Rosen statt Tuch

Von Hannelore Dauer · 27.05.2013
Forst in Brandenburg ist stolz auf seine Rosen. Den Titel Rosenstadt hat der Ort an der polnischen Grenze einer historischen Parkanlage aus dem Jahr 1913 zu verdanken. Auf 15 Hektar blühen im sogenannten ostdeutschen Rosengarten mehr als 700 Sorten. Früher war Forst allerdings vor allem als Metropole der Textilindustrie bekannt und wurde auch als "Manchester des Ostens" bezeichnet.
Die imposanten Hinterlassenschaften der einstigen Hochburg der Textilindustrie sieht man heute noch. Architektonisch wertvolle Industriebauten, damals verbunden durch eine eigene Straßenbahn - die "Schwarze Jule" - stehen neben den Villen der früheren Tuchfabrikanten kurz vor dem Verfall, wenn es nicht bald neue Nutzungskonzepte für sie gibt.

"Früher konnte man im Winter nur zwei Tage den Schnee benutzen, weil danach war er nämlich dreckig, weil die Textilindustrie so viel Ruß und so viel Dreck durch die Gegend geballert haben, dass man das am nächsten Tag, spätestens in zwei, in drei Tagen gesehen hat am Schnee. Der war nämlich schwarz geworden."

Die schwarze Stadt gibt es nicht mehr - das war zu der Zeit, als die Textilindustrie das Leben in Forst bestimmte: Tuchfabriken und verwandte Betriebe wie Kämmerei, Spinnerei, Zwirnerei, Walkerei, Färberei, Wäscherei. Jahrhunderte lang arbeitete die Mehrheit der Beschäftigten in diesen Gewerben. Die Spezialität von Forst war der Buckskin, ein leichter gemusterter Stoff, außerdem: Tuche, Tweed, Cord, Loden und Rosshaar-Futterstoffe, Mantel-, Anzugs- und Möbelstoffe; in Kriegszeiten war es vor allem der "Lauseköper", ein fester Uniformstoff.

In ganz Deutschland bekannt, in alle Welt exportiert, begründete das "Forster Tuch" den Reichtum der Stadt. Die riesigen Fabrikanlagen mit ihren Schloten - um die vorige Jahrhundertwende waren es über 100 Gebäude - prägten das Stadtbild, sie lagen mitten im Zentrum, vor allem am Mühlgraben, einem Neißearm, der die Energie und das für die Tuchfabrikation notwendige Wasser lieferte. Für den Transport der Rohstoffe und Kohle gab es eine eigene Stadteisenbahn, die Schwarze Jule.

Das Klappern der Webstühle
Forster Bürger erinnern sich - Helmut Ließ, Stadtverordneter, Ilona König, Webereifacharbeiterin und Dietmar Woidke, brandenburgischer Innenminister:

"Es war richtig schön, durch die Straßen zu gehen. Und man hat die Webstühle klappern hören. Für uns als Kinder war das immer interessant, da vorbeizugehen und drinne hat man -tschu, tschu, tschu das Wummern der Webstühle gehört. Die, die da drinne gearbeitet haben - für die war es natürlich nicht so toll, nicht so prickelnd. Aber für jemanden, der bloß draußen vorbeiging: ganz, ganz herrlich. Da hat man richtig gemerkt, da ist was, da geht was los in dieser Fabrik."

"Ja, es war sehr laut, und man musste auch mit Gehörschutz arbeiten, und, ja - viel Sprechen ging nicht, man hat sich dann halt überm Webstuhl mit Handzeichen oder von den Lippen ablesen..."

"Die Forster sind Fahrradfahrer, damals sind Hunderte, Tausende Menschen jeden Tag durch die Stadt mit dem Fahrrad gefahren, und man hat schon teilweise mehrere hundert Meter von der Textilfabrik entfernt das Klappern der Webstühle gehört, das war schon ein Geräusch, das die Stadt Forst geprägt hat. Ich erinnere mich nur noch an die Schienen, die hier ja noch lagen - also die Schwarze Jule ist Ende der siebziger Jahre nicht mehr gefahren, sie war damals, glaube ich, schon im Verkehrsmuseum in Dresden, aber die Schienen, die haben den Radfahrern massiv zugesetzt. Es gab des öfteren Stürze, und ich glaube, jeder der in Forst und Umgebung groß geworden ist, der ist mindestens ein-zwei-dreimal durch diese Schienen vom Fahrrad gefallen. Insgesamt war es eine sehr, sehr pulsierende Stadt."

