekamen sie zurück nach einigen Wochen, ich würde sagen, es fehlten dort, wie wir heute sehen und dafür gibt es Dokumente, sehr viele wichtige Dokumente aus dieser Akte. Ein zweites Mal gab es eine solche Säuberung 1995 vor dem Präsidentschaftswahlkampf. Walesa wollte damals wiedergewählt werden. Es gab große Säuberungen in den Akten, in den Beständen der Danziger politischen Polizei nach 1992. Und ich denke, das ist das traurigste Kapitel des Ganzen. Walesa bewies hier nicht wirklich seine Größe, sondern eine unglaubliche Kleinlichkeit, Angst. Man kann es nachvollziehen, aber ich denke, es wird einen Schatten auf seine Biografie werfen, auf jeden Fall.
Billerbeck: Herr Tycner, was bedeutet denn nun dieses Buch für die polnische Aufarbeitung der Geschichte und in welcher Atmosphäre erscheint es?
Tycner: Das Buch ist am Montag erschienen, zuerst im freien Verkauf, die ersten 4000 Exemplare wurden sofort verkauft, demnächst sollen 40.000 noch dazu gedruckt werden, denn das Interesse ist gigantisch. Lech Walesa versuchte im Vorfeld des Erscheinen dieses Buches zu blockieren. Er hat auf seiner Seite einen Teil der Medien, einen Teil der Intellektuellen, die sagen, wir dürfen diese Legende nicht zerstören, egal was war, wir brauchen Lech Walesa als ein Vorzeigeobjekt für das demokratische, moderne, um seine Freiheit kämpfende Polen. Es sind, das wundert mich sehr, Leute, die andererseits sagen, es darf in der Geschichte keine Tabus geben, und wenn es um den Mord von Jedwabne geht an 200 Juden durch polnische Bewohner damals, dann heißt es, das muss natürlich sofort aufgeklärt werden. Wenn es um die Vertreibungen geht und die Tatsache, dass es da auch zu manchmal sehr unangenehmen Zwischenfällen kam gelinde gesagt, sagen diese Kreise, wir müssen das auf den Tisch bringen, Tabus darf es nicht geben. Aber wenn es um Lech Walesa geht, dann heißt es, wir dürfen die Tabus nicht brechen. Ich denke, das Problem liegt tiefer. Es geht nicht um Lech Walesa. Es geht darum, dass man nicht möchte, dass die unangenehmen Fakten aus der Geschichte der demokratischen Opposition in Polen an das Tageslicht kommen, dass Fragmente der eigenen Biografien nicht bekannt werden. Viele dieser Menschen haben enorme Schwierigkeiten einfach zuzugeben, dass sie auch Augenblicke der Schwäche hatten, was sehr menschlich ist. Aber denken wir auch, wie sich in der ehemaligen DDR viele Betroffene benommen haben, Herr Stolpe, Herr Gysi jetzt die Diskussion – es ist unglaublich schwierig, das zuzugeben. Aber in einem Polizeistaat muss man auch die Vergangenheit nicht nur anhand von Akten aufarbeiten. Stasi, Gestapo, NKWD, die polnische politische Polizei, das sind wichtige Quellen der Forschung über die Geschichte. Und ich denke, es ist ein normales Buch in einem etwas noch unnormalen Land, in dem die Debatte um die neueste Geschichte solche Emotionen weckt. Aber denken wir zurück an die ehemalige DDR, vor zehn, 15 Jahren war es, glaube ich, bei Ihnen auch nicht anders. Wir sind immer noch in dieser Phase. Ganz Polen liest das Buch zum ersten Mal. Seit gestern ist es zugänglich, und ich denke, das wird zu einer Versachlichung der Debatte führen. Lech Walesa bleibt eine wichtige Gestalt der polnischen Geschichte, ein Mann der einen wichtigen Beitrag zur Beseitigung des Kommunismus gebracht hat. Aber auch in seiner Biografie gibt es Schattenseiten, und wir dürfen nicht darüber hinwegsehen.
Billerbeck: Janusz Tycner, der polnische Publizist war das über das soeben erschienene Buch "Der Sicherheitsdienst und Lech Walesa", geschrieben von zwei Historikern des Instituts für Nationales Gedenken. Herzlichen Dank nach Warschau!
Tycner: Danke sehr!
Janusz Tycner: Guten Tag!
Billerbeck: Was werfen die beiden Historiker Walesa vor?
