Russische Musiker und Musikerinnen im Exil

Geflohen vor Putins Regime

Eine junge Geigerin mit dunklem Zopf hat der Kamera beim Spielen den Rücken zugewandt.
Viele Musikerinnen und Musiker kehrten ihrer russischen Heimat den Rücken, weil sie bei Kritik an Putins Vorgehen in große Schwierigkeiten kommen. © Pexels / cottonbro studio
Von Julia Smilga · 19.01.2024
Viele russische Musikerinnen und Musiker verließen mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine ihr Land, ließen ihr geordnetes Leben hinter sich. Sie gingen nach Armenien, Serbien, Frankreich oder Deutschland. Julia Smilga hat nachgespürt, wie es ihnen heute dort geht.
Hunderttausende Menschen haben Russland nach dem Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine verlassen. Sie fliehen, weil sie in ihrer Heimat keine Zukunft mehr sehen, oft aus Protest gegen Putins Regime oder auch wegen der Angst, in die Armee einberufen zu werden. Unter ihnen gibt es viele Musiker und Musikerinnen.

Wenn es sich um einen Krieg gehandelt hätte, in dem wir angegriffen worden wären, wäre ich nicht weggegangen. Ich war mir am Anfang so sicher, dass alle vernünftigen Menschen diesen Krieg sofort verurteilen würden, dass uns ein Putsch gegen die Macht bevorsteht, der all diese Verrückten wegfegen würde. Aber ich habe mich geirrt. Der Großteil unserer Bürger zeigte sich genau so verrückt.

So die Pianistine und Korrespetitorin Rebekka Magomedowa. Viele ihrerer Musikerkollegen haben ihre sicheren Stellen in Orchestern oder an den Musikhochschulen, ihr geordnetes Leben hinter sich gelassen.

Nach dem Entschluss zu gehen

Heute leben sie in Armenien, Aserbaijdschan, Serbien, Frankreich oder Deutschland, und versuchen, sich ein neues künstlerisches Leben in der Fremde aufzubauen.

Kündigung nach Kritik

Ivan Bushuev war Dozent für das Fach „Flöte“ an der Staatlichen Hochschule für Musik und Pädagogik in Moskau. Nach einem kritischen Post wurde ihm gekündigt.
Daraufhin begann, nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Er beschäftigte sich verstärkt mit Sounddesign. Nach der Mobilmachung ging er mit seiner Frau nach Armenien. Zum einen wohnte dort seit langem schon sein Vater, zum anderen brauchte er kein Visum, denn russische Bürger können einfach einreisen.

Ein Preis für Komposition

Im Mai 2023 gewann sein Stück mit dem sprechenden Titel „Zerstörte Träume“ den ersten Preis beim armenischen Kompositionswettbewerb „Tigran Mansurian“. Trotz dieser Anerkennung sah Ivan Bushuev kaum berufliche Perspektiven für sich in Armenien. Dann wurde seiner Frau, in der IT- Branche im Sommer 2023 ein Job in Belgrad angeboten

Wieder umziehen, wieder das Leben von Grund auf neu aufbauen... Das macht einen super müde. Wir haben viel Zeit mit Diskussionen verbracht, „Für“ und „Wider“ abgewogen. Aber am Ende haben wir uns für Belgrad entschieden. Wir wollten ein anderes Leben ausprobieren. Und so kamen wir Anfang August hierher.

Seit August 2023 wohnt Ivan mit seiner Frau nun in Belgrad. Seine Konzertkarriere sei zu Ende, sagt Ivan: seine Flöte hat er lange nicht mehr angerührt. Aber er sieht diese Veränderung auch positiv:  jetzt hat er sich ganz dem Sounddesign und dem Komponieren verschrieben.
Belgrad sehen er und seine Frau als eine Art Zwischenstation, Ivan findet die Politik des Landes, die Nähe zu Putin, problematisch. Vielleicht geht er nach Deutschland, um Komposition zu studieren, ganz sicher ist er aber noch nicht.
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