Eins wuchs die Stadt über die Neiße hinaus
Eine Stadt an den Neiße-Auen: diesseits des Flusses ein weites Vorland mit Wiesen, Büschen und einzelnen Bäumen. Gegenüber, auf der polnischen Seite, eine sanft geneigte Böschung, auf der manchmal Kühe grasen - darüber Buchenwald.

Auf dem deutschen Ufer verläuft, parallel zum Neißebogen, eine Promenade. Links und rechts unscheinbare Pfosten - wie zufällig in den Nationalfarben gestrichen. Brücken scheinen hier über die Neiße zu führen, aber nur die Terrassen am Ufer und die Fundamente im Fluss sind vollständig erhalten - über dem Wasser fehlen die Brückenflächen. Drüben in Polen ragen noch die alten Straßenlaternen aus dem Wald.

Einst gab es zwei Brücken, die in einen Stadtteil am anderen Neißeufer führten. Im Zuge der Industrialisierung hatte Forst in wenigen Jahrzehnten einen steilen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, so dass Dörfer aus der Umgebung eingemeindet wurden, u.a. auch Berge auf der Ostseite der Neiße. Hier errichtete man mehrstöckige Mietshäuser für die Arbeiter, das Arbeitsamt und das Finanzamt der einkommensstarken Stadt.

Das Gewerbesteueraufkommen lag in den ersten Jahrzehnten des 20.Jahrhunderts zeitweilig mit an der Spitze im Deutschen Reich. Nach 1945 wurde trotz flächendeckender Zerstörungen die Textilproduktion wieder aufgenommen, erreichte aber nie wieder Vorkriegsniveau. Anfang der neunziger Jahre waren die Firmen nicht mehr konkurrenzfähig und mussten bis auf einige kleine Nachfolgebetriebe eingestellt werden.

Wenn es sich einrichten lässt, macht sie einen Umweg, um nicht an ihrer alten Arbeitsstätte vorbeigehen zu müssen: Ilona König, eine von nur wenigen Weberinnen, die wieder einen Arbeitsplatz in einem vertrauten Umfeld erhalten haben: im Brandenburgischen Textilmuseum in Forst:

"Also ich hab von 1967 bis 1991 in der Tuchfabrik gearbeitet in verschiedenen Abteilungen. Dann war für uns Schluss! Man hat hier in der Tuchfabrik gearbeitet, man hat gerne gearbeitet, und ja - man hat sich um andere gekümmert. Man hat nicht bloß im Betrieb miteinander, sondern auch außerhalb privat miteinander zu tun gehabt. Das war ein sehr schönes Verhältnis hier. Nach der Wende - ja: Viele wurden arbeitslos, sind dann in ein großes Loch gefallen."

Es ist still geworden in Forst. Entlang den Straßen, die auch heute noch auf die Brückenreste zuführen, liegen große, parkähnliche Grundstücke. Darin stehen alte Villen, einige renoviert, andere verkommen: mit bröckelndem Putz und schiefhängenden Holzjalousien vor den Fenstern.

Ein freies, mit Rasen bedecktes Rechteck, von Bäumen umstanden, lässt den ehemaligen Standort einer Fabrik erahnen - so, wie sie heute noch auf einem der Nachbargrundstücke steht: Ein großer roter Backsteinbau, die unteren Fenster mit Holz vernagelt, auf dem Dach wachsen Birken, Wasser rinnt an einer Wand herunter, wäscht den Mörtel aus, graue Vorhänge flattern im oberen Stockwerk aus offenen Fenstern im Wind.

Die Einwohnerzahl von Forst sinkt, heute beträgt sie 20 000 - nur rund halb so viele wie bei Ende des Zweiten Weltkriegs - ein Bevölkerungsrückgang, der noch nicht abgeschlossen ist. Jährlich verlassen ca. 200 Menschen die Stadt: die Jungen wegen der hohen Arbeitslosigkeit und Ältere zum Teil auch, um in der Nähe ihrer im Westen heimisch gewordenen Kinder zu leben. Ein Teufelskreis: die demografische Entwicklung macht die Reduzierung der öffentlichen Einrichtungen, der Schließung von Schulen und Kitas notwendig, die Attraktivität der Gemeinde sinkt weiter.

Ein Trend verschärft durch die Insellage
Ein allgemeiner Trend, auch für viele westdeutsche Kommunen, der in Forst aber noch verschärft wird durch die überkommene einseitige Wirtschaftsstruktur und die Lage an der Grenze zu Polen.

Eine Abgeschiedenheit, die sich während der DDR-Zeit geradezu als Insellage ausgewirkt hatte: mit einer zunehmend undurchlässigen Grenze, mit der Einkreisung durch die Lausitzer Braunkohle-Tagebaue und mit einem Militärflughafen im Süden der Stadt.

Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke stammt aus Forst:

"Die Textilindustrie hat Forst groß gemacht, im 19.Jahrhundert und zu Beginn auch des 20.Jahrhunderts. Und diese Monostruktur hat die Stadt Forst auch damals zu einer reichen Stadt gemacht, aber hat sich natürlich als Ballast erwiesen, als es mit der Textilindustrie zu Ende ging."

Im Stadtgebiet stehen noch 24 ehemalige Textilfabriken, 16 unter Denkmalschutz. Oft direkt daneben - auf denselben Grundstücken - "protzige Fabrikantenvillen", wie es sozialistisch moralisierend in einer DDR-Stadtgeschichte heißt. Gemeint sind die Gründerzeitvillen der Tuchmacherdynastien wie die der Groeschke, Cattien, Harmuth, Hänsel, Bergami und Noack.

Direkt neben einer Tuchfabrik hat ein Supermarkt eröffnet: kahle Außenwände, ein paar Reklameschilder, eine überdachte Ecke für die Einkaufswagen, eine Rampe neben dem Eingang

Drüben, abgetrennt durch Maschendraht: ein dreigeschossiger Bau aus rotem Backstein. Aufgesetzte Giebel an allen vier Seiten, hohe Fenster mit Sprossen. Waagerecht über die Fassade laufen Gesimse und kontrastierende gelbe Ziegelbänder, die das Sockel-, Mittel- und Dachgeschoss jeweils voneinander absetzen. Miteinander verbunden sind diese dagegen durch vertikal verlaufende flache Pfeiler. Gestaltungselemente, die sich ausschließlich aus dem Baumaterial, dem Ziegelstein, ergeben - und aus seinen Proportionen.

Was soll passieren?
Hier ein einfacher schachtelförmiger Bau - die materialisierte Zweckmäßigkeit, bei Bedarf schnell wieder abzureißen - nichts als umbauter Innenraum. Was soll mit den leerstehenden Tuchfabriken geschehen? Frage an die Kunden des Supermarkts:

"Das ist ja mal ein ehemaliges Fabrikgebäude. Und von der Sache her, von der Substanz könnte die ja noch - sieht ja an und für sich recht gut aus. Aber was man daraus machen könnte - das ist die Frage. Alternative - ja, was ist denn , so wie es in Forst ist, überall wird abgerissen, und dann haben wir - Grünflächen. Das ist alles, was wir zustande kriegen. Grünflächen, weiter nüscht.
Abreißen, na klar. Besser vielleicht. Am besten abreißen. Ja!"

"Ja, das sind ja mehrere Ruinen, die hier in Forst stehen, und ich bin der Meinung eigentlich, dass die weg sollten. Da wurde nie was gemacht. Es ist schade drum. Weil Forst war ja nun mal -Tuchfabriken - war ja ganz groß in Forst. Wenn's möglich wäre, sollte man es erhalten. Weil es ist ja eigentlich das Statusymbol für Forst. Man könnte ja vielleicht aus so einer Fabrik ein Jugendcenter machen, hier mitten in Forst, weil es fehlt ja vieles für die Jugend eigentlich."

"Was wollen Sie weiter machen. Das können Sie gar nicht mehr erhalten, das ist doch viel zu teuer. Ja, wegreißen - weiß ich nicht, das muss die Stadt entscheiden, was hier wird."

"Waren Arbeitsplätze für viele Leute- und dass die Fabriken nun so verfallen - begreif ich nicht, es muss doch irgendjemand sein, der sich dafür interessiert und aus diesen Gebäuden irgendwas noch machen könnte, dass auch Forst wieder aufblüht."

""Indianerspielplatz - ja, was sollen wir da werden? Arbeit ist doch keine. Tuchfabriken gibt's in Forst nicht mehr. Machen wir Grünanlagen. Da lassen wir das Gras wachsen - meterhoch, da können sich dann die Karnickel drin verstecken oder irgendetwas."

In Ostdeutschland gibt es unzählige Produktionsstätten, die vom Verfall bedroht sind - viele architektonisch wertvoll: Folge der De-Industrialisierung nach der Wende. Damit einher geht ein gesellschaftlicher Wandel, wie er sich zu allen Zeiten auch an Gebäuden ablesen lässt, an verlassenen Fabriken, Wohnhäusern, Herrenhäusern und Schlössern, heute zunehmend auch an leerstehenden Kirchen.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz rät zwar zur Kreativität bei der Nachnutzung, räumt aber bedauernd "die geringen finanziellen Möglichkeiten der Denkmalschutzämter" ein.

