Schatten über Rolandseck

Von Christoph Gehring |
Wenige Tage nach der offiziellen Eröffnung des Arp-Museums steht der Trägerverein weiter in der Kritik. Gestritten wird nicht nur über den Wert der Ausstellungsstücke, sondern auch über die zweifelhafte Verwendung von Landesmitteln.
Dass Vergangenheitsbewältigung kein Spaß ist, war dem Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Kultusministerium Joachim Hofmann-Göttig heute anzusehen. Auf einer langen, einer sehr langen Pressekonferenz am Mittag in Mainz bemühte sich Hofmann-Göttig, der seit 1991 im Lande der Reben und Rüben für Kultur zuständig ist, die dunklen Schatten auszuleuchten, die sich seit Mitte vergangener Woche auf das neue Arp-Museum in Remagen-Rolandseck gelegt haben. Erst brach kurz vor der feierlichen Einweihung des 33 Millionen Euro teuren Baus von Stararchitekt Richard Meier wieder einmal – zum wievielten Male eigentlich? – ein hitziger Streit über die Authentizität und den tatsächlichen Wert der Remagener Arp-Bestände los. So sagte zum Beispiel Hendrik Hanstein, Kunsthistoriker und Inhaber des renommierten Kunsthauses Lempertz in Köln, Anfang vergangener Woche im Südwestrundfunk:

"Ich habe da gewisse Skepsis, und aufgrund dieses Gutachtens, das ich seinerzeit erstellt habe für eine Versicherungsgesellschaft bin ich dahinter gekommen, dass viele Güsse womöglich authentisch, womöglich sogar original waren, aber alle nicht zu Lebzeiten des Künstlers entstanden sind. Und die Wertigkeit des Anlasses, dieses Museum zu gründen, die habe ich kritisch hinterfragt."

Auch der Kunsthistoriker Gert Reising, der als Experte für das Werk von Hans Arp gilt, übte bereits Ende der 90er Jahre – das Land Rheinland-Pfalz hatte da gerade vom privaten Verein "Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e.V." für umgerechnet rund zehn Millionen Euro ein Konvolut von 404 Arp-Plastiken gekauft – ließ in mehreren Zeitungsartikeln kein gutes Haar an der Remagener Arp-Sammlung:

"Ich habe kritisiert, dass die Sammlung, die das Land erworben hat, schlecht ist. Ich habe kritisiert, dass da Stücke dabei sind, die keine Originale sind, sondern Nachgüsse. Ich habe ferner dann auch später kritisiert, dass es sich um Stücke handelt, die man vielleicht – ich betone: vielleicht! – als Fälschungen bewerten kann, weil es von Stücken neue Dinge gibt, die es gar nicht heben darf."

Nun sitzen im Verein "Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e.V." an entscheidender Stelle hervorragende Juristen, die sich gegen Kritik mit den ihnen eigenen Mitteln wehren – mit juristischen eben. Und deswegen beauftragte der Verein eine Hamburger Anwaltskanzlei, die Reising-Artikel mit dem Instrumentarium des Presserechts zu bekämpfen, also: mit der Androhung einstweiliger Verfügungen und gegebenenfalls mit Klageschriften. So etwas mag ein kleiner, feiner, gemeinnütziger Verein richtig finden – aber ist es auch richtig, wenn der kleine, feine, gemeinnützige Verein sich die dabei entstehenden Anwaltskosten als "Vorlaufkosten" für die Gründung des prächtigen Arp-Museums aus Steuergeldern erstatten lässt? Denn genau das war geschehen: Einen Teil der Kosten für Rechtsberatung übernahm das Land Rheinland-Pfalz. Und es setzte sich damit dem unschönen Verdacht aus, Staatsmittel ausgegeben zu haben, damit ein privater Arp-Freundeskreis missliebige Kritiker mundtot machen oder es zumindest versuchen konnte. Das Land distanzierte sich heute in Gestalt des Kulturstaatssekretärs Joachim Hofmann-Göttig überdeutlich von den im Arp-Verein handelnden Personen – doch man ist aneinander gekettet. Denn die Grundlage für die Errichtung des Arp-Museums war bis zum Jahr 2005 eine Rahmenvereinbarung, zwischen dem Land und dem Arp-Verein, die einem Vertragspartner – dem Land – alle Pflichten auferlegte und dem anderen Vertragspartner – dem Arp-verein – alle Rechte gab. Diese für das Land so nachteilige Rahmenvereinbarung hatte seinerzeit das Finanzministerium ausgehandelt – und das Kulturministerium musste sie umsetzen, was nicht einfach war, wie Joachim Hofmann-Göttig heute unverhohlen berichtete:

"Im Kultusministerium herrschte nämlich eine besondere Vorsicht im Umgang mit dem Arp-Verein. In dieser Phase der späten 90er Jahre gab es praktisch bei jeder Abrechnung des Arp-Vereins tiefgreifende Kontroversen mit dem Kulturministerium. Der Arp-Verein stellte nämlich trotz mündlicher und schriftlicher Aufforderung durch das Ministerium nicht vor Entritt von Kostenfolgen Einvernehmen mit dem Ministerium her, er traf diese Entscheidungen allein, ohne Konsultation. Das galt auch für die zahlreichen rechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Museums, mit denen sich das Ministerium keineswegs identifizierte. Erst im Nachhinein bekam das Ministerium überhaupt Kenntnis von den entstandenen Kosten."

Das sei misslich, aber so sei damals die Vertragslage gewesen. Die wurde erst vor zwei Jahren nach langen Verhandlungen mit dem Arp-Verein zugunsten des Landes geändert. Und deswegen, so Joachim Hofmann-Göttig, sei alle Kritik inzwischen obsolet, auch die an der Qualität der in Remagen ausgestellten Werke:

"Es wird im Arp-Museum nur das gezeigt, von dessen Provenienz wir überzeugt sind. Daran haben wir uns jetzt schon bei der Eröffnungsausstellung gehalten. Und wenn ich das Feuilleton einigermaßen überblicke, wurde das ja auch gewürdigt. Ich glaube, wir haben ein tolles Museum mit einer tollen Eröffnungsausstellung."