Russland will die ISS verlassen

Eiserner Vorhang im All

06:46 Minuten
Eine russische Sojus-2.1b Trägerrakete startet von der Basis mit einem großen Feuerschein durch die Verbrennungen die der Antrieb benötigt.
Die ISS ist auf die russischen Sojus-Trägerraketen angewiesen. © picture alliance/dpa/TASS/Yuri Smityuk
Dirk Lorenzen im Gespräch mit Julius Stucke · 26.07.2022
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Die russische Raumfahrtbehörde will sich 2024 aus der ISS-Raumstation zurückziehen. Das sei dann das Ende der Mission, meint der Wissenschaftsjournalist Dirk Lorenzen. Russland werde sich damit allerdings auch selbst schaden.
Die Raumstation ISS ist für viele der Inbegriff friedlicher, internationaler Zusammenarbeit. Seite an Seite forschen dort seit 1998 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt. 16 Staaten und fünf Raumfahrtagenturen betreiben die Station.
Bald sollen es nur noch vier sein: Russland hat seinen Ausstieg aus dem Projekt angekündigt, 2024 soll Schluss sein. Dann stehen keine russischen Sojus-Raumschiffe und Progress-Raumtransporter mehr zur Verfügung.

Das Ende der gesamten Mission

Wenn die russische Raumfahrtbehörde tatsächlich Ernst mache, wäre dies das Ende der gesamten Mission, befürchtet der Wissenschaftsjournalist Dirk Lorenzen. Denn ohne Russland könne die Sicherheit der Menschen in der Raumstation nicht mehr gewährleistet werden.
Die russischen Sojus-Raumschiffe gelten als eines der sichersten Transportsysteme in der Raumfahrt. Die Progress-Raumtransporter wiederum hindern die ISS am Absinken gen Erde. Die USA verfügten noch nicht über ein vergleichbar gutes und zuverlässiges System, dass Sojus und Progress ersetzen könne, sagt Lorenzen.

Die Raumstation teilen?

Was also tun – die ISS splitten, in einen russischen und einen internationalen Teil, als gäbe es den Eisernen Vorhang wieder? Oder die Raumstation abwechselnd nutzen?

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Undenkbar, sagt der Wissenschaftsjournalist: „Das würde die Menschen an Bord massiv gefährden.“ Viel Technik, inklusive der Rettungskapseln, lasse sich nicht teilen. „Man kann die ISS nur gemeinsam betreiben oder gar nicht.“
Als Konsequenz aus Russlands Rückzug bleibe dann nur, die ISS sich selbst zu überlassen. Das aber würde bedeuten, dass sie jedes Jahr weiter absinken und irgendwann „südlich einer Linie zwischen Bielefeld und Magdeburg“ abstürzen werde, erläutert Lorenzen. Alternativ könne man die Raumstation kontrolliert absinken lassen und sie schließlich im Südpazifik versenken.

Russland tut sich keinen Gefallen

Dass Russland sich zurückziehen wolle, sei überraschend, sagt Lorenzen. „Denn die Russen treffen sich damit selbst besonders stark.“ Ihre Ankündigung, innerhalb von zwei Jahren eine Ersatzstation bauen zu wollen, sei „reines Wunschdenken“, weil so etwas viel länger dauere. „Ob Russland das heute überhaupt noch kann – da haben viele ihre Zweifel.“
Sich in Chinas Raumfahrtmission einzuklinken, sei ebenfalls keine Option – deren Raumstation befinde sich viel zu weit südlich für die Startpunkte der russischen Astronauten. „Die große Raumfahrnation, die mit Juri Gagarin den ersten Menschen ins All gebracht hat, hat plötzlich kein Ziel mehr da oben.“
(mkn)
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