Schadhafte Brustimplantate

Vier Jahre Haft für Firmengründer

Ein Brustimplantat der Firma PIP.
Der Gründer des Herstellers von Brustimplantaten wird sich auch noch wegen fahrlässiger Tötung verantworten müssen. © dpa / picture alliance / Alexandre Marchi
Von Ursula Welter · 10.12.2013
Im Skandal um um Billig-Brustimplantate gibt es ein neues Urteil: Der Firmengründer Jean-Claude Mas muss vier Jahre ins Gefängnis und darf nie wieder in der Medizinbranche arbeiten.
Vier Jahre Gefängnis für den Firmengründer Jean-Claude Mas wegen Betrugs und schwerer Täuschung, 75.000 Euro Strafe, ein Berufsverbot in der Medizinbranche und die Auflage, nie wieder ein Unternehmen führen zu dürfen: Mit diesen Strafen folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft in nahezu allen Punkten. Jean-Claude Mas legte, wie erwartet, Berufung ein.
Die übrigen Führungskräfte wurden zu Haftstrafen von 18 Monaten bis drei Jahren verurteilt, diese Strafen wurden teilweise zur Bewährung ausgesetzt. Die heutigen Straf-Urteile sind nur ein Teil der laufenden Verfahren in dem Skandal um Billig-Brustimplantate, der weltweit Kreise zog.
Allein in Frankreich waren rund 30.000 Frauen die Implantate des Herstellers PIP aus Industriesilikon eingepflanzt worden. Gegen Jean-Claude Mas laufen weitere Prozesse wegen Körperverletzung , fahrlässiger Tötung und möglicher Insolvenzverschleppung.
"Es gibt eine große Zahl von Opfern", sagte diese betroffene Frau im französischen Rundfunk. "Nicht alle werden an den schadhaften und entzündlichen Implantaten sterben, hoffentlich, aber alle sind extremen getroffen, an Körper und Seele, getroffen für ihr ganzes Leben."
Der emotional aufgeladene Prozess mit mehr als 300 Anwälten, 7400 Nebenklägern, lief seit dem Frühjahr in einem Kongresszentrum in Marseille.
"Mein Gott, das ist doch Unfug"
Erste Hinweise auf Risse in den Implantaten, auf Entzündungen, hatte es bereits 2010 gegeben. Aber erst nach und nach forderten die Gesundheitsbehörden in vielen Ländern alle betroffenen Frauen auf, ihre Chirurgen zu konsultieren und die Silikone gegebenenfalls wieder aus ihren Körpern entfernen zu lassen.
In Frankreich haben sich bislang mehr als 17.000 Frauen einer erneuten Operation unterzogen, darunter auch Patientinnen, denen die schadhaften Industrie-Implantate nach einer Krebserkrankung eingepflanzt worden waren. Firmengründer Jean-Claude Mas war, nachdem der Skandal aufgedeckt worden war, zunächst untergetaucht, hatte aber Interviews gegeben und sich über Vorwürfe mokiert. Seine Silikone seien nicht giftig. "Mein Gott, das ist doch Unfug", meinte damals der Mann, der heute zu vier Jahren Haft verurteilt wurde.
Der für die Implantate zuständige Prüfstelle, der TÜV-Rheinland, war bereits Mitte November vom Handelsgericht in Toulon eine Mitverantwortung zugesprochen worden, das Unternehmen habe Aufsichts- und Kontrollpflichten vernachlässigt. In diesem Prozess war es um Schadensersatzforderungen gegangen, viele der 1600 Klägerinnen stammten aus Südamerika. Der TÜV hatte das Urteil "skandalös" genannt und Berufung eingelegt.
Im nun anhängigen Straf-Verfahren gegen den Firmengründer war der TÜV, neben mehr als 7000 betroffenen Frauen, Nebenkläger. Die Prüfstelle wirft ihrerseits Jean-Claude Mas vor, gemeinsam mit der Belegschaft, alle Hinweise auf die Verwendung von Industriesilikon systematisch vertuscht zu haben.