Russische Punkband Tarakany! löst sich auf

"Wir können nicht einmal theoretisch auftreten"

09:13 Minuten
Der Sänger der Punkrockband Tarakany! singt auf einer Bühne. Er hebt seine tätowierten Arme, die das Mikrofon halten.
Sänger Dmitri Spirin und seine Bandkollegen von Tarakany! übten stets Kritik am Putin-Regime und solidarisierten sich mit Alexej Nawalny. © picture alliance / Photoagency Interpress
Dmitri Spirin im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 06.05.2022
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Tarakany! haben eine schwere Entscheidung getroffen: Die russische Punkrock-Band hat sich aufgelöst. Auftrittsverbote und die schwierige Lage für kritische Künstler in Russland hätten ihnen keine andere Wahl gelassen, sagt Sänger Dmitri Spirin.
Es kommt immer mal wieder vor, dass sich sehr erfolgreiche Bands auflösen. Auch die russische Punkrockband Tarakany! (zu Deutsch: Kakerlake) gehört nun dazu. Die Musiker füllten große Konzerthallen und eroberten auch in den Charts obere Plätze. Damit ist seit April erst einmal Schluss.
Der Grund für die Auflösung: Tarakany! war der russischen Regierung wegen ihrer kritischen Haltung offenbar schon seit längerem ein Dorn im Auge. Die Musiker unterstützten den Regimekritiker Alexej Nawalny, solidarisierten sich mit belarusischen Künstlern und protestierten gegen die Annexion der Krim.

Der Krieg brachte das Fass zum Überlaufen

Seit anderthalb Jahren hätten sie nicht mehr auf Konzertbühnen auftreten dürfen, sagt Sänger Dmitri Spirin, der jetzt im Ausland lebt. "Nach dem Kriegsbeginn wurden Gesetze erlassen, die es der russischen Bevölkerung nicht mehr erlauben, den Krieg oder die russische Regierung offen zu kritisieren – Kritik gleicht einer Straftat", skizziert der Musiker die schwierige Situation.

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Der Krieg habe das Fass zum Überlaufen gebracht. "Da ich zu diesem Zeitpunkt schon sehr viel kritisiert habe und im Ausland war, habe ich die Möglichkeit verloren, nach Russland zurückzukehren. Auch das wurde zu einem Grund für die Band, unsere Karriere zu beenden – wir hätten nicht einmal theoretisch auftreten können."
Letztlich ausschlaggebend dafür, dass Tarakany! ins Schussfeld der Putin-Regierung geriet, könnte das Eintreten der Band für Nawalny gewesen sein, vermutet Spirin: "Viele Künstler, darunter auch wir, und andere berühmte Persönlichkeiten haben ein Video veröffentlicht, in dem sie einen fairen Prozess für ihn fordern."

"Es gibt keine Erklärungen"

Den wahren Grund herauszufinden sei jedoch kaum möglich, "weil die Regierungskräfte in Russland ihren Opfern nicht erklären, weshalb sie einen bekämpfen – zum Beispiel einen Künstler, einen Aktivisten, einen Politiker. Man kann es nur ahnen: Es gibt keine Gespräche, keine Erklärungen, keine Verhandlungen. Der Druck fängt einfach an und das war’s."
Auch außerhalb Russlands suche er weiterhin über Social Media-Kanäle den Kontakt zu seinen ukrainischen Bekannten und Followern. "Sie berichten davon, was in ihren Städten passiert, sie schicken mir Videos, sie schicken mir Links. Manchmal bekomme ich Informationen über irgendwelche Aktivitäten des russischen Aggressors früher als die offiziellen Medien."
Viele der ukrainischen Follower schätzten die Solidarität der Band sehr. Und: "Sie wundern sich, warum russische Künstler, deren Fans sie sind, schweigen oder sich nicht eindeutig äußern."
(mkn)

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