Sag mir, wo die Blumen sind

19.05.2008
Vieles ist verschwunden, manches kommt hinzu, gelegentlich tauchen verschwundene Arten auch wieder auf - in der Pflanzen- und Tierwelt. Allein von den einheimischen 14.000 Pflanzenarten stehen fast 40 Prozent auf der Roten Liste, sind also gefährdet.
118 Arten sind vom Aussterben bedroht. Der Lungen-Enzian ist stark gefährdet, dafür verbreiten sich immer mehr Orchideen aus. Obst und Gemüsegärten haben in den Städten kaum noch Platz. Und laut Bundesregierung sind 72 Prozent der knapp 700 Bioptop-Typen gefährdet - Streuobstwiesen, Moore, Flüsse, Bäche.

Standortbestimmung Naturschutz
Von Claus Stephan Rehfeld

Einerseits hat sich der Zustand der Umwelt in den vergangenen 25 Jahren "deutlich verbessert", andererseits haben die ökologischen Probleme nicht abgenommen.

Einerseits wurde mit moderner Technik die Umwelt entlastet, andererseits kann alleine Technik die Probleme nicht lösen. Entscheidend wird sein, dass die Menschen ihr Verhalten ändern.

Wäre in den 80er Jahren der Katalysator nicht eingeführt worden, müsste heute um 75 Prozent weniger Auto gefahren werden, um dieselbe Luftqualität zu erreichen.

Einerseits hat die Gesamtfläche der Naturschutzgebiete in den letzten 10 Jahren um fast 30 Prozent zugenommen, andererseits "ist die Gesamtsituation der biologischen Vielfalt und des Naturhaushalts jedoch nach wie vor alarmierend".

Heute sind 36 Prozent aller Tierarten in Deutschland vom Aussterben bedroht. Bei den Farn- und Blütenpflanzen sind es fast 27 Prozent.

Einerseits gewähren immer mehr Naturschutzräume den Pflanzen und Tieren einen Lebensraum, andererseits nimmt die Zahl bedrohter Arten kaum ab, bei einigen Arten sogar zu.

Artenschutzmaßnahmen halfen gefährdeten Vogelarten wie Seeadler und Schwarzstorch. Deutliche Bestandseinbußen gibt es bei bodenbrütenden Arten der Agrarlandschaft wie Feldlerche und Kiebitz.

Einerseits stieg der Anteil der fast 8000 Naturschutzgebiete auf 3,3 Prozent der deutschen Gesamtfläche, andererseits nahm der Flächenverbrauch durch Siedlungs- und Verkehrsflächen in Deutschland auf 13% der Gesamtfläche zu.

Täglich wird eine Fläche von etwa 113 Hektar versiegelt. Zugleich gelten über 70 Prozent der Biotoptypen in Deutschland als gefährdet.

Einerseits nimmt die Zahl der Naturschutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke zu, andererseits überschneiden sich deren Flächen teilweise und werden von Straßen zerschnitten.

Gegenwärtig gibt es noch 562 unzerschnittene verkehrsarme Räume in Deutschland.

Einerseits ziehen immer mehr Menschen und Unternehmen "ins Grüne", andererseits belastet der Trend zur Suburbanisierung die Landschaft immer stärker.

Einerseits haben amtlicher und ehrenamtlicher Naturschutz in den letzten Jahren zu einigen Fortschritten geführt, andererseits kann man von einer "Trendwende im Naturschutz noch lange nicht reden".

Die Blüte der Orchideen
Von Kai Toss

Trotz umfangreicher Schutzmaßnahmen geht die Vielfalt in der heimischen Tier- und Pflanzenwelt weiterhin zurück. "Artenschwund" ist die gängige Bezeichnung dafür. Konkret besagt unter anderem: Ausgestorben oder verschollen sind 60 Farn- und Blütenpflanzen sowie 15 Moose. Andere Pflanzen wiederum erleben eine erstaunliche Blüte. Beispiel Nordrhein-Westfalen.

Heinz Baum vom Arbeitskreis Heimische Orchideen in Nordrhein-Westfalen beugt sich nach unten. Die Orchideenwiese auf dem kalkhaltigen Untergrund, die nur hin und wieder von Schafen beweidet wird, entwickelt sich prächtig:

"Das ist die Fliegenragwurz, eine dieser Ragwurzarten, die wir bei uns haben. Es sind Pflanzen, die nach der Eiszeit aus dem Mittelmeer hier eingewandert sind, also wärmeliebende Pflanzen."

