Ruth Bader Ginsburg gestorben

Trauer um die Ikone liberaler Rechtsprechung

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Trauer um die US-Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg
Die Trauer über den Tod der Verfassungsrechtlerin Ruth Bader Ginsburg ist bei vielen US-Bürgern groß. © picture-alliance/newscom/Ken Cedeno
Thilo Kößler im Gespräch mit Axel Rahmlow · 19.09.2020
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Die Richterin am Obersten Gericht der USA, Ruth Bader Ginsburg, ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Das dürfte die Fronten im Wahlkampf um das Präsidentenamt weiter verhärten, sagt Korrespondent Thilo Kößler.
Ruth Bader Ginsburg, legendäre Juristin und Verfechterin der Frauenrechte, war seit ihrer Einsetzung 1993 unter US-Präsident Bill Clinton bis zu ihrem Tode am Freitag Richterin am Supreme Court. Sie habe sich wie keine Zweite für Frauenrechte und Gleichstellung eingesetzt, würdigt unser USA-Korrespondent Thilo Kößler ihre Verdienste.

Idol für Jugendliche

"Sie war schon zu Lebzeiten eine Ikone, eine Ikone der liberalen Rechtsprechung", so Kößler. Sie habe die Rechtsprechung in den USA für Jahrzehnte geprägt. Die Juristin, die kurz RBG genannt wurde, habe in den USA Kultstatus. "Viele Jugendliche tragen ein Tattoo mit ihrem Konterfei am Oberarm oder Oberschenkel."
Nun habe US-Präsident Donald Trump die Möglichkeit, die Rechtsprechung in den USA über Jahrzehnte konservativ zu beeinflussen. Er habe schon 2017 und 2018 zwei Richterposten mit Anhängern seiner Politik besetzen können, die sich als politische Richter verstünden.
Trump habe die konservative Wende am Obersten Gericht und in der Rechtsprechung immer als wichtiges politisches Projekt bezeichnet. "Es geht um so wichtige Themen wie Abtreibung, das Wahlrecht, die Justizreform, die Polizeireform, um die Migration." Das seien alles hochemotional belastete Themen für die Rechtskonservativen.

Auswirkungen auf die Präsidentenwahl

Die Frage sei jetzt, ob Trump es noch schaffe, bis zum Tag der Präsidentenwahl am 3. November oder bis zur Amtseinführung am 20. Januar den Richterposten neu zu besetzen. Kößler sagt, er vermute das nicht, denn die durchschnittliche Berufungsdauer liege bei 69 Tagen. "Aber es werden schon Stimmen laut, die da sagen, wir werden das durchsetzen."
Sollte die Präsidentenwahl knapp ausgehen, habe der Supreme Court das letzte Wort, in dem schon jetzt die konservativen Richter mit 5:3 die Mehrheit hätten. Sie könnten Trump eine zweite Wahlzeit verschaffen. "Das ist die eigentliche Relevanz der jetzigen Konstellation", so Kößler.
Das ganze Thema werde jetzt in den Wahlkampf hineinspielen, erwartet der USA-Korrespondent. "Es wird auf beiden Seiten die Wähler mobilisieren." Die Republikaner würden die Chance sehen, das Abtreibungsrecht und die gleichgeschlechtliche Ehe abzuschaffen.
Die Demokraten würden ihrerseits die liberalen Werte verteidigen wollen. "Der Wahlkampf wird an Bitterkeit noch einmal deutlich zunehmen." Er sehe Vorteile für Trump bei der Mobilisierung seiner Wähler.
(gem)
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