Rosenberg: Obama hat eine Basisdemokratie mobilisiert
Der Erfolg Barack Obamas ist laut Pamela Rosenberg darauf zurückzuführen, dass er seinen Wahlkampf strategisch intelligent und basisdemokratisch geführt habe. Die Intendantin der Berliner Philharmoniker hob hervor, dass Obamas "Fußvolk" es geschafft habe, viele Menschen zu mobilisieren, die bislang nicht gewählt hätten.
Marcus Pindur: Als sich die Nachricht vom Sieg Barack Obamas quer durch die USA verbreitete, da brachen bei seinen Anhängern alle Dämme, ob auf dem Times Square in New York, vor dem Central Plaza in Los Angeles oder auch im Zentrum von Philadelphia: unter den Obama-Anhängern ein unbeschreiblicher Jubel. Die Anspannung brach sich bei vielen Bahn, teilweise unter Tränen. Ich begrüße jetzt in Berlin hier im Studio eine Berlinerin, die gleichzeitig einen US-amerikanischen Pass hat, die Kulturmanagerin Pamela Rosenberg. Guten Morgen!
Pamela Rosenberg: Guten Morgen!
Pindur: Sie sind die Intendantin einer deutschen kulturellen Ikone, nämlich der Berliner Philharmoniker, haben jetzt auch schon viele Jahre in Deutschland verbracht. Interessiert Sie der Blick auf die Wahl in den USA überhaupt noch oder ist das eher unwichtig für Sie?
Rosenberg: Es ist so eminent wichtig für alle, ich schließe mich da nicht aus. Ich habe ganz brav auch gewählt, habe meine Stimme schon abgeschickt vor über einem Monat und bin so erschüttert über den Zustand in der Welt, was von George Bush ausgelöst worden ist in den letzten acht Jahren, dass ich finde, es gibt nichts Wichtigeres im Moment, als dass dieses Land wieder intelligent und unegozentrisch geführt wird.
Pindur: Eine klare Unterstützung von Barack Obama höre ich daran genau.
Rosenberg: Und wie.
Pindur: Ihre Interpretation des Wahlausganges: Warum ist das so weit gekommen?
Rosenberg: Er hat eine Basisdemokratie da mobilisiert. Es ist sehr, sehr, sehr strategisch intelligent geführt worden, aber er hat es wirklich geschafft, durch Internet und durch viele, viele, viele Menschen, die von Tür zu Tür gegangen sind, also Menschen zu mobilisieren, die bis jetzt nicht gewählt haben. Und ich glaube, er hat auch erkannt, dass die Verzweiflung über die Lage in Amerika, nicht nur über die Wirtschaft, aber über vieles andere sehr verbreitet ist. Echte Verzweiflung.
Pindur: Und es ist ihm gelungen, das aufzugreifen und dann auch für sich nutzbar zu machen. Ein eher konservativer Kommentator in der "Washington Post", Richard Cohen, schrieb gestern: Die Kandidatur Obamas, aber eben vor allem seine Anhängerschaft, die ja meistens weiß sei, die zeige, dass Amerika eine "post-rassische" Gesellschaft geworden sei, dass Rassismus nicht mehr die Rolle spielte, die ja noch vor zwei, drei, vier Jahrzehnten gespielt habe. Glauben Sie, dass das der Fall ist?
Rosenberg: Na ja, dass wir viel Fortschritt gemacht haben, stimmt schon, leider, leider denke ich aber, dass der Rassismus bei einem Teil der Bevölkerung noch tief sitzt, und wir haben noch viel vor, wenn wir die absolute Gleichberechtigung als selbstverständlich durchsetzen wollen.
Pindur: Aber es ist ja schon erstaunlich, dass sieben Jahre nach dem 11. September dann in den USA ein Präsident namens Barack Hussein Obama zum Präsidenten gewählt wird.