Wärmeliebende Orchideen haben es seit Jahren gut. Vor allem die so genannte Bienenragwurz. Seit gut zehn Jahren taucht sie an immer mehr Stellen auf, wo sie vorher nie vorkam: Am Niederrhein, im Münsterland und sogar im Ruhrgebiet, berichtet der Orchideenfachmann Dr. Michael Luwe.

"Die Bocksriemenzunge oder der Hängende Mensch, die auch in diese Gruppe von mediterranen Arten gehört, da lässt sich das selbe beobachten. Auch hier ne Ausbreitungstendenz, die wir nur auf geänderte Klimabedingungen zurückführen können."

Einen Kilometer weiter gibt es ebenfalls Orchideen, allerdings nicht auf trockenen Wiesen, sondern im Moor: Das Naturschutzgebiet Kalksumpf bei Ripsdorf in der Eifel ist nur wenige hundert Quadratmeter groß, aber es ist ein Magnet, der Orchideenfreunde von weit her anzieht.

"Deshalb sind wir hier hergekommen, auch. Wir sind das Tal entlang gelaufen, haben uns jetzt ein wenig ausgeruht. Jetzt wollen wir noch durch das Gebiet laufen."

Noch wachsen Orchideen wie die Sumpf-Stendelwurz oder das gefleckte Knabenkraut in dem Feuchtgebiet, räumt Orchideenexperte Michael Luwe ein. Mit Blick auf den Klimawandel stellt er jedoch fest:

"Wir werden auf lange Sicht natürlich auch Verlierer haben. Und zwar alle die Arten, die an Feuchtstandorte angepasst sind. Da wären wir wieder bei diesem Gebiet hier, wo wir uns gerade befinden. Wir werden alle Moor-Arten noch stärker gefährdet haben."

Was bedeutet der Klimawandel nun also insgesamt für die heimischen Orchideen? Kurz gesagt: Wärmeliebende Arten profitieren. Orchideen, die auf feuchte Lebensräume angewiesen sind, könnten durch Austrocknung, verursacht durch die gestiegenen Temperaturen, seltener werden oder ganz verschwinden.


Der Herr der Äpfel
Von Hans-Peter Fischer

Die meisten Apfelsorten gibt es außerhalb der Supermärkte. Beschränkt sich die Artenvielfalt dort gemeinhin auf 10, so ist die Natur da etwas einfallsreicher und hält weit mehr als 1000 verschiedene Sorten bereit. Nur, und da sind wir beim Sündenfall, was nicht angeboten wird, droht zu verschwinden. Also braucht es Leute, die alte Apfelsorten erhalten und ihren Nährwert nicht unter den Tisch fallen lassen. Beispiel Niedersachsen.

Plattes Land, weit verstreute Ortschaften und jede Menge Nutzfläche – die Ebene zwischen Stade und Cuxhaven ist das ideale Zukunftslabor für den Apfel, meint Eckart Brandt. Er kultiviert hier Apfelsorten, die andernorts schon längst verdrängt und vergessen sind.

"Ich bin Retrofuturist. Ich guck mich erstmal um, was wir alles über Bord geschmissen haben. Da waren meiner Meinung nach so leckere Sachen dabei, die wir besser hätten an Bord behalten sollen, dann wären wir viel besser aufgestellt für dir Zukunft."

Der Erwerbsobstbau geht indes andere Weg: Standardsorten werden immer weiter untereinander gekreuzt. Supermarktäpfel sollen möglichst einheitlich schmecken und aussehen, vor allem muss der Ertrag stimmen.

Unklar bleibe, ob die genetische Basis nicht vielleicht gefährlich schmal werde, meint Brandt, ob das Kunstprodukt Apfel beispielsweise auf Klimaveränderungen reagieren könne.

"Hier sind die Leute ja auch schon sehr verunsichert: Ja, wenn es jetzt wärmer wird, was müssen wir dann für Apfelsorten anbauen? Jetzt fangen sie hier mit Braeburn an und so weiter. Ich find das also eine heikle Sache, weil das sind ja auch höchstempfindliche Geschöpfe, die wir da jetzt im modernen Erwerbsobstbau haben - die hängen ja alle am Tropf der Chemieindustrie."

