Ruggero Leoncavallo: Zazà

Einsamkeit für ein Familienglück

Eine Frau in rotem Kleid sitzt hoffnungslos und abweisend zugleich auf einer Couch neben einem jungen Mädchen, das sich ihr zuwendet.
Zazá (Svetlana Aksenova) will das Glück des kleinen Mädchens Totò (Vittoria Antonuzzo) nicht zerstören. © Theater an der Wien / Monika Rittershaus
Moderation: Elisabeth Hahn · 05.12.2020
Ein Kind leidet, wenn die Eltern sich trennen. Das weiß auch die erfolgreiche Revuesängerin Zazà, die selbst Scheidungskind war. So beendet sie schweren Herzens die Beziehung mit dem verheirateten Milio. Ihr Verzicht rettet seiner Tochter die Kindheit.
Vor ziemlich genau 120 Jahren hatte die Oper "Zazá" bei ihrer Uraufführung einen Sensationserfolg – am Pult stand Arturo Toscanini, in den folgenden Jahren wurde die Zazà weltweit in den großen Opernhäusern von bedeutenden Sängerinnen und Sängern aufgeführt, unter anderem in der Metropolitan Opera in New York.
Nach dem Zweiten Weltkrieg interessierte sich allerdings kaum einer mehr für diese Oper. Stattdessen kannte man Leoncavallo vor allem als Komponist seiner Oper "Pagliacci".

Das Leben hinter den Kulissen auf der Bühne

Das Varieté als Opernstoff. Leoncavallo verhandelt in seinem Werk immer wieder Themen über die Kunst und die Kunstschaffenden und verbindet sie mit allzu menschlichen Dramen und Boulevard-Geschichten. Auch in seinem Referenzwerk Pagliacci geht es um eine umherreisende Künstlertruppe in Italien, die in ein Eifersuchtsdrama verwickelt wird.
Ein älterer Mann mit auffällig großem Schnauzbart sitzt hinter einem Schreibtisch, auf dem viele Hefte aufgeschlagen sind.
Ruggero Leoncavallo (1858-1919) lebte viele Jahre in Paris und in Neapel, hier auf einem Foto der Zeitschrift "Le Monde Illustre" vom 3.1.1903.© imago images / KHARBINE-TAPABOR
Leoncavallo schreibt seine "Zazà" im Stil des Verismo – hier gibt der Komponist Einblicke ins Künstlerleben "hinter den Kulissen" des Varietés – dafür steht symbolisch schon der Handlungsort im 1. Akt: der Hinterbühnenbereich des Provinztheaters "Alzacar" in Saint-Ètienne in der Nähe von Lyon.

Eigenes Textbuch

Die Oper spielt an der Wende zum 20. Jahrhundert, also in der Gegenwart von Leoncavallo. Das Libretto stammt vom Komponisten selbst unter Mitarbeit von Carlo Zangarini. Es basiert auf dem gleichnamigen Schauspiel von Pierre Berton und Charles Simon, das 1898 in Paris uraufgeführt wurde.
Zazá ist das Zugpferd das kleinen Varieté-Theaters in Alzacar. Ihr Bühnepartner Cascart ist auch ihr Lebenspartner - er hatte die von ihren Eltern vernachlässigte Zazà damals von der Gosse auf die Bühne geholt. Er sieht in Zazá noch mehr Karrierepotential. Doch sie verliebt sich in den Geschäftsmann Milio, träumt von einer gemeinsamen Zukunft.
Eine Frau und ein Mann umarmen sich heftig in einer modern eingerichteten Garderobe.
Kurzes, stürmisches Glück für Zazá (Svetlana Aksenova) und Milio (Nikolai Schukoff) in der Garderobe des kleinen Provinztheaters.© Theater an der Wien / Monika Rittershaus
Milio kündigt nach einiger Zeit an, eine große Reise nach Amerika zu unternehmen. Zazá soll ihn dabei aber auf keinen Fall begleiten. Das macht sie misstrauisch. Sie fährt ihm nach Paris hinterher.

Kein blutiger Tod - aber eine vereinsamte Seele

Hier stellt sich heraus: er ist verheiratet. Sie schleicht sich in seine Wohnung und trifft dort zufällig auf seine Tochter Totò. Diese leidet unter den häufigen Trennungen von ihrem Vater. Daraufhin trifft Zazá einen harten Entschluss: Sie will Milios Familie nicht gefährden, will seiner Tochter eine heile Kindheit schenken – so wie sie es sich selbst als Kind gewünscht hatte. Allein bleibt sie zurück - ihr Weg führt sie zurück ins Varieté.
Eine junge Frau mit blonden Haaren steht in einem rosafarbenem Kostüm allein auf einer Bühne, die um sie herum stockdunkel ist.
Zazá (Svetlana Aksenova) bleibt desillusioniert allein zurück.© Theater an der Wien / Monika Rittershaus
Aufzeichnung der Premiere am 16. September 2020 im Theater an der Wien
Ruggero Leoncavallo
Zazà – commedia lirica in vier Akten
Libretto vom Komponisten unter Mitarbeit von Carlo Zangarini nach dem gleichnamigen Schauspiel von Pierre Berton und Charles Simon

Zazà – Svetlana Aksenova, Sopran
Anaide, ihre Mutter – Enkelejda Shkosa, Mezzosopran
Floriana, Varietésängerin – Dorothea Herbert, Sopran
Natalia, Zazàs Freundin – Juliette Mars, Mezzosopran
Milio Dufresne – Nikolai Schukoff, Tenor
Madame Dufresne, seine Frau – Dorothea Herbert, Sopran
Totò Dufresne, ihre Tochter – Vittoria Antonuzzo
Cascart, Varietésänger – Christopher Maltman, Bariton
Bussy, Journalist – Tobias Greenhalgh, Bariton
Curtois, Theaterdirektor – Paul Schweinester, Tenor
u.a.

Arnold Schönberg Chor
ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Stefan Soltész

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