Das Jahr 2015 wird um eine Sekunde verlängert

Mittwoch Nacht wird das Jahr um genau eine Sekunde länger – die Erde braucht eben etwas mehr als 24 Stunden für eine Umdrehung. Die geschenkte Zeit wird das Leben der meisten Menschen nicht beeinträchtigen, doch die eine Sekunde kann dennoch einiges anrichten.
Morgen erleben wir den längsten Tag des Jahres: Rein auf die Sonnenstunden bezogen war der zwar schon zu Sommeranfang vor gut einer Woche, aber morgen hat der Tag nicht wie üblich 86400 Sekunden, sondern eine mehr.
Die meisten werden die Extrasekunde wohl verschlafen. Denn die Uhren spielen mitten in der Nacht scheinbar verrückt: Auf 1 Uhr 59 Minuten und 59 Sekunden folgt erst 1 Uhr 59 Minuten und 60 Sekunden und dann 2 Uhr 0 Minuten 0 Sekunden.
Eine Sekunde mag nicht nach viel klingen, tatsächlich aber rast die Erde währenddessen 30 Kilometer weiter durch das Sonnensystem, das Herz gönnt sich einen Extraschlag, es werden weltweit vier Menschen geboren und zwei versterben, allein in Deutschland 270 Liter Bier getrunken und mehr als 3000 Schaltzigaretten geraucht.
Stress für IT-Experten und Börsenmakler
Doch statt sich über die geschenkte Zeit zu freuen, treten prompt die üblichen Mahner auf den Plan: IT-Experten fürchten um den Absturz von Computernetzen, Finanzjongleure fluchen über Gefahren für den auf Millisekunden getakteten Börsenhandel, Wirtschaftsfachleute beschwören den Zusammenbruch von Stromnetzen oder dass uns verwirrte GPS-Satelliten in die falsche Richtung schicken – eine Schaltsekunde ist für sie offenbar so etwas wie Jahrtausendwechsel und Sonnenfinsternis zusammen. Und so fordern die Weltuntergangspropheten vehement die Abschaffung der Schaltsekunde – sollen sich doch in Jahrtausenden die Menschen damit herum schlagen, dass die Sonne um Mitternacht scheint.
Dabei ist die wahre Botschaft der Schaltsekunde ganz schlicht: Auch unsere hochtechnisierte und fast vollkommen durch-optimierte Welt findet auf einem sich drehenden Planeten irgendwo in den Weiten des Universums statt. Unsere Zeit wird zwar mit Atomuhren gemessen, aber sie ist keine technische Erfindung, denn den Takt geben die Abläufe am Himmel vor: 12 Uhr mittags ist, wenn die Sonne genau im Süden steht. Wir sind Teil des großen Ganzen, von Natur und Kosmos. Es tut gut, sich das immer mal wieder bewusst zu machen – und sei es nur heute Nacht für eine Sekunde!