Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards wird 75

Ein Überlebenskünstler

"Rolling Stones"-Gitarrist Keith Richards
"Rolling Stones"-Gitarrist Keith Richards © picture alliance / dpa / Evan Agostini
Von Jens-Peter Marquardt · 18.12.2018
Sex & Drugs & Rock'n'Roll: Besonders für den mittleren Teil war Keith Richards lange bekannt. Drogenexzesse und Heroinsucht des Rolling-Stones-Gitarristen machten Schlagzeilen. Heute ist er clean und macht immer noch Musik, auch mit 75.
Es war ein Zufall, aber einer, der Rock-Geschichte schrieb. Der 17 Jahre alte Keith Richards traf 1961 auf Bahnsteig 2 des tristen Bahnhofs von Dartford Mick Jagger – sie waren mal zusammen auf die Grundschule gegangen. Jagger hatte ein paar Platten unter dem Arm, von Chuck Berry und Muddy Waters. Richards stand auf diese Blues-Größen, deshalb sprach er seinen alten Schulkumpel an. Das war die Geburt der Rolling Stones. Am Bahnsteig 2 erinnert jetzt eine blaue Plakette an diesen Gründungsakt.
Gitarrist Keith Richards war und ist das musikalische Rückgrat der Band. Mit Jagger zusammen hat er die Songs geschrieben. Mick turnt als Leadsänger vorne rum. Keith sorgt für den Sound und den unverwechselbaren Blues der Stones. Gitarren-Soli a la Frank Zappa waren nie sein Ding, er ist der Minimalist. Für Satisfaction brauchte er gerade mal drei Töne, seine Gitarre hat nur fünf statt sechs Seiten.
"Die Musik ist das, was uns zusammenhält. Und außerdem haben wir verdammt viel Spaß gehabt." Sagt Keith Richards, das Arbeiterkind aus Dartford.

Ein Leben am Abgrund

Er ist jetzt 75, sieht aber schon lange aus wie 80, auf den jüngsten Fotos wie der Großvater von Captain Jack Sparrow. Allein schon der Klang der Stimme erzählt sein wildes Leben. Im Dreiklang Sex and Drugs and Rock'n'Roll war er noch mehr als die anderen Stones für die letzten beiden Elemente zuständig. Drogenexzesse, Kokain und Heroinsucht, Polizei-Razzien und Haftstrafen. Ein Leben am Abgrund:
"Wenn ich gewusst hätte, wo mich das hinführt, hätte ich bestimmte Sachen vielleicht nicht genommen."
Sagt er heute. 1998 mussten die Stones die "Bridges to Babylon"-Tour verschieben, weil Richards in seiner Bibliothek von der Leiter gefallen war. Überraschend war daran eigentlich nur, dass er eine Bibliothek besitzt.
2006 musste die Band die Tournee abbrechen, weil Richards auf den Fidschi-Inseln im Rausch von einer Palme herunter stürzte oder über einen Baumstumpf stolperte, was auch immer. Seitdem trägt er eine Metallplatte unter der Schädeldecke und ist clean.

Nahezu biederer Ehemann

Richards ist seit 34 Jahren mit dem Ex-Model Patti Hansen verheiratet – für Stones-Verhältnisse ist das eine Ewigkeit. Gemeinsam haben sie zwei Töchter, und gegenseitig haben sie sich aus dem Sumpf von Drogen und Exzessen gerettet.
In seiner bemerkenswerten Biografie hat Richards beschrieben, wie Mick Jagger die Stones dominiert hat.
"Er beanspruchte die Kontrolle, er hielt sich immer für den Führer. Er glaubte, er sei größer als die Stones. Das hat mich erst genervt. Und dann hat es mich langsam wütend gemacht", so Richards.

Zeitweise sind sie dann getrennte Wege gegangen, haben Soloalben gemacht. Seine waren besser als Jaggers. Vor drei Jahren zum Beispiel "Crosseyed Heart", das schielende Herz, mit 15 neuen Songs:
Er wisse nicht mehr, wer er sei, habe seinen Namen und seine Adresse vergessen, singt Richards in "Amnesia". So schlimm ist es nicht wirklich – die Noten hat er jedenfalls nicht vergessen, Musik machen kann er immer noch. Natürlich auch weiter mit den Stones. Irgendwie hat er es ja doch nie lange ohne Mick Jagger ausgehalten. The show must go on, auch mit 75.
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