Auf Brandts Obstwiesen hingegen wachsen Finkenwerder Herbstprinz und Schöner von Boskop, in seinen Muttergärten Knebusch und Rotfranch. Die alteingesessenen Sorten sind robust, tragen ohne Insektizide.

Außerdem passen sich Apfelbäume in Jahrhunderte langer Entwicklung ihrer Umgebung an – fast überall.

"Ich hab mal einen von einem Teufelsmoorbauern selbst ausgesäten Apfelbaum bekommen, der wuchs im Teufelsmoor, auf einem dreiviertel Meter Weißtorf, und da drunter kam Dünensand. Das sind also beides Bodenarten, wo eigentlich kein Apfelbaum drauf wächst."

Die Natur habe schon längst Antworten parat für Fragen, über die Gentechniker heute grübeln, so Brandt. Den Beweis liefere das retrofuturistische Apfellabor mitten im Stader Land.


Erneut vor großem Auftritt?
Von Maren Schibilsky

Das Moor hat seine Schuldigkeit getan, so könnte die sarkastische Abwandlung einer landläufig bekannten Redewendung lauten. Die Moore sind weitgehend verschwunden, Torfabbau und andere Nutzungsformen haben sie um 95 % reduziert. Das wiederum nahm beispielsweise dem Seggenrohrsänger seine Naturbühne, auf der er aufzutreten pflegte. Beispiel Brandenburg.

Er liebt keine großen Auftritte.

Nur drei Sekunden lang dauert die Gesangsstrophe eines Seggenrohrsängers. Es reicht ihm, ein eintöniges Schnarren von sich zu geben, unterbrochen von kurzen Pfeiftönen.

Auch wählt dieser kleine Singvogel nicht das Tageslicht für sein Konzert. Die ersten Nachtstunden oder die Zeit vor der Morgendämmerung genügen. Unscheinbar braun, mit dezenten Schwarzzeichnungen auf Rücken, Flügel und Kopf, brütet er im feuchten Röhricht. So gut getarnt, dass er für das menschliche Auge kaum zu erkennen ist.

Vielleicht hat deshalb niemand seinen unauffälligen Abgang von der Naturbühne bemerkt. Acrocephalus paludicola ist nicht nur in Deutschland, sondern weltweit vom Aussterben bedroht. Martin Flade vom Landesumweltamt Brandenburg hat die letzten Reste der Rohrsängerart auf der Erde aufgespürt.

"Der Seggenrohrsänger brütet in Deutschland nur noch im Unteren Odertal, im Nationalpark, in einem ganz kleinen Bestand. Ungefähr zehn Männchen, die dort singen."

Das liegt daran, dass sein Lebensraum nahezu vernichtet wurde. Im Nordosten Deutschlands genauso wie in West- und Teilen Osteuropas – erzählt Martin Flade.

"Die Art bewohnt Niedermoore. Und Niedermoore sind relativ leicht zu entwässern, um sie für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Aber es gab vor 90 Jahren noch in Brandenburg wahrscheinlich mehr Seggenröhrsänger als heute auf der ganzen Welt leben."

Durch die Trockenlegung der Seggen- und Niedermoore in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern schien sein Schicksal auch hierzulande fast besiegelt.
Doch jetzt kehrt der kleine braune Vogel auf die Naturbühne zurück. Zwölf Vertragsstaaten – darunter Deutschland - unterzeichneten ein internationales Abkommen zu seinem Schutz.


Noch ein ungebetener Gast
Von Matthias Günther

Handel und Wandel - so auch in der Natur. Die chinesische Wollhandkrabbe wurde vermutlich im Ballastwasser von Handelsschiffen nach Europa eingeschleppt. Ein handtellergroßer Rückenpanzer und behaarte Scheren sind ihre auffälligen Merkmale. Vor rund 100 Jahren wurde das erste Exemplar dieser Krebsart in der Alle gefunden, ab 1930 dann vermehrten sie sich rasant. Sehr zum Verdruss so mancher Fischer und Angler. Beispiel Schleswig-Holstein.

Hans Brauer ist Fischer auf dem Nord-Ostsee-Kanal. Er schätzt, dass zwischen den Steinen an den Uferböschungen Millionen Wollhandkrabben leben:

"Die fressen uns die Reusen kaputt. Wenn man Stellnetze gestellt hat und die Wollhandkrabben sind da drin, wollen sie sich wieder befreien und fressen die ganzen Netze kaputt."