In Forst gibt es einige Beispiele gelungener Nachnutzung: das Kreishaus des Spree-Neiße-Kreises, das brandenburgische Textilmuseum und ein Jugendprojekt, alle in alten Tuchfabriken untergebracht. Der Bedarf an Jugendzentren wie auch an Küchen- und Brautkleiderstudios, an Bowling-Bahnen und Fitness-Centern ist jedoch begrenzt - zumal in einer überalterten und schrumpfenden Stadt.

Wie soll es also weitergehen? - Diskussionsbeiträge von Lars Scharnholz, Architekt vom Cottbusser Institut für Neue Industriekultur und Sven Zuber, stellvertretender Bürgermeister von Forst:

"Ja, es gibt aber auch Städte in der Nachbarschaft - Guben - da sieht man, was passiert, wenn diese Gebäude abgerissen sind. Aus städtebaulicher Sicht fehlen die sogenannten Raumkanten. Das heißt: Wenn ich selbst als Laie durch so eine Stadt gehe, hat die Stadt keine Kontur mehr. Die Raumkanten sind verloren gegangen, ich habe Orientierungsprobleme, es sind auf einmal riesige Parkflächen, die sich dann wieder an eine sehr dichte Bebauung anschließen, das heißt der gesamte Stadteindruck ist natürlich ein ganz anderer.

Ich hab diese runtergekommenen Fabriken beseitigt, mit der Intention, meine Stadt schöner zu machen - aber im Gesamtbild ist die Stadt nicht unbedingt schöner, sondern wirkt so ein bisschen - wie die Planer etwas polemisch sagen- wie ein löchriger Käse. Da fehlt es an allen Ecken und Enden, und die Versuche, diese vielen leeren Stellen dann durch eine kräftige Begrünung, durch temporäre Kunstwerke, durch Wände, durch Fassaden, die dann als Kulisse aufgestellt werden, zu überwinden - da gibt es ein paar ganz gute Beispiele - aber in der Masse hilft das dann doch nichts, so dass die Stadt dann doch tatsächlich an städtebaulicher Qualität verliert. Das sollte man sich sehr genau überlegen."

"Also das ist natürlich auch unser Interesse, dass wir solche Kräfte mit unterstützen, und das Institut für Neue Industriekultur - wir sind dem sehr offen gegenüber. Aber es ist in der Umsetzung häufig leider so, dass wir an den finanziellen Situationen scheitern, und da steht nicht immer im Fokus, eine alte Fabrik dabei auch zu nutzen und sie in der Zukunft zu gestalten, sondern es sind die alltäglichen Dinge des Lebens und auch der Wirtschaft, und da spielen die Fabriken nicht zwangsläufig eine Rolle. Gerade der Bauzustand der Fabriken erfordert einen hohen Sanierungsaufwand bzw. auch auf Grund von Bauordnungssachen- und Brandschutzvorschriften viele Veränderungen in den Gebäuden, die doch viele abschrecken."

Eine verlassene Fabrik - wie ein Märchenschloss. Die Dornröschenhecke - ein rostiges Gitter mit Pflanzenmotiven, durchwachsen von einer Brombeerranke, dann Dachpappe, Bauschutt und ein Dickicht aus Brennnesseln und Holunderbüschen. Am Eingang ein verbogenes Schild: "Ausfahrt beachten".

Statt der Webstühle nun tropfendes Wasser
Eine knarrende Treppe führt in den Maschinensaal, vorbei an Räumen mit alten Rohrleitungen und zerschlagenen Porzellanwaschbecken. Ein riesiger Saal, grau-weiße Fliesen, Glassplitter überall, zusammengewehtes Laub in den Ecken, in der Saalmitte eine Reihe gusseiserner Säulen.

"Wir sind ja jetzt noch in dieser alten Fabrik Noack-Bergami, und man hat den Eindruck, als ob hier vor nicht allzu langer Zeit die letzten rausgegangen sind, und man dann angefangen hat, die Fenster rauszunehmen. Aber es ist eigentlich wie so eine Momentaufnahme, ein märchenhafter Ort. Dann die Scherben. Überall hört man das Wasser. (Webstühle`?) Ja, genau hier standen die Webstühle. Und man kann sich das noch ganz gut vorstellen, wie das aussah. Man sieht vor allem noch die Spuren der Geräte: oben die Ölflecken an den Decken. Die Materialien: Wir haben eben ein paar Spindeln gefunden. Man kann sich das doch ganz gut überlegen, wie das 'mal war. Im Moment sieht es eigentlich so aus, als wenn es hier wirklich absolut vorbei ist."