Rosenberg: Absolut, absolut. Es gibt viel mehr aufgeklärte Amerikaner, die genuin nicht rassistisch sind, als man vermutet. Andererseits, wenn man sieht, wie knapp diese "popular vote", also die Zahl der echten Stimmen ...
Pindur: Der tatsächlichen Wählerstimmen.
Rosenberg: ... waren, weiß man, dass nicht alle so weitsichtig und aufgeklärt sind.
Pindur: Wir wollen gar nicht den Vergleich zu Europa ziehen. Es ist sehr fraglich, ob es in Deutschland zum Beispiel einen türkischstämmigen Kanzler in nächster Zeit geben wird. Wir waren schon ganz froh, dass wir es mal zu einer Frau gebracht haben. Wie wird denn die Tatsache, dass ein Afroamerikaner Präsident ist, die Gesellschaft dort verändern?
Rosenberg: Ich denke, es werden einfach Fragen viel offener diskutiert. Und er wird, er hat schon ein gesundes Selbstverständnis, er wird dann Themen durchsetzen.
Pindur: An welche Fragen denken Sie da?
Rosenberg: Ich denke an die Rolle von Bildung, was das dann für die schwarze Bevölkerung bedeutet, also wenn die echte Bildungsgleichheit hat, und das ist wirklich auch nicht gegeben. Die Schulen, wo viele schwarze Kinder sind, sind nicht so gut finanziert wie andere. Also einfach an solchen Punkten wird er seinen Finger da reinstochern, in die Realität.
Pindur: Sie sehen das ganz konkret auch dann da?
Rosenberg: Ja.
Pindur: Dann noch eine weitere Frage: Der Wahlkampf selber war ja nicht rassisch geprägt in irgendeiner Form. Barack Obama hat einmal gesagt, er tritt nicht an fürs schwarze oder weiße Amerika, sondern für die Vereinigten Staaten von Amerika. Das war also kein Thema, und es ist auch nicht in der Kampagne zum Thema gemacht worden. Ein gutes Zeichen für diese Wahlkampagne?
Rosenberg: Das war ein gutes Zeichen.
Pindur: Wie bewerten Sie im Endeffekt insgesamt diese Wahlkampagne?
Rosenberg: Es ist viel schmutziger geführt, als es hätte sein sollen. Ich denke, das kam auch aus der Ecke von McCain, der aus einer Art Verzweiflung so in diese Ecke dann geschlagen hat.
Pindur: Zum Schluss war es dann ein Negativ-Wahlkampf?
Rosenberg: Fand ich schon.
Pamela Rosenberg: Guten Morgen!
Pindur: Sie sind die Intendantin einer deutschen kulturellen Ikone, nämlich der Berliner Philharmoniker, haben jetzt auch schon viele Jahre in Deutschland verbracht. Interessiert Sie der Blick auf die Wahl in den USA überhaupt noch oder ist das eher unwichtig für Sie?
Rosenberg: Es ist so eminent wichtig für alle, ich schließe mich da nicht aus. Ich habe ganz brav auch gewählt, habe meine Stimme schon abgeschickt vor über einem Monat und bin so erschüttert über den Zustand in der Welt, was von George Bush ausgelöst worden ist in den letzten acht Jahren, dass ich finde, es gibt nichts Wichtigeres im Moment, als dass dieses Land wieder intelligent und unegozentrisch geführt wird.
Pindur: Eine klare Unterstützung von Barack Obama höre ich daran genau.
Rosenberg: Und wie.
Pindur: Ihre Interpretation des Wahlausganges: Warum ist das so weit gekommen?
Rosenberg: Er hat eine Basisdemokratie da mobilisiert. Es ist sehr, sehr, sehr strategisch intelligent geführt worden, aber er hat es wirklich geschafft, durch Internet und durch viele, viele, viele Menschen, die von Tür zu Tür gegangen sind, also Menschen zu mobilisieren, die bis jetzt nicht gewählt haben. Und ich glaube, er hat auch erkannt, dass die Verzweiflung über die Lage in Amerika, nicht nur über die Wirtschaft, aber über vieles andere sehr verbreitet ist. Echte Verzweiflung.
