Sarah Wieners Speisekammer

Wie sieht kindergerechte Ernährung aus?

Ein übergewichtiges Mädchen stochert in seiner Nachspeise herum.
Eltern sind Vorbilder für Kinder und sollten sich auch vorbildlich ernähren. © picture alliance / dpa / Markus Scholz
Von Sarah Wiener · 06.07.2018
Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck - immer mehr Kinder werden durch falsche Ernährung krank. Woran das liegt und wie man Kinder auch für Artischocken oder Rosenkohl begeistern kann, erklärt Sarah Wiener.
Leider gibt es zahlreiche Folgen von falscher Ernährung und das kann man schon bei Kleinkindern und Schulkindern beobachten. 10 bis 20 Prozent der Kinder sind übergewichtig, viele haben Adipositas laut der KIGGS-Studie. Ein großes Problem sind die Diabetes 2 Fälle, die es in den 80er-Jahren noch kaum gab und die in der Öffentlichkeit nicht bemerkt wurden. Da gibt es nun einen immensen Anstieg. Erstaunlich finde ich, dass vier Prozent der Vorschulkinder und zehn Prozent der Schulkinder Bluthochdruck haben. Ernährung hat Folgen, die erst in 50 oder 60 Jahren zum Tragen kommen und hier und heute noch gar nicht wahrgenommen werden.

Einige Regeln und Erfahrungen

Wichtig sind frische Grundnahrungsmittel, am besten regional und saisonal und am besten aus ökologischem Anbau. Wichtig ist noch, dass Kinder, je jünger sie sind, nicht gern vermischte Sachen essen. Also ruhig mal das pure Lebensmittel so für sich anbieten und dem Kind helfen, diese Erweiterung der Geschmackssinne zu erleben und ihnen nicht so einen "Mampf" oder Eintopf zu servieren. Das lehnen Kinder ab, auch Bitteres oder Saures ist nicht sehr beliebt. Daran sollte man sich langsam nähern und es immer wieder mal anbieten. Eins ist klar: Ob es nun die Schule, die Lehrerin oder die Eltern sind, sie sind immer Vorbild.

Welchen Einfluss hat die Werbung?

Gerade das, was man als Kindernahrungsmittel bezeichnet ist 90 Prozent zu salzig, zu süß, zu fett, hat eine zu große Energiedichte und ist alles andere als für Kinder geeignet. Gerade im Internet kommt eine Lawine von Kinderwerbung auf uns zugerollt, so dass man sich kaum noch wehren kann. Die Industrie hat so ihre Tricks, wie sie Kinder früh an sich binden möchte. Zum Beispiel dadurch, dass sie - wie z.B. Kellogs – Werbung mit Arbeitsmaterial über Getreide verbindet. Andere lassen Comic-Figuren tanzend durchs Bild hüpfen oder es werden Spielsachen angeboten, so dass das Kind nicht nur eine Begehrlichkeit für das Nahrungsmittel hat, sondern denkt: "Oh das sind meine Freunde, das Spielzeug will ich haben." Dadurch wird es an den Geschmack herangeführt, der dann die ganze Jugend und das ganze Erwachsenenalter prägen kann.

Chile hat restriktive Werbeverbote

Die Nahrungsmittelindustrie wird dort verpflichtet auf ihre Produkte Etiketten zu machen, durch die auf hohen Salz-, Zucker und Kalorienkonsum hingewiesen wird. Jedes dieser Produkte darf dann in der Kernzeit von 6 bis 22 Uhr nicht beworben werden. Eine großartige Sache, denn so werden Kinder mit dieser Art von Nahrung und Werbung nicht konfrontiert. In Chile darf man keine Werbung für Spielsachen oder Zeichentrickcharakteren machen, die im Zusammenhang mit Kindernahrung stehen. Also z.B. kein Überraschungs-Ei, Kellogg‘s-Tiger, kein Nesquick-Hase oder diese tanzenden M&M’s. Es gibt noch keine Endergebnisse, aber spannend ist, dass ca. 77 Prozent aller Chilenen diese Gesetzt sehr begrüßen.

Und ihr Tipp?

Ich stelle fest: Wenn man mit Kindern kocht, ihnen Verantwortung gibt, sie mit an den Herd holt, mit zum Einkauf nimmt und ihnen erklärt, was frisch ist und was etwas angewelkt ist, dass sie selber mit der Zunge abschmecken können und selber die Gewalthoheit über das Würzen haben, dass Kinder dann in ihrem Tun und in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden und so gut wie immer ihr eigenes Werk dann auch essen. Selbst wenn es so etwas Absurdes ist wie Artischocken oder Rosenkohl.
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