Wenn Menschen existenziell halt alles fehlt, wenn sie gar nichts haben und um ihr Leben fürchten: Das sieht man ihnen ja an. Sie haben keine Schuhe, laufen barfuß. Sie haben nicht genug Essen und sie haben keine Zukunft. Sie haben Todesangst, sind traumatisiert und haben kein Haus, keine Wohnung. Das alles schwebt immer über allem drüber. Man will es in die Welt rausschreien. Diese Ungerechtigkeit und alles.
Eine Flüchtlingshelferin kehrt zurück
Nach dem abgeschlossenen Studium 2019 entschied sich Josefin, geflüchteten Menschen zu helfen, und ging zunächst in die Türkei. © Getty Images / Corbis
“Man will es in die Welt rausschreien”
29:52 Minuten

Unsere Hörerin Josefin will sich stärker engagieren: 2020 geht sie auf eine griechische Insel, um dort Geflüchteten zu helfen. Als sie nach Berlin zurückkehrt, braucht sie selbst Hilfe. Eine Geschichte über das Helfen – und dessen Grenzen.
Es ist das Jahr 2019, Josefin ist gerade mit ihrem Studium fertig und trifft eine Entscheidung: Sie möchte sich mehr engagieren und nicht mehr nur im Hintergrund politisch aktiv sein. Sie will Vorort sein und die Probleme der EU-Asylpolitik besser verstehen: “Es fängt ja nicht in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin an, sondern ganz woanders.”
Sie beschließt, für drei Monate ins Ausland zu gehen und in Izmir in der Türkei zu arbeiten. Als studierte Musiktherapeutin singt und tanzt sie mit geflüchteten Kindern oder probiert mit ihnen verschiedene Instrumente aus. Die Arbeit erfüllt sie: “Ich hab's mir so lange vorgestellt und mir überlegt. Und jetzt kann ich es endlich machen.”
Menschenunwürdige Bedingungen im Camp
Doch sie wird das Gefühl nicht los: Was ich hier tue, ist nur ein Tropfen im Ozean. Meine Hilfe wird woanders dringender gebraucht. So beschließt sie, die restlichen zwei Monate auf Chios zu verbringen – einer griechischen Insel vor der Küste der Türkei, auf der geflüchtete Menschen in Booten ankommen.
Doch dort verändert sich auf einmal alles: Die Pandemie bricht aus und erschwert die Arbeits- und Lebensbedingungen für alle. Die Geflüchteten müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen im Camp leben und Josefin steckt selbst auf der Insel fest und verzweifelt an den Zuständen, die sie umgeben.
Als sie ein Jahr später nach Berlin zurückkehrt, ist nichts mehr gut.
Vor einigen Monaten hat sich Josefin mit ihrer Geschichte bei der Plus Eins-Redaktion gemeldet. Kim Neubauer hat sie getroffen und erzählt in dieser Folge die Geschichte einer Frau, die helfen und ihre Kräfte teilen wollte – und dabei gelernt hat, wo ihre eigenen Grenzen liegen.