Tycner: Das Buch hat noch einen Nebentitel, wenn ich das noch erwähnen darf. Es heißt "Die Stasi und Lech Walesa. Ein Beitrag zur Biografie". Es behandelt ein kurzes Stück der Biografie von Lech Walesa zwischen 1970 und 1976. Eine Zeit, wo es, ich denke, den beiden Autoren gelungen ist, doch sehr stichfest nachzuweisen, dass Lech Walesa in eine Zusammenarbeit verwickelt war mit der damaligen kommunistischen politischen Polizei, ein informeller Mitarbeiter, leider auch ein Mann, der wahrscheinlich Honorare für seine Dienste genommen hat und leider auch Berichte geschrieben hat, mit denen er durchaus einigen seiner Kollegen hätte schaden können oder geschadet hat.
Billerbeck: Diese Gerüchte über eine Zusammenarbeit von Walesa mit dem Sicherheitsdienst, die gab es ja schon seit einigen Jahren, man könnte sagen seit Jahrzehnten. Die sind also nicht neu. Wie werden die jetzt begründet?
Tycner: Sie sind nicht neu. Niemand hatte den Mut, diesen Gerüchten nachzugehen. Und ich denke, in einer offenen Gesellschaft, in einer demokratischen Gesellschaft ist es absolut die Pflicht der Publizisten, der Forscher, solchen Gerüchten nachzugehen, sie entweder zu bekräftigen oder sie zu entkräften. Wie dem auch sei, die beiden haben sich dieser Aufgabe angenommen. Ich denke, sie haben diese Aufgabe auch gut bewältigt. Es ist ein Buch mit unglaublich vielen Zitaten, unglaublich vielen Hinweisen auf die Akten, unglaublich vielen Beweisen, das auch die Thesen eher im Kann-Stil als im Gewesen-Stil formuliert, aber dennoch nach der Lektüre der 500 Seiten ergibt sich doch ein etwas trauriges Bild des Ganzen.
Billerbeck: Nun stehen ja solche Stasi-Aktien, das wissen wir aus der hiesigen Debatte, immer so ein bisschen in dem Geruch, na ja, die können die ja auch manipuliert haben. Wie groß ist die Gefahr, dass die Historiker da Manipulationen aufgesessen sind?
Tycner: Nach der Lektüre glaube ich, dass die Gefahr nicht groß ist. Sie haben unzählige Dokumente nachgeguckt, nicht nur eine Akte, sondern umliegende, ein riesiges Feld von Akten, Registraturen, verschiedenen Verzeichnissen und so weiter durchgesehen, nachgeguckt, und sehr viele auch unmittelbare Beweise, aber auch Beweise auf Umwegen erbracht. Ich glaube, hier müsste eine riesige Armee von Beamten der Staatssicherheit jahrzehntelang beschäftigt gewesen sein mit Fälschungen. Das wissen wir, das war nicht möglich. Klar ist, diese Zusammenarbeit wurde von Lech Walesa endgültig im Januar 1976 beendet. Er hat gesagt, er will nicht mehr, er macht nicht mehr mit, er steigt aus. Und er wurde auch aus den Akten, aus den Beständen der IMs herausgenommen, seine Akten wurden in den Keller geschickt, das wissen wir. Danach hat Lech Walesa jahrzehntelang, vor allem nach 1990, immer wieder auf sehr, ich würde sagen, indirekte Art und Weise an diese Gerüchte angeknüpft. Einige Male, als ihn die Ehrlichkeit überkam, war er auch selbstkritisch, viele Male hat er es bestritten. Wir haben den ersten, ich würde sagen sehr seriösen Versuch, dieser Sache nachzugehen. Und dieser Versuch kann nicht einfach so vom Tisch gewischt werden. Für mich als Leser ergibt sich da ein sehr zusammenhängendes und überzeugendes Bild.
Billerbeck: Sie haben es eben gesagt, Walesa hat diese Zusammenarbeit 1976 mit der Staatssicherheit selbst aufgekündigt. Das ist doch eigentlich ein Grund zu sagen, ja, ich hatte da etwas, aber ich habe es beendet. Wie ist er denn nun als polnischer Präsident vor allen Dingen mit dieser Vergangenheit umgegangen?