Pindur: Und es ist ihm gelungen, das aufzugreifen und dann auch für sich nutzbar zu machen. Ein eher konservativer Kommentator in der "Washington Post", Richard Cohen, schrieb gestern: Die Kandidatur Obamas, aber eben vor allem seine Anhängerschaft, die ja meistens weiß sei, die zeige, dass Amerika eine "post-rassische" Gesellschaft geworden sei, dass Rassismus nicht mehr die Rolle spielte, die ja noch vor zwei, drei, vier Jahrzehnten gespielt habe. Glauben Sie, dass das der Fall ist?
Rosenberg: Na ja, dass wir viel Fortschritt gemacht haben, stimmt schon, leider, leider denke ich aber, dass der Rassismus bei einem Teil der Bevölkerung noch tief sitzt, und wir haben noch viel vor, wenn wir die absolute Gleichberechtigung als selbstverständlich durchsetzen wollen.
Pindur: Aber es ist ja schon erstaunlich, dass sieben Jahre nach dem 11. September dann in den USA ein Präsident namens Barack Hussein Obama zum Präsidenten gewählt wird.
Rosenberg: Absolut, absolut. Es gibt viel mehr aufgeklärte Amerikaner, die genuin nicht rassistisch sind, als man vermutet. Andererseits, wenn man sieht, wie knapp diese "popular vote", also die Zahl der echten Stimmen ...
Pindur: Der tatsächlichen Wählerstimmen.
Rosenberg: ... waren, weiß man, dass nicht alle so weitsichtig und aufgeklärt sind.
Pindur: Wir wollen gar nicht den Vergleich zu Europa ziehen. Es ist sehr fraglich, ob es in Deutschland zum Beispiel einen türkischstämmigen Kanzler in nächster Zeit geben wird. Wir waren schon ganz froh, dass wir es mal zu einer Frau gebracht haben. Wie wird denn die Tatsache, dass ein Afroamerikaner Präsident ist, die Gesellschaft dort verändern?
Rosenberg: Ich denke, es werden einfach Fragen viel offener diskutiert. Und er wird, er hat schon ein gesundes Selbstverständnis, er wird dann Themen durchsetzen.
Pindur: An welche Fragen denken Sie da?
Rosenberg: Ich denke an die Rolle von Bildung, was das dann für die schwarze Bevölkerung bedeutet, also wenn die echte Bildungsgleichheit hat, und das ist wirklich auch nicht gegeben. Die Schulen, wo viele schwarze Kinder sind, sind nicht so gut finanziert wie andere. Also einfach an solchen Punkten wird er seinen Finger da reinstochern, in die Realität.
Pindur: Sie sehen das ganz konkret auch dann da?
Rosenberg: Ja.
Pindur: Dann noch eine weitere Frage: Der Wahlkampf selber war ja nicht rassisch geprägt in irgendeiner Form. Barack Obama hat einmal gesagt, er tritt nicht an fürs schwarze oder weiße Amerika, sondern für die Vereinigten Staaten von Amerika. Das war also kein Thema, und es ist auch nicht in der Kampagne zum Thema gemacht worden. Ein gutes Zeichen für diese Wahlkampagne?
Rosenberg: Das war ein gutes Zeichen.
Pindur: Wie bewerten Sie im Endeffekt insgesamt diese Wahlkampagne?
Rosenberg: Es ist viel schmutziger geführt, als es hätte sein sollen. Ich denke, das kam auch aus der Ecke von McCain, der aus einer Art Verzweiflung so in diese Ecke dann geschlagen hat.
Pindur: Zum Schluss war es dann ein Negativ-Wahlkampf?
Rosenberg: Fand ich schon.