Rüstungsgüter

Deutsche Waffen auf Abwegen

Von Johannes Nichelmann · 19.08.2014
Deutsche Maschinengewehre in Syrien und Mexiko: Mit diesen Beispielen machen Friedensaktivisten deutlich, dass nicht zu kontrollieren sei, wo aus Deutschland exportierte Waffen letztendlich landen. Zudem seien sie teilweise nach 100 Jahren noch im Einsatz.
Seibert: "Guten Tag, meine Damen und Herren. Das Bundeskabinett hat heute den Rüstungsexportbericht für das Jahr 2012 beschlossen."
Berlin – Bundespressekonferenz im Oktober 2013. Regierungssprecher Steffen Seibert verkündet die von der schwarz-gelben Regierung genehmigten Ausfuhren von Rüstungsgütern. Warenausfuhren im Wert von einer Milliarde Euro Hauptabnehmer ist Saudi-Arabien.
"Ich möchte noch mal für die Bundesregierung ganz grundsätzlich festhalten, dass wir an den strengen Regeln der Exportkontrolle für Rüstungsgüter unverändert festhalten. Dieses besagt, dass Genehmigungen - und daran halten wir uns - erst nach eingehender Prüfung im Einzelfall erteilt werden."
Und das nur, wenn sichergestellt worden sei, dass deutsche Rüstungsgüter nicht für Menschenrechtsverletzungen missbraucht würden. 2013 – ein Jahr später – betont die Bundesregierung, dass rund ein Drittel der Kriegswaffenausfuhren in EU-, Nato- und Nato-gleichgestellte Länder gingen. Länder wie Südkorea. Aber unter den Top 10 der Ausfuhrländer befinden sich auch Algerien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
"Der Tote umklammert noch das deutsche G3"
Endverbleibskontrolle heißt das Zauberwort des Bundessicherheitsrates. Jenem Gremium, das geheim über die Exporte entscheidet. Und diese Kontrolle sei im Grunde nicht einzuhalten. Waffen seien zum Teil auch 100 Jahre nach ihrer Herstellung noch im Einsatz, sagt Nils Dubrow vom "Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit". Ein Verein, der sich mit Friedens- und Konfliktforschung beschäftigt.
"Es gibt quasi keine große Konfliktregion auf der Welt, wo sich nicht auch deutsche Waffen mit Laufe der Jahrzehnte wiedergefunden haben."
Nils Dubrow sitzt in einem Büro in Berlin und zeigt auf YouTube-Videos aus Syrien, wo sich deutsche Waffen im Einsatz befinden. Obwohl sie das eigentlich nicht dürften.
"Hier sieht man in den Aufnahmen einen Kämpfer in der Region Daraa. Er schießt mit diesem Gewehr über einen Hügel hinweg. Das MG3, ein deutsches Maschinengewehr."
Auf seinem Computer befinden sich ebenfalls Bilder aus Mexiko. Einer Unruhregion, überzogen mit blutigen Bandenkämpfen und einer korrupten Polizei, die aber in der Vergangenheit mit deutschen Gewehren der Firma Heckler und Koch beliefert worden ist.
Dubrow: "Auch hier wieder – das erschossene Mitglied eines mexikanischen Drogenkartells. Der Tote im Straßengraben liegend umklammert immer noch das deutsche G3."
Panzerfabrik für Algerien
Das Land Algerien liegt ebenfalls in einer unsicheren Krisenregion.
"Drumherum stürzen überall die Regierungen. Das hielt Rheinmetall nicht davon ab, erst jüngst mit der algerischen Regierung den Vertrag für eine Panzerfabrik abzuschließen. Diese Panzerfabrik soll dort modernste Radschützenpanzer in erheblicher Stückzahl, viele hundert davon, herstellen."
Bundeskanzlerin Merkel betonte vor wenigen Wochen, dass Algerien eine besondere Rolle im Kampf gegen Terrorismus spiele. Das nordafrikanische Land sei im Kampf gegen Al-Kaida eben ein wichtiger Partner des Westens. Nils Dubrow bezweifelt allerdings, dass die Endverbleibskontrolle hier wirklich durchgesetzt werden kann.
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