Ruprecht Polenz

"Es gibt ein Leben nach der Politik"

35:21 Minuten
Porträtfoto des CDU-Politikers und Ex-Bundestagsabgeordneten Ruprecht Polenz
Fast 20 Jahre war Ruprecht Polenz Abgeordneter im Bundestag. Er ist froh, dass er den Absprung 2013 "rechtzeitig aus eigener Entscheidung“ geschafft habe. © imago / Tagesspiegel / Kai-Uwe Heinrich
Moderation: Katrin Heise · 27.09.2021
Audio herunterladen
Ruprecht Polenz ist Elder Statesman und unkonventioneller Konservativer, er hat sich um die Versöhnung mit Namibia bemüht und als Rentner das Twittern entdeckt. Der CDU-Politiker schaut auf sein bewegtes Leben - und die Lehren aus der Bundestagswahl.
Dass Hans-Georg Maaßen es nicht geschafft hat, als Direktkandidat der CDU in den Bundestag zu kommen, freut Ruprecht Polenz, der von Anfang an ein Gegner von dessen Kandidatur war. Ganz besonders freut ihn bei dieser Bundestagswahl aber ein Ergebnis der Region, in die er in den 60er-Jahren nach einer Kindheit und Jugend in der Oberlausitz und in Bayern gezogen, und der er seitdem treu geblieben ist: "Die AfD, die ja schon beim letzten Mal in Münster unter fünf Prozent geblieben war, hat es diesmal nicht mal auf drei Prozent gebracht. Da waren wir alle sehr stolz drauf."
Das Direktmandat in Münster ging nicht wie bei der letzten Wahl an die CDU, sondern an die Grünen. Polenz gratulierte deren Kandidatin gleich am Wahlsonntag. Danach ist er den Wahlabend über vor allem bei Twitter zu erleben, wo er immerhin 63.000 Follower hat. Sein Eindruck der vergangenen Jahre: "Die politische Willensbildung findet immer mehr im Netz statt" – auch weil viele Journalistinnen und Journalisten da mitläsen. "Und da nehme ich gerne teil."

Nach Gemeinsamkeiten suchen

Mit dem Wahlkampf ist für Polenz auch die Zeit vorbei, auf die Unterschiede zwischen den Parteien zu verweisen: "Es geht jetzt darum, für Deutschland nach den Gemeinsamkeiten zu schauen, denn es wird eine sehr schwierige Regierungsbildung." Er hält es für schlüssig, dass FDP und Grüne nun erst einmal untereinander Gespräche führen: "Die beiden werden letztendlich entscheiden, wer Kanzler wird."
Dass er jemand ist, der Verhandlungen durchaus aufgeschlossen gegenübersteht, konnte Polenz während seiner 19 Jahre als Abgeordneter der CDU im Bundestag unter Beweis stellen. In seinem guten halben Jahr als Generalsekretär der CDU warf man ihm aus den eigenen Reihen gar "Harmonieterror" vor.
Er zitiert den SPD-Politiker Hans-Ulrich Klose, der gesagt habe: "Mir würde man anmerken, dass ich dächte, der andere könnte auch ein bisschen Recht haben." Einander zuzuhören und zu verhandeln, führe eben eher ans Ziel, meint er. Beim Youtuber Rezo bedankte Polenz sich kürzlich sogar für dessen Kritik an der CDU.
Polenz sieht sich vor allem als Außenpolitiker. So wurde er 2015 nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag Sondergesandter der Bundesrepublik im Dialog mit Namibia zum Völkermord an den Herero und Nama.

Außenpolitischer Spielraum

Aber auch bei anderen großen aktuellen Themen wie dem Klimawandel gebe es außenpolitisch einigen Spielraum, wie er meint: "Warum überlegen wir in Deutschland und in der EU nicht, was wir tatsächlich außenpolitisch tun können, um Bolsonaro daran zu hindern, die Amazonas-Regenwälder abzuholzen? Da gäbe es ja von der Möglichkeit, sich finanziell am Erhalt dieser grünen Lunge zu beteiligen, bis hin zu Sanktionen auf brasilianische Produkte, eine ganze Bandbreite, die man hätte."
Trotz aller Ideen, die er immer noch hat und bei aller bleibenden Auseinandersetzung mit der Politik, ist der 75-Jährige doch ganz froh, im Jahr 2013 den Absprung aus dem Bundestag "rechtzeitig aus eigener Entscheidung" geschafft zu haben, denn: "Es gibt ein Leben nach der Politik."
(mah)
Mehr zum Thema