Karl Friedrich Schinkel, preußischer Maler und Architekt, hat sich bei seinem Entwurf für die Berliner Bauakademie, eine Hochschule für künftige Architekten und Bauingenieure, von einer Textilfabrik in England anregen lassen. Die Produktionsbedingungen dieser Branche ließen sich gut mit Schinkels Vorliebe für klare Fassadengliederung, hohe Fenster und lichtdurchflutete Säle vereinbaren - die Forster Gebäude stehen erkennbar in dieser Tradition. Schinkels Bauakademie wurde zum Prototyp für öffentliche Gebäude und Industrieanlagen in Preußen bis gegen Ende des 19.Jahrhunderts. 1962 verfügten die DDR-Autoritäten den Abriss der Bauakademie - wie zuvor schon den des Stadtschlosses...

...und während heute die Berliner Bauakademie und das Stadtschloss wieder neu errichtet werden sollen, sind die Originalbauten in Forst vom Abriss bedroht. Was bleibt von Forst? Urbane Reste mit Rosengarten? Nur noch eine touristische Station auf dem Weg von einem Schlosspark zum anderen...

...von Branitz bei Cottbus, über Brody in Polen nach Bad Muskau, mit den Schlössern aus der Zeit des Fürsten Pückler und des Grafen Brühl, dazwischen der Ostdeutsche Rosengarten in Forst. Und während es in den Landschaftsparks - nach dem romantischen Zeitgeschmack - künstliche Ruinen gibt...sind es in Forst bald echte.

Keine Lösung ist kostenlos
Die Möglichkeiten für den Umgang mit den industriellen Hinterlassenschaften sind - falls es keine sinnvolle Nachnutzung gibt - überschaubar. Eine Studie der Fachhochschule Lausitz bringt es auf den Punkt: ¨"Abriss, Laisser-Faire oder Zwischennutzung".

Keine Lösung ist kostenlos, letztere hat aber den Vorteil, dass bei einer künftigen positiven Entwicklung der Stadt doch noch Mittel für eine Sanierung der historischen Gebäude aufgebracht werden könnten. Anzeichen für eine Erholung der Wirtschaft gibt es durchaus: das Gewerbesteueraufkommen steigt, u.a. weil die Stadt ihre Grenzlage - lange ein Hindernis - in einen Vorteil verwandelt hat: Logistikunternehmen siedeln sich hier an, nutzen den vorhandenen Bahn- und Autobahnanschluss und damit die Lage der Stadt an einer alten europäischen Magistrale, die die norddeutschen Seehäfen mit dem osteuropäischen Raum verbindet.

Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke:

"Vor allen Dingen, wenn ich dann den Bogen schlagen darf zu den Herausforderungen, vor denen wir Anfang der neunziger Jahre standen, nämlich mit der riesengroßen Arbeitslosigkeit, mit der Perspektivlosigkeit und den Existenzängsten der Menschen, dann denke ich, dass wir heute gute Voraussetzungen haben, auch diese Herausforderungen zu bewältigen, auch vor dem Hintergrund, dass die Stadt Forst zwar mit vielen Problemen zu kämpfen hat, aber ich wohne sehr gerne da, und wir haben wunderschöne Gebiete rund herum um die Stadt, In der Stadt selber gibt es sehr viele grüne Inseln, und es gibt natürlich den ganz hervorragenden Rosengarten, der in diesem Jahr seinen hundertsten Geburtstag feiert."

Ein Park, in dem vor genau 100 Jahren zum ersten Mal eine Rosenschau veranstaltet wurde, angelegt als öffentlicher Volkspark, als Ausgleich für die Belastung durch Lärm und Schmutz in der Industriestadt.

Heute führt Maja Kamili, Gärtnerin im Ostdeutschen Rosengarten, durch den Park:

"Wir befinden uns jetzt auf dem Vorgelände, dem eigentlichen -wirklichen - Rosengarten mit seinen 17 Hektar. Wir haben hier die Hauptachse, welche 200 Meter lang ist, und von da aus gehen sämtliche Themengärten ab wie zum Beispiel die 'Deutsche Rosenschau', das 'Edelrosenbeet', der 'Hochstammgarten'. Hier stehen wir an dem Beet unserer Jubiläumsrose. Die wurde im vorigen Jahr zu den Rosengarten-Festtagen auf den Namen 'Forster Rosentraum' getauft - für die Stadt Forst."

Sie heißen "Elbflorenz", "Schloß Ippenburg", "Chippendale", "Sunny Sky", sind weiß, weiß-rosa, orangefarben, rot und sogar schwarz blühend wie die berühmte 'Nigrette'.