Sängerin Sandra Kreisler

Bissiger Charme von Georg Kreislers Tochter

Die Sängerin Sandra Kreisler tritt am 01.07.2015 in Berlin vor dem Gemüsehändler Bizim Bakkal im Wrangelkiez auf, um gegen die Kündigung des Mietvertrages zu protestieren.
Die Sängerin Sandra Kreisler tritt am 01.07.2015 in Berlin vor dem Gemüsehändler Bizim Bakkal im Wrangelkiez auf, um gegen die Kündigung des Mietvertrages zu protestieren. © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Von Blanka Weber · 15.01.2016
Ihre Lieder haben kantige Texte und manche einen bissigen Charme: Die Sängerin und Schauspielerin Sandra Kreisler sieht sich als politische und vor allem jüdische Künstlerin. Ihren Vater, den Musiker und Literaten Georg Kreisler, nennt sie ein Genie - ihre Kunst sei aber etwas völlig Eigenes.
Sandra Kreisler steht in Sweatshirt und Leder auf der Bühne, dutzende geflochtene dunkle Zöpfe wirbeln um den Kopf. Angepasst oder gar brav will sie nicht sein! Ihre Botschaft: ich sage, was ich denke, geradeaus und manchmal auch mit etwas bissigem jüdischen Humor.
Sandra Kreisler sieht sich als politische und vor allem jüdische Künstlerin, die einen scharfen und kritischen Blick auch in ihren Texten transportiert. Klare Worte statt liebreizender Lyrik - denn die Zeiten, so Sandra Kreisler, sind keineswegs besser geworden:
"Also mein Blick auf das Judentum heute hat sich sehr gewandelt und zwar nicht wegen der Juden, sondern wegen der Nichtjuden."
Veränderter Blick auf die Politik Israels
Antisemitismus, Gewalt, Anschläge auf Juden - all das empöre sie und sei Stoff für heutige Künstler:
"Vor 15 oder 20 Jahren konnte man mit völliger Berechtigung noch sagen, redet mit mir nicht über die Politik in Israel, ich bin europäischer Jude. Ich habe mit Israel nichts zu schaffen. Das geht heute nicht mehr."
Denn, so Sandra Kreisler, das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat dürfe nicht verhandelt werden. Auch nicht von jenen, die sich wie sie, eher als links denkende Mensch verstehen.
"Der Großteil der anderen linksdenkenden Menschen hat irgendwie auf seine Fahnen geschrieben, dass man ein Viertel der Weltbevölkerung als eine arme verfolgte Minderheit sehen muss, während man 0,2 Prozent der Weltbevölkerung, nämlich die Juden, als die böse Mehrheit sehen muss."
"Keiner kommt ohne Georg Kreisler aus"
Ihre Lieder haben teils bissigen Charme, kantige Texte, klare Botschaften. Andererseits beschreibt sie liebevolle Alltagsbilder, skurril und banal mitten aus dem vermeintlich tristen Leben der ganz gewöhnlichen Leute.
Um das Vermächtnis ihres Vaters gehe es ihr trotzdem nicht, betont die 1961 in München geborene Künstlerin. Sie arbeitet als Schauspielerin, Sprecherin, Sängerin und Coach, steht mit ihrem eigenen Musikprojekt mit dem Titel "WortFront" auf der Bühne, sie liebt Crossover von guten Texten mit Geige, Cello und Schlagzeug. Eine vielseitige Künstlerin ist es, die - trotz des eigenen Weges und mancher Kritik als Tochter an ihrem Vater - mit Respekt auf dessen künstlerisches Erbe blickt:
"Keiner, der deutschsprachige Lieder von Qualität singt, kommt ohne Georg Kreisler aus. Das ist einfach so. Man kann nicht ein vernünftiges, vollwertiges Programm zusammen stellen und nicht einen Kreisler drin haben, weil es gibt nicht so viele Leute, die so hervorragend geschrieben haben."
Mein Vater, sagt sie, war ein Genie, ihr Programm sei dennoch etwas völlig Eigenes.
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