Schablonenhafte Fiktion eines gebrochenen Stars
Was geschah in den letzten Stunden der Romy Schneider? Ein fiktives literarisches Porträt versucht, Gedanken und Schmerzen der Filmschauspielerin nachzuzeichnen. Olaf Kraemer hat ein gutes Gespür für Stimmung und Dramaturgie bei dieser letzten Reise durch die Nacht. Doch für die Ängste des vom Schicksal geschlagenen Stars fehlt ein überzeugender literarischer Ton, lediglich die bekannten Romy-Klischees werden variiert.
Am 29. Mai 1982 stirbt Romy Schneider. Alain Delon wird sagen, an gebrochenem Herzen.
Die medizinische Diagnose spricht von Herzversagen, von Medikamenten und Alkohol. Laurent Pétin, der letzte Mann ihres Lebens, war nach einem Restaurantbesuch schon zu Bett gegangen. Romy Schneider, die nicht mehr schlafen konnte ohne Tabletten, die viel zu lange schon viel zu viel trank, war noch wach geblieben, wollte Musik hören, sie musste ein Interview schriftlich absagen, weil ihre Tochter die Röteln hatte.
Diesen Brief konnte sie nicht mehr zu Ende schreiben. Es sind nicht viele Stunden, die leer bleiben, von denen man nicht weiß, was Romy Schneider tat und dachte, und genau diese Stunden versucht Olaf Kraemer in seinem Roman "Ende einer Nacht" zu füllen. Die Ausgangslage ist dem realen Leben entliehen: Der Mann geht ins Bett, die Frau bleibt wach.
Hier setzt die Fiktion ein: Kraemer lässt Romy Schneider die Wohnung verlassen, weil sie Tabletten braucht, weil sie (die ewige Litanei der Abhängigen: nur noch einmal) sich der Sucht unterwerfen, ihr nichts entgegensetzen will. Sie geht in eine ihr bekannte Apotheke, aber dort ist der Besitzer gestorben, sein Nachfolger verweigert ihr die rezeptpflichtigen Mittel. Sie setzt sich ins Taxi, fährt zu einem dubiosen Arzt, der bekannt ist für seine Hilfe in letzter Minute. Wenn man das nötige Geld hat, steht er Tag und Nacht zur Verfügung.
Kraemer, Autor einer viel verkauften Uschi-Obermaier-Biografie, hat ein gutes Gespür für Stimmung und Dramaturgie bei dieser letzten Reise durch die Nacht. Die Frau erinnert sich, lässt ihr Leben Revue passieren, Motive ihrer Filme verwischen die Wirklichkeit. Man hat bei der Lektüre sofort mögliche Kinobilder vor Augen: Das Bistro, in dem sie ein letztes Glas trinkt, das Treppenhaus, das zum Arzt führt, der Zusammenbruch auf dessen Toilette.
Trotz des überzeugenden Arrangements bleibt nach der Lektüre jedoch ein schales Gefühl. Die bekannten Romy-Klischees werden variiert: die falschen Männer, das Unglück im Leben, das Glück in der Arbeit.
Leider fehlt dem Autor für die Ängste des vom Schicksal geschlagenen Stars ein überzeugender literarischer Ton. Das Schablonenhafte ist es denn auch, was den atmosphärisch interessanten Roman über "Die letzten Stunden der Romy Schneider" scheitern lässt. Man erfährt nichts Neues über diese unglückliche Frau, die erfolgreiche Schauspielerin, die 1977 einmal sagte: "Ich bin 50 Filme", so wie andere Leute sagen "Ich bin 50 Jahre alt".
Rezensiert von Manuela Reichart
Olaf Kraemer: Ende einer Nacht. Die letzten Stunden der Romy Schneider
Roman, Blumenbar, München 2008
188 Seiten, 17,90 Euro
Die medizinische Diagnose spricht von Herzversagen, von Medikamenten und Alkohol. Laurent Pétin, der letzte Mann ihres Lebens, war nach einem Restaurantbesuch schon zu Bett gegangen. Romy Schneider, die nicht mehr schlafen konnte ohne Tabletten, die viel zu lange schon viel zu viel trank, war noch wach geblieben, wollte Musik hören, sie musste ein Interview schriftlich absagen, weil ihre Tochter die Röteln hatte.
Diesen Brief konnte sie nicht mehr zu Ende schreiben. Es sind nicht viele Stunden, die leer bleiben, von denen man nicht weiß, was Romy Schneider tat und dachte, und genau diese Stunden versucht Olaf Kraemer in seinem Roman "Ende einer Nacht" zu füllen. Die Ausgangslage ist dem realen Leben entliehen: Der Mann geht ins Bett, die Frau bleibt wach.
Hier setzt die Fiktion ein: Kraemer lässt Romy Schneider die Wohnung verlassen, weil sie Tabletten braucht, weil sie (die ewige Litanei der Abhängigen: nur noch einmal) sich der Sucht unterwerfen, ihr nichts entgegensetzen will. Sie geht in eine ihr bekannte Apotheke, aber dort ist der Besitzer gestorben, sein Nachfolger verweigert ihr die rezeptpflichtigen Mittel. Sie setzt sich ins Taxi, fährt zu einem dubiosen Arzt, der bekannt ist für seine Hilfe in letzter Minute. Wenn man das nötige Geld hat, steht er Tag und Nacht zur Verfügung.
Kraemer, Autor einer viel verkauften Uschi-Obermaier-Biografie, hat ein gutes Gespür für Stimmung und Dramaturgie bei dieser letzten Reise durch die Nacht. Die Frau erinnert sich, lässt ihr Leben Revue passieren, Motive ihrer Filme verwischen die Wirklichkeit. Man hat bei der Lektüre sofort mögliche Kinobilder vor Augen: Das Bistro, in dem sie ein letztes Glas trinkt, das Treppenhaus, das zum Arzt führt, der Zusammenbruch auf dessen Toilette.
Trotz des überzeugenden Arrangements bleibt nach der Lektüre jedoch ein schales Gefühl. Die bekannten Romy-Klischees werden variiert: die falschen Männer, das Unglück im Leben, das Glück in der Arbeit.
Leider fehlt dem Autor für die Ängste des vom Schicksal geschlagenen Stars ein überzeugender literarischer Ton. Das Schablonenhafte ist es denn auch, was den atmosphärisch interessanten Roman über "Die letzten Stunden der Romy Schneider" scheitern lässt. Man erfährt nichts Neues über diese unglückliche Frau, die erfolgreiche Schauspielerin, die 1977 einmal sagte: "Ich bin 50 Filme", so wie andere Leute sagen "Ich bin 50 Jahre alt".
Rezensiert von Manuela Reichart
Olaf Kraemer: Ende einer Nacht. Die letzten Stunden der Romy Schneider
Roman, Blumenbar, München 2008
188 Seiten, 17,90 Euro