Tycner: Lech Walesa ist, denke ich, eine sehr komplizierte Persönlichkeit. Er bewies riesigen Mut und wirklich menschliche und politische Größe. Aber neben diesem Mut und dieser politischen und menschlichen Größe gibt es auch Schattenseiten in seiner Biografie. Und diese Schattenseiten konnte er nicht überwinden. Er erbrachte nicht den Mut, es einfach zuzugeben. Ich denke, diese Gestalt wäre noch mehr eine historische Gestalt, wenn er zeigen könnte, dass er sich von selbst von diesen Irrtümern der Jugend gelöst hat, Gefahren eingehend, dass er den Mut hatte, die Widerstandskraft hatte sozusagen, das Ganze zu beenden. Und das ist auch eine große Tat und ein wichtiger Teil seiner Biografie. Er hat es nicht getan, er verwickelte sich in Widersprüche. Als er polnischer Staatspräsident wurde 1990, begann er nun seine Funktion auszunutzen, um die Archive zu säubern. 1992 im Juni war es soweit, er zwang, dass die Akten, die ihn betrafen, ihm ins Präsidialamt gebracht wurden persönlich vom Chef des polnischen Staatsschutzes und vom polnischen Innenminister. Die beiden übergaben ihm seine eigenen Akten und bekamen sie zurück nach einigen Wochen, ich würde sagen, es fehlten dort, wie wir heute sehen und dafür gibt es Dokumente, sehr viele wichtige Dokumente aus dieser Akte. Ein zweites Mal gab es eine solche Säuberung 1995 vor dem Präsidentschaftswahlkampf. Walesa wollte damals wiedergewählt werden. Es gab große Säuberungen in den Akten, in den Beständen der Danziger politischen Polizei nach 1992. Und ich denke, das ist das traurigste Kapitel des Ganzen. Walesa bewies hier nicht wirklich seine Größe, sondern eine unglaubliche Kleinlichkeit, Angst. Man kann es nachvollziehen, aber ich denke, es wird einen Schatten auf seine Biografie werfen, auf jeden Fall.
Billerbeck: Herr Tycner, was bedeutet denn nun dieses Buch für die polnische Aufarbeitung der Geschichte und in welcher Atmosphäre erscheint es?
Tycner: Das Buch ist am Montag erschienen, zuerst im freien Verkauf, die ersten 4000 Exemplare wurden sofort verkauft, demnächst sollen 40.000 noch dazu gedruckt werden, denn das Interesse ist gigantisch. Lech Walesa versuchte im Vorfeld des Erscheinen dieses Buches zu blockieren. Er hat auf seiner Seite einen Teil der Medien, einen Teil der Intellektuellen, die sagen, wir dürfen diese Legende nicht zerstören, egal was war, wir brauchen Lech Walesa als ein Vorzeigeobjekt für das demokratische, moderne, um seine Freiheit kämpfende Polen. Es sind, das wundert mich sehr, Leute, die andererseits sagen, es darf in der Geschichte keine Tabus geben, und wenn es um den Mord von Jedwabne geht an 200 Juden durch polnische Bewohner damals, dann heißt es, das muss natürlich sofort aufgeklärt werden. Wenn es um die Vertreibungen geht und die Tatsache, dass es da auch zu manchmal sehr unangenehmen Zwischenfällen kam gelinde gesagt, sagen diese Kreise, wir müssen das auf den Tisch bringen, Tabus darf es nicht geben. Aber wenn es um Lech Walesa geht, dann heißt es, wir dürfen die Tabus nicht brechen. Ich denke, das Problem liegt tiefer. Es geht nicht um Lech Walesa. Es geht darum, dass man nicht möchte, dass die unangenehmen Fakten aus der Geschichte der demokratischen Opposition in Polen an das Tageslicht kommen, dass Fragmente der eigenen Biografien nicht bekannt werden. Viele dieser Menschen haben enorme Schwierigkeiten einfach zuzugeben, dass sie auch Augenblicke der Schwäche hatten, was sehr menschlich ist. Aber denken wir auch, wie sich in der ehemaligen DDR viele Betroffene benommen haben, Herr Stolpe, Herr Gysi jetzt die Diskussion – es ist unglaublich schwierig, das zuzugeben. Aber in einem Polizeistaat muss man auch die Vergangenheit nicht nur anhand von Akten aufarbeiten. Stasi, Gestapo, NKWD, die polnische politische Polizei, das sind wichtige Quellen der Forschung über die Geschichte. Und ich denke, es ist ein normales Buch in einem etwas noch unnormalen Land, in dem die Debatte um die neueste Geschichte solche Emotionen weckt. Aber denken wir zurück an die ehemalige DDR, vor zehn, 15 Jahren war es, glaube ich, bei Ihnen auch nicht anders. Wir sind immer noch in dieser Phase. Ganz Polen liest das Buch zum ersten Mal. Seit gestern ist es zugänglich, und ich denke, das wird zu einer Versachlichung der Debatte führen. Lech Walesa bleibt eine wichtige Gestalt der polnischen Geschichte, ein Mann der einen wichtigen Beitrag zur Beseitigung des Kommunismus gebracht hat. Aber auch in seiner Biografie gibt es Schattenseiten, und wir dürfen nicht darüber hinwegsehen.
Billerbeck: Janusz Tycner, der polnische Publizist war das über das soeben erschienene Buch "Der Sicherheitsdienst und Lech Walesa", geschrieben von zwei Historikern des Instituts für Nationales Gedenken. Herzlichen Dank nach Warschau!
Tycner: Danke sehr!