Und manchmal macht sie sich auch über Fischer Brauers Fang her – die chinesische Wollhandkrabbe, Eriocheir senensis:

"Wenn man ein Stellnetz ein bisschen lange stehen hat, kommen die Wollhandkrabben auch und fressen diesen Fisch, der sich dann nicht mehr wehren kann im Netz, den fressen sie auch an."

Auch die Angler sind sauer. Die Wollhandkrabben fressen ihnen die Köder vom Haken, bevor ein Fisch überhaupt in die Nähe kommt, sagen sie. Ob Wollhandkrabben auch die Fischbestände dezimieren, weil sie Fischlaich fressen, ist nicht ganz klar. Martin Momme, Fischereireferent im schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministerium, verweist darauf, dass die Wollhandkrabbe hauptsächlich Pflanzen frisst:

"Man hat Magenuntersuchungen gemacht, da fand man so 70 Prozent pflanzliche Bestandteile. Wenn Fischlaich da ist, dann wird sie den auch fressen, aber da sind große Schäden an Fischlaich eigentlich nicht aufgetreten."

Die Wollhandkrabben leben im Süßwasser von Flüssen und Kanälen, aber zum Laichen kehren sie nach einigen Jahren in das Brackwasser der Elbmündung bei Brunsbüttel zurück. Die kleinen Wollhandkrabben beginnen dann, die Flüsse und Kanäle wieder hoch zuwandern – bis nach Tschechien.

"Je weiter elbaufwärts es geht, desto größer werden ja die Krabben, und gerade so im Berliner Raum hat sich ein hervorragender Markt für Wollhandkrabben entwickelt, die asiatische Bevölkerung isst die eben sehr gerne, für die Fischer ist es zum Teil sehr lukrativ. Aber bei uns schimpfen sie eher."

So wie Fischer Hans Brauer:

"Wir erschlagen die, wenn wir sie kriegen. Die Nerven kann man `n bisschen mit beruhigen damit, aber weg kriegt man sie nicht – das ist einfach ne Katastrophe."

Der Kampf gegen die Wollhandkrabbe ist zwecklos. Vielleicht sollten auch die Fischer in Küstennähe das Beste daraus machen und die zum Laichen zurückkehrenden ausgewachsenen Tiere fangen und vermarkten – als kleine Entschädigung für ihre zerstörten Reusen und Netze.


Die Versiegelung der Landschaft
Von Ruth Stellmann

In einem schwedischen Spielfilm trafen wir ihn wieder, den Herrn Volkswagener, wie er da hieß, den deutschen Prototypen des Visionärs. Stand er vor einem Getreidefeld, sah er vor seinem geistigen Auge schon eine Industrieanlage auf dem Acker entstehen. Und das nicht nur in Schweden, sondern auch hierzulande. Da heißt das "Flächenversiegelung". Beispiel Bayern.

Straubing in Niederbayern, Gewerbegebiet Hafen-Sand - eine der größten zusammenhängenden Gewerbeflächen in ganz Bayern. 218 ha mitten in den Donauauen am Rande des Naturparks Bayerischer Wald. Früher war das mal eine fruchtbare, weil sandige Gemüseanbaulandfläche - ohne die für die Wirtschaft wichtige Infrastruktur. Die notwendigen Zubringer zum Hafen mussten erst gebaut werden. Die 45.000 Einwohner Stadt Straubing entwickelte sich zu einem florierenden Wirtschaftstandort – auf Kosten der Natur. Ulrike Sacher-Ley, Umweltreferentin des Bund Naturschutz Bayern:

"Und da beisst sich dann einfach die Ökologie mit der Ökonomie ganz hart. Es werden Tatsachen geschaffen, die irreversibel sind. Und die Frage ist natürlich, welches Gewicht messen wir dem bei?"

20 ha Boden werden in Bayern täglich überbaut, das entspricht in etwa der Größe von 25 Fußballfeldern. In rasendem Tempo entstehen neue Wohnsiedlungen und neue Gewerbegebiete auf der so genannten Grünen Wiese, die dann naturgemäß keine mehr ist. Der Boden versiegelt durch grauen Asphalt und Beton.
"Wir verlieren einfach Lebensräume, auch Lebensmöglichkeiten. Und es ist ja schon bedauerlich, dass auch der Feldsperling jetzt auf der Roten Liste geführt werden muss, das eigentlich ein Tier ist, das man kennt, das einfach da ist. Und das ist jetzt noch keine von den Arten, die besondere Ansprüche stellen."

