Russische Nachwuchs-Musiker

Jedes Talent muss seine Kunst zeigen dürfen

07:47 Minuten
Ein Mann mit kurzen Locken sitzt an einem schwarzen Flügel. Er gibt gerade ein Konzert. Er hat 2013 am Van Cliburn Wettbewerb in den USA teilgenommen.
Zwei der sechs Finalisten des Van-Cliburn Wettbewerbs in den USA stammten 2017 aus Russland. Der russische Pianist Nikolai Khozyainov erreichte 2013 das Semifinale. © imago images / zuma wire
Peter Paul Kainrath im Gespräch mit Mascha Drost · 09.03.2022
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Unter dem Konflikt zwischen Russland und dem Westen darf der musikalische Nachwuchs nicht leiden, mahnt der Weltverband der internationalen Musikwettbewerbe. Dennoch haben sich namhafte Wettbewerbe gegen die Teilnahme russischer Musiker ausgesprochen.
Der Präsident der Weltföderation der internationalen Musikwettbewerbe, Peter Paul Kainrath, hat sich klar gegen einen Ausschluss russischer Teilnehmer und Teilnehmerinnen von internationalen Wettbewerben ausgesprochen. "Alle Kandidaten aller Nationen sollten dasselbe Recht haben, ihre Talente zeigen zu können", betont er. Kainrath sieht diese Entscheidung als "kleinen Beitrag", den Dialog aufrechtzuerhalten und nicht "den Hass, der sich breitmacht, zu fördern".
Alle elf Mitglieder des Vorstands der Weltföderation haben sich so positioniert. Mindestens zwei Wettbewerbe halten sich aber nicht an diese Empfehlung. Der Honens-Klavierwettbewerb im kanadischen Calgary hat russische Musiker und Musikerinnen von der Teilnahme ausgeschlossen, genauso wie die Dublin Piano Competition.

Vergleich mit dem Kalten Krieg

Für Musikerinnen und Musiker aus der Klassik haben Nachwuchswettbewerbe eine enorme Bedeutung. Während des Kalten Krieges durfte der US-Amerikaner Van Cliburn in Moskau am Tschaikowsky-Wettbewerb teilnehmen, er gewann ihn 1958 sogar. Dieses Ereignis war für Cliburn der Startschuss für eine große Karriere.
Seine Auszeichnung wurde damals als Sieg des Westens politisiert. Mit der jetzigen Situation sei das allerdings nur schwer vergleichbar, meint Kainrath. Damals habe es keine unmittelbaren Kampfhandlungen gegeben.
Der Präsident des Weltverbands klagt über eine momentane "Bekenntnishysterie, die unmittelbare Entscheidungen setzen will". Zugleich drückt er aber auch seine "größtmögliche Solidarität mit der Bevölkerung in der Ukraine" aus und berichtet von einem ukrainischen Musiker, der in wenigen Wochen zu einem spanischen Wettbewerb hätte fahren sollen, jetzt aber nicht ausreisen oder sich vorbereiten kann.

Junge Talente könnten verloren gehen

Der Horowitz-Jugend-Wettbewerb, der in der Ukraine hätten stattfinden sollen, ist verschoben werden. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie und dem Krieg könne eine ganze Generation von jungen ukrainischen und russischen Talenten einfach verloren gehen, fürchtet Kainrath.
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