Sachbuchbestenliste Februar

    Ein dichtes Netz geistiger Verbindungen

    05:42 Minuten
    Februar Sachbuchbestenliste
    Maria Popovas "Findungen" ist eines von sechs neuen Büchern in der Sachbuchbestenliste. "Der Code des Kapitals" und "Sexkultur" waren schon im Januar dabei. © Deutschlandradio / Diogenes, Suhrkamp, Rowohlt, Kiwi
    27.01.2021
    Audio herunterladen
    Maria Popova springt mit "Findungen" gleich an die Spitze. Ihre These: Neues entsteht, wenn sich Menschen mit unterschiedlichen Ideen zufällig begegnen. Julian Barnes auf Rang drei schreibt über einen Arzt, der Wilde, Maupassant und Proust kannte.
    Deutschlandfunk Kultur, ZDF und "Die Zeit" präsentieren gemeinsam die stärksten Sachbücher des Monats. Gekürt werden die Titel von einer Jury aus 30 Kritikerinnen und Kritikern.

    1 (-) Maria Popova: "Findungen"
    Aus dem Englischen von Stefanie Schäfer, Heike Reissig und Tobias Rothenbücher
    Diogenes, Zürich 2020
    896 Seiten, 28 Euro

    Das Buchcover "Findungen" von Maria Popova
    Maria Popova: "Findungen"© Diogenes Verlag / Deutschlandradio
    "Unser Streben nach Wahrheit" schreibt Maria Popova, werde von "unsichtbaren Verbindungen" geleitet. Etwas Neues entstehe dann, wenn sich Menschen mit unterschiedlichen Ideen zufällig begegnen. Die in Bulgarien geborene Intellektuelle porträtiert deshalb Geistesgrößen, die etwas zum ersten Mal gedacht haben: Rachel Carson etwa, Begründerin der amerikanischen Umweltbewegung. 57 Punkte

    2 (9) Katharina Pistor: "Der Code des Kapitals. Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft"
    Aus dem Englischen von Frank Lachmann
    Suhrkamp, Berlin 2020
    440 Seiten, 32 Euro

    Das Cover von Katharina Pistors Buch "Der Code des Kapitals, Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft" auf orange-weißem Hintergrund
    Katharina Pistor: "Der Code des Kapitals. Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft"© Suhrkamp / Deutschlandradio
    Wie entsteht Kapital? Karl Marx hatte eine Antwort: Indem Kapitalisten die Arbeitskraft ihrer Beschäftigten ausbeuten. Die Juristin Katharina Pistor sieht das anders: "Nicht ein physischer Produktionsprozess, sondern die rechtliche Codierung ist das Entscheidende." Kapital wird also nicht in Fabriken geschaffen, sondern hinter den Türen der Anwaltskanzleien. 48 Punkte
    Unsere Rezension

    3 (3) Bettina Stangneth: "Sexkultur"
    Rowohlt, Hamburg 2020
    288 Seiten, 22 Euro

    Das Cover von Bettina Stangneths Buch "Sexkultur" auf orange-weißem Hintergrund
    Bettina Stangneth: "Sexkultur"© Rowohlt / Deutschlandradio
    Sex ist so natürlich, wie er Spaß machen kann. Und trotzdem: Im 21. Jahrhundert empfinden wir unsere Sexualität vor allem als Problem: als Ursache von Missbrauch und Unzufriedenheit. Die Philosophin Bettina Stangneth plädiert für einen ehrlichen, einen positiven Blick auf die schönste Sache der Welt. Ein Hohelied auf die leidenschaftliche Liebe. 35 Punkte

    3 (-) Julian Barnes: "Der Mann im roten Rock"
    Aus dem Englischen von Gertrude Krueger
    Kiepenheuer und Witsch, Köln 2020
    304 Seiten, 24 Euro

    Cover des Buchs "Der Mann im roten Rock" von Julian Barnes vor einem Aquarellhintergrund mit orangenen Farbflächen
    Julian Barnes; "Der Mann im roten Rock" © Kiwi Verlag / Deutschlandradio
    Die Belle Époque ließe sich aus Sicht vieler großer Persönlichkeiten erzählen: Oscar Wilde etwa, Guy de Maupassant oder Marcel Proust. Der Schriftsteller Julian Barnes wählt für sein buntes Epochenporträt eine Figur, die heute weitestgehend unbekannt ist: Den Arzt Dr. Samuel Pozzi. Ein Freigeist, Visionär und Intellektueller, der sie alle kannte. 35 Punkte

    5 (-) Alex Ross: "Die Welt nach Wagner"
    Aus dem Englischen von Gloria Buschor und Günter Kotzor
    Rowohlt, Hamburg 2020
    912 Seiten, 40 Euro

    Cover von Alex Ross' Buch "Die Welt nach Wagner" auf orange-weißem Hintergrund
    Alex Ross: "Die Welt nach Wagner"© Rowohlt / Deutschlandradio
    Nicht um Richard Wagners Leben geht es in Alex Ross' Buch, sondern um sein Nachleben. Der Literaturkritiker des Magazins "New Yorker zeigt": Mehr noch als die Musik hat Wagner die Philosophie, die Literatur und die Kunst beeinflusst. Wir blicken auf die Welt durch Wagners Augen. Ein Blick, der von Genie und Wahn geprägt ist. 34 Punkte

    6 (-) Judith Butler: "Die Macht der Gewaltlosigkeit"
    Aus dem Englischen von Reiner Ansén
    Suhrkamp, Berlin 2020
    250 Seiten, 28 Euro

    Das Cover von Judith Butlers Buch "Die Macht der Gewaltlosigkeit" auf orange-weißem Hintergrund.
    Judith Butler: "Die Macht der Gewaltlosigkeit"© Suhrkamp / Deutschlandradio
    "Viele halten das Eintreten für Gewaltlosigkeit für unrealistisch, aber vielleicht sind sie zu gebannt von der Realität" schreibt die Philosophin Judith Butler. Dagegen sollten wir uns fragen, in welcher Welt wir eigentlich leben wollen. Ihre Antwort ist klar: In einer Welt radikaler sozialer Gleichheit, gewaltlos erkämpft – aber mit aller Macht. 33 Punkte

    7 (-) Christopher Clark: "Gefangene der Zeit. Geschichte und Zeitlichkeit von Nebukadnezar bis Donald Trump"
    Aus dem Englischen von Norbert Juraschitz
    DVA, München 2020
    337 Seiten, 26 Euro

    Zu sehen ist das Cover des Buches "Gefangene der Zeit" von Christopher Clark.
    Christopher Clark: "Gefangene der Zeit"© DVA / Deutschlandradio
    Ob Brexiteer-Spindoktor Dominic Cummings oder Donald Trump: Die Machtmenschen der Gegenwart mögen wie ein vollkommen neuer Typus wirken. Dabei hat schon Otto von Bismarck einen aggressiven, populistischen Politikstil gepflegt, den sich Cummings heute zum Vorbild nimmt. In 13 Essays zeigt der Historiker Christopher Clark auf, wie Vorstellungen von Macht über die Geschichte hinweg fortwirken. 30 Punkte

    7 (-) Hans Ulrich Gumbrecht: "Prosa der Welt, Denis Diderot und die Peripherie der Aufklärung"
    Suhrkamp, Berlin 2020
    400 Seiten, 36 Euro

    Das Cover von Hans Ulrich Gumbrechts Buch "Prosa der Welt. Denis Diderot und die Peripherie der Aufklärung" auf orange-weißem Hintergrund
    Hans Ulrich Gumbrecht: "Prosa der Welt, Denis Diderot und die Peripherie der Aufklärung"© Suhrkamp / Deutschlandradio
    Denis Diderot war anders. Anders als die anderen Aufklärungsphilosophen Voltaire, Rousseau oder Kant, findet der Romanist Hans Ulrich Gumbrecht. Diderot dachte nicht in geschlossenen Systemen, verzichtete auf Schlüsselbegriffe, mied es, sich festzulegen. Wegen dieser Offenheit ist der "Denker der Kontingenz" noch heute aktuell. 30 Punkte

    9 (2) Philippe Sands: "Die Rattenlinie – ein Nazi auf der Flucht. Lügen, Liebe und die Suche nach der Wahrheit"
    Aus dem Englischen von Thomas Bertram
    S. Fischer, Frankfurt am Main 2020
    25 Euro, 544 Seiten

    Das Cover von Philippe Sands Buch: "Die Rattenlinie – ein Nazi auf der Flucht: Lügen, Liebe und die Suche nach der Wahrheit"
    Philippe Sands: "Die Rattenlinie – ein Nazi auf der Flucht: Lügen, Liebe und die Suche nach der Wahrheit"© S. Fischer / Deutschlandradio
    Als "Rattenlinien" bezeichneten US-Agenten nach dem Krieg Fluchtrouten für Nazis. Einer jener flüchtigen NS-Verbrecher war Otto Wächter. Nach einer Begegnung mit dessen Sohn erzählt Philippe Sands, britischer Anwalt und Bestsellerautor, Wächters Leben. Eine Geschichte von Liebe, Intrigen, Spionage – und den Verstrickungen der katholischen Kirche. 27 Punkte

    10 (6) Christina Pareigis: "Susan Taubes. Eine intellektuelle Biographie"
    Wallstein, Göttingen 2020
    472 Seiten, 29 Euro

    Das Cover von Christina Pareigis' Buch: "Susan Taubes. Eine intellektuelle Biographie" auf orange-weißem Hintergrund
    Christina Pareigis: "Susan Taubes. Eine intellektuelle Biographie"© Wallstein / Deutschlandradio
    1939 erreichte Susan Taubes als Elfjährige New York. Vor ihr lag ein kurzes Leben, verstreut auf der Welt: Sie lebte in Harvard, Jerusalem oder Paris. Wie diese Ortlosigkeit des jüdischen Exils das unbedingt wiederzuentdeckende Werk dieser Intellektuellen prägte, zeigt diese Biografie. Dabei blieb Taubes’ Fluchtpunkt immer Budapest, die Stadt ihrer Kindheit. 26 Punkte

    So funktioniert die Abstimmung:

    Jedes Jurymitglied vergibt an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.

    Die Jury der Sachbuch-Bestenliste:

    René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur)
    Peter Arens (ZDF)
    Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur)
    Ralph Bollmann (FAS)
    Stefan Brauburger (ZDF)
    Alexander Cammann (DIE ZEIT)
    Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel)
    Heike Faller (DIE ZEIT)
    Daniel Fiedler (ZDF)
    Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch)
    Manuel J. Hartung (DIE ZEIT)
    Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur)
    Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur)
    Inge Kutter (DIE ZEIT)
    Hannah Lühmann (DIE WELT)
    Ijoma Mangold (DIE ZEIT)
    Susanne Mayer (DIE ZEIT)
    Tania Martini (taz)
    Catherine Newmark (Deutschlandfunk Kultur)
    Jutta Person (freie Literaturkritikerin)
    Bettina von Pfeil (ZDF)
    Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung)
    Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur)
    Anne Reidt (ZDF)
    Anna Riek (ZDF)
    Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte)
    Hilal Sezgin (freie Autorin)
    Catrin Stövesand (Deutschlandfunk)
    Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)
    Julia Voss (Leuphana-Uni Lüneburg)

    Mehr zum Thema