Wenige Kilometer vom Straubinger Gewerbegebiet Hafen-Sand entfernt beginnt der Nationalpark Bayerischer Wald – hier sind Eingriffe in die Natur strengstens verboten. Hier hat sogar der gefräßige Borkenkäfer freies Spiel, was durchaus für Unmut sorgt in manchen Bayerwaldgemeinden. Zusammen mit dem benachbarten Böhmerwald bildet der Nationalpark die größte zusammenhängende Waldfläche Zentraleuropas. Ein Ausgleich für die Bausünden in unseren Städten und Gemeinden? Ulrike Sacher-Ley

"Kann ich nur sagen: Ich möchte jetzt hier nicht nur im Gewerbegebiet spazieren gehen und jeden Sonntag dann bis in den Bayerischen Wald fahren müssen und dort die Autobahnen verstopfen - das kann die Fragestellung nicht sein. Das sind wenige Prozent der Landesfläche und ich glaub nicht, dass es Sinn machen kann, dass wir in wenigen Prozent der Landesfläche Erholung finden. Also wir würden alle Bemühungen um vernünftige Lebensbedingungen damit nur konterkarieren."


Landeplatz für Wildnis
Von Riccardo Mastrocola

Keen Jeld inne Tasche, aber drei Flughäfen, wa?! Nee, sagte der Berliner vor drei Wochen und stimmte für die Schließung eines Flugplatzes, an dem mehr Flugzeuge vorbei flogen als darauf landeten. Und was kann man nun aus alten Flugplätzen machen? Neue Landeplätze zum Beispiel … für Menschen und Natur. Beispiel Hessen.

Während des Kalten Krieges und während des ersten Irak-Feldzuges, da war das die Maurice Rose Airfield. Anfang der 90er Jahre war hier damit Schluss – die Militärhubschrauber blieben weg. Dafür kamen Libellen, Nachtigallen, Kröten – tausende ...

"Da gab es zwei Lager: Der klassische Naturschutz, die am liebsten die Fläche einzäunen wollten. Und das Umweltamt, das gesagt hat: Ne, das ist so ’ne wertvolle Flächen, auch für Freizeitnutzung, wir verzichten auf Zäune."

Also keine Zäune, dafür rund 5 Hektar, versiegelt mit Beton- und Asphaltpisten. Wo sie zu feinem Schotter zerkleinert worden sind, erkunden heute Tiere und Menschen die Wildnis – beide auf ihre Weise.

"Super! Wir spielen mit dem Kleinen hier rum, fangen Kaulquappen und schauen die Frösche an."

Die Stadt investiert, um das ehemalige Fluggelände der Wildnis zurückzugeben, wieder Feuchtwiesen entstehen zu lassen auf der einen Hälfte des Geländes. Auf dem anderen Teil herrscht Freizeitpark-Atmosphäre. Auf der Landebahn tummeln sich Radfahrer und Inline-Skater, Fußballspieler, Modellbauflugzeugfans … nur kein Zaun. Für den Natur-Lotsen Jens Torsten gleicht das manchmal einem Spagat.

"Es ist ein wenig wie: Die Geister, die ich rief. Ich habe letzten Sonntag allein 1000 Leute gezählt und es wird sicherlich noch mehr."

Nach fünf Jahren hat die Natur sichtbar – und erlebbar – auf dem vormaligen Flugplatz Einzug gehalten. Im Osten tummeln sich die Skater, im Westen die Tiere, dort Rollbahn, hier Wildnis. Ergebnis einer Entscheidung und eines Auftrages an einen Landschaftsarchitekten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, wurde mit dem Deutschen Landschaftsarchitektur-Preis ausgezeichnet.

Birken, Pappeln, Weiden machen sich breit, Rohrammer und Rotkehlchen setzen zur Landung an, Zugvögel übrigens auch zum Zwischenstopp. Überhaupt dominiert jetzt der Flugbetrieb der ganz anderen Art. Turmfalken, Mäusebussarde Nachtigallen steuern nun den ehemaligen Flugplatz in Frankfurt-Bonames an. Andere brauchen es nicht, sie sind schon hier – wie zum Beispiel die Kröten.