"Saudi Runaway" bei der Berlinale

Flucht aus Saudi-Arabien als Smartphone-Doku

09:05 Minuten
Filmstill aus "Saudi Runaway", eine schwarz verschleierte Frau macht ein Selfie von sich im Spiegel mit ihrem Telefon.
Filmstill aus "Saudi Runaway", ein Film von Susanne Regina Meures © Berlinale / Christian Frei Filmproductions
Susanna Regina Meures im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 25.02.2020
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Das Internet wird zum Fluchthelfer: Muna, eine junge Frau aus Saudi-Arabien, hat sich online bestens vernetzt. Der deutschen Filmemacherin Susanna Regina Meures übermittelt sie Filmbilder, aus der die Doku "Saudi Runaway" entsteht.
Mit den Kameras von zwei Smartphones nimmt uns eine junge Frau mit nach Saudi-Arabien in eine Existenz hinter geschlossenen Türen und hinter Schleiern. Der Vater und ihr zukünftiger Ehemann bestimmen Munas Leben. Als klar wird, dass ihr Reisepass bald abläuft und keiner von beiden einer Verlängerung zustimmen wird, plant Muna ihre Flucht und hält diese Phase ihres Lebens in Filmbildern fest.
Das Material lädt sie über Dropbox hochauflösend ins Internet hoch, so dass die Regisseurin Susanne Regina Meures aus den Aufnahmen den Film "Saudi Runaway" machen kann, der nun auf der Berlinale gezeigt wird.

Chats über Flucht aus Saudi-Arabien

Regisseurin Meures hat Muna über das Internet kennengelernt, über eine Chat-Gruppe, in der sich junge Frauen über ihre Flucht aus Saudi-Arabien austauschen. "Es war immer die gleiche herzzerreißende Geschichte, so auch bei Muna", erzählt Meures, "als wir in Kontakt gekommen sind, war es fünf Wochen vor ihrer Hochzeit. Sie plante, in ihren Flitterwochen abzuhauen."
Muna filmt ungeachtet des damit verbundenen Risikos ihren Alltags: die schleichende Bedrohung einer näher rückenden Zwangshochzeit und die gemeinschaftlichen Momente muslimischer Feiertage. Jeden Tag chattet sie zugleich fünf, sechs Stunden mit der Regisseurin. "Klar, sie ist natürlich im Internet unterwegs", sagt Meures. Auch über Kreditkarten verfüge Muna.

Klaustrophobie einfach nicht mehr ausgehalten

Die Geschichte sei "nicht schwarz-weiß", betont Meures. Muna habe ein sehr gutes Verhältnis zur Familie, insbesondere zur Mutter und ihren Geschwistern – "und es gibt vieles in dem Land, was sie liebt", dennoch sei für die Protoganisten völlig klar, dass sie in Saudi-Arabien keine keine Zukunftsvisionen habe, Kinder bekommen müsse und niemals im Leben arbeiten werde.
Auch in Saudi-Arabien gebe es "eine sehr liberale Seite", die Gesellschaft sei zerissen, sagt Meures. Aber das Gesetz der männlichen Vormundschaft existiere nach wie vor. Unerträglich für Muna.
"Ihre Misere und diese Klaustrophobie, die hat sie einfach nicht mehr ausgehalten", stellt Meures fest. Muna lebe einerseits in diesen sehr engen Strukturen, aber gleichzeitig gehöre sie zu einer jungen Generation, die in einer riesigen Vergleichbarkeit durch die sozialen Medien lebe. "Das heißt: Sie können sich selber sehr gut einordnen. Sie wissen ganz genau, wo sie stehen. Und das, glaube ich, löst sehr viele Kraft und Energie aus, nach etwas anderem zu streben."
(huc)
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