Rolandseck-Festival

Jede Menge Gründe zum Feiern

Musikerinnen und Musiker des Rolandseck-Festivals 2014 mit Guy Braunstein (2. v.l.) und Ohad Ben-Ari (1. v.r.)
Musikerinnen und Musiker des Rolandseck-Festivals 2014 mit Guy Braunstein (2. v.l.) und Ohad Ben-Ari (1. v.r.) © Rolandseck-Festival/Wasmuth-Gesellschaft
02.07.2015
"Der Bahnhof Rolandseck wird das Theater sein, in dem sich alle Künste vereinen, um das Wunderbare zu schaffen." Im Sinne dieses Satzes machte sich der Galerist Johannes Wasmuth Mitte der 60er Jahre auf, den verschlafenen Ort südlich der damaligen Bundeshauptstadt zu neuem Leben zu erwecken. Mit einigem Erfolg, gelang es ihm doch, aus dem Bahnhof, der schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein beliebter Treffpunkt war, einen Ort der Künste zu machen.
Inzwischen hat das neue moderne Arp-Museum das klassizistische Bahnhofsgebäude "unterhöhlt und überwölbt" und bildet mit ihm einen besonderen Dreiklang aus Literatur, Bildender Kunst und Musik.
Mindestens drei Gründe gibt es dieses Jahr zum Feiern - das Rolandseck-Festival, ein einwöchiges Kammermusikfest, findet zum zehnten Mal statt. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik bestehen seit fünfzig Jahren, zu deren kultureller Ausarbeitung Johannes Wasmuth einen großen Teil beigetragen hat. Und einer der besten Freunde Wasmuths, der israelische Geiger Chaim Taub, wird 90 Jahre alt. Er ist aufs engste mit der musikalischen Ausgestaltung des Bahnhofs Rolandseck verbunden.
Für Musik und Musiker bot der Bahnhof Rolandseck schon seit Beginn der kulturellen Bürgerinitiative des Johannes Wasmuth besondere Bedingungen: Hier lebte die junge Martha Argerich und hier begannen frühzeitig intensive Kontakte vor allem zu israelischen Musikern um den damaligen Konzertmeister der Israelischen Philharmoniker, Chaim Taub, als ansonsten noch schuldbeladene Sprachlosigkeit auf westdeutscher Seite gegenüber dem Staat Israel herrschte.
Aus diesen Kontakten hat sich das Rolandseck-Festival entwickelt, das unter der künstlerischen Leitung von Guy Braunstein steht, dem ehemaligen Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, der auch Schüler Chaim Taubs ist. Inzwischen hat sich Guy Braunstein einen Ko-Festivalleiter mit an Bord geholt, den in Berlin lebenden Pianisten und Komponisten Ohad Ben-Ari, der ebenfalls aus Israel stammt.
Der alte Meister Chaim Taub schaut auch heute noch regelmäßig vorbei und genießt mit den Teilnehmern den malerischen Blick von der Dachterrasse des alten Bahnhofsgebäudes auf den Rhein. Mit seinen fast 90 Jahren gibt er auch dieses Jahr wieder einen Meisterkurs. Bei diesem Festival sind die Begegnungen zwischen Musikern und Publikum immer besonders persönlich, nicht nur, weil die Räumlichkeiten dazu angetan sind, sondern auch, weil die Organisatoren um den Rolandseck-Musikchef Torsten Schreiber darauf Wert legen, Künstler und Zuhörer zusammenzubringen - zum Beispiel durch eine gemeinsame musikalische Bootsfahrt auf dem Rhein.
Deutschlandradio Kultur überträgt regelmäßig von dort besondere Konzerte, nun wieder vom jährlichen Festival der Kammermusik. Das findet in diesem Jahr zum zehnten Mal statt. Das Motto dieses Jahr lautet ein wenig anspruchsvoll und allgemein „Freiräume". Die Konzerte finden zumeist in den Ausstellungsräumen des Museumsneubaus statt und korrespondieren mit der Bildenden Kunst von Bernard Schultze, dem zum 100.Geburtstag eine große Ausstellung gewidmet ist.
Am diesjährigen ersten regulären Festivaltag übertragen wir live aus dem Museumsneubau. Die Musikerinnen und Musiker bieten am heutigen Abend Bekanntes und Beliebtes einerseits und Besonderes andererseits in einer freien und eigenwilligen Zusammenstellung. Zu Beginn eine neue Fassung der "Italienischen Serenade" für Streichquartett von Hugo Wolf. Die erste Violine wird in dieser Bearbeitung des Festivalleiters Guy Braunstein durch eine Flöte ersetzt. Dann ein Renner des Repertoires, das B-Dur Streichquartett von Johannes Brahms, diesmal in der Originalfassung. Der zweite Teil beginnt mit einem Lieblingsstück von Oboisten, Hornisten und Pianisten, die mal etwas gemeinsam spielen wollen (die Materiallage ist da nicht so rosig) - das vielfältige Trio op. 188 von Carl Reinecke.
Dann folgt das sehr intensive und dichte Werk "Izkor" des ungarