Sachbuch über Ibn Battuta

Abenteuerliche Lebensreise durch die islamische Welt

Gemälde einer Siedlung in den Fuchun Bergen des chinesischen Künstlers aus der Yuan Dynastie, Huang Gongwang
Gemälde aus der Yuan Dynastie von Huang Gongwang - In Ägypten erhielt Ib Battuta die Prophezeiung, er werde bis nach China reisen. © picture alliance / dpa / Chang Pingtang
Von Günther Wessel · 24.02.2016
Er war einer der bedeutendsten Reisenden aller Zeiten: Abu Abdullah Muhammad Ibn Batutta, der im 14. Jahrhundert große Teile der bekannten Welt durchquerte. Der Journalist Erich Follath hat sich auf seine Spuren begeben.
Er war einer der bedeutendsten Reisenden aller Zeiten: Abu Abdullah Muhammad Ibn Batutta, der im 14. Jahrhundert große Teile der bekannten Welt – von Marokko bis China – durchquerte. Der Journalist Erich Follath hat sich im Jahr 2015 auf seine Spuren geheftet, eine Reise durch die Vergangenheit und Gegenwart unternommen und in "Jenseits aller Grenzen. Auf den Spuren des großen Abenteuers Ibn Battuta durch die Welt des Islam" eine spannende Mischung aus historischer und aktueller Reportage verfasst.
Zwei große Reisende gibt es im 12./13. und 14. Jahrhundert: Marco Polo und Ibn Battuta. Beide waren jahrzehntelang unterwegs, beide verfassten mit Co-Autoren ihre Beschreibungen, bei beiden wird deren Wahrheitsgehalt mitunter bezweifelt. Bei allen Ähnlichkeiten gibt es doch einen gravierenden Unterschied: Marco Polo reiste in die Terra inkognito, in völlig unbekannte Gebiete, Ibn Batutta hingegen bewegte sich im "Dar al-Islam", im "Haus des Islam", in Regionen, in denen der Islam damals Staatsreligion war oder in denen es große muslimische Siedlungen gab.
Er war – wie Follath schreibt – als Weltbürger unterwegs, ein Bürger der großen islamischen Welt, die im 14. Jahrhundert von Südspanien über Nordafrika, den arabischen Raum, über Mittelasien, Indien und Indonesien bis nach China reichte. Und so weitete sich was als einfache Pilgerfahrt eines islamischen Rechtsgelehrten nach Mekka begann, zu einer abenteuerlichen Lebensreise, auch vielleicht ausgelöst durch zwei Prophezeiungen, die Ib Battuta angeblich in Ägypten erhielt: Er werde bis nach Indien und China reisen.

Follath erzählt Ibn Battutas Reisetagebuch lustvoll nach

Erich Follath folgt seinem Helden. Er beschreibt 13 Städte, beginnend mit Ibn Battutas Geburts- und Sterbeort Tanger und besucht auf dessen Spuren zwölf weitere – darunter Kairo, Mekka, Istanbul, Dubai und Hangzhou, chronologisch dem Lebenslauf des Ibn Battutas folgend. Jedes Kapitel behandelt einen Ort und beginnt mit der Beschreibung von der Reise dorthin und dem damaligen Leben, also einer unterhaltsamen, einordnenden Nacherzählung von Ibn Battutas Reisetagebuch. Denn dieser berichtete ausführlich von den Gefahren und des Überraschungen des Unterwegsseins. Er erzählte von Kämpfen mit afghanischen Wegelagerern, von überbordendem Luxus und furchtbarer Despotie am Hofe des Sultans von Delhi, seltsamen schwebenden Yogis, einem Amazonenreich in Ostasien oder dem Zusammentreffen mit einem marokkanischen Landsmann in China.
Die fast 700 Jahre alte Darstellung kontrastiert und ergänzt Follath mit aktuell recherchierten Stücken, die gut zwischen Reportage-Elementen, historischen und politischen Einordnungen changieren. Er schreibt über Paul Bowles Haschischräusche in Tanger, über die vorsichtige Demokratisierung Marokkos, die verlorene Revolution in Ägypten und die Entwicklung in Syrien oder den Spagat zwischen weltoffenem und fundamentalistischen Islam, der sich täglich auf den Straßen von Jakarta abspielt. Nicht überall wird man seinen Einschätzungen zustimmen. Dennoch gelingt Follath auf Ibn Battutas Spuren ein eindrucksvolles, vielschichtiges Bild der heutigen islamischen Welt – ein sehr lesenswertes und erhellendes Porträt des "Dar al-Islam".

Erich Follath: Jenseits aller Grenzen. Auf den Spuren des großen Abenteuers Ibn Battuta durch die Welt des Islam
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2016
528 Seiten, 24,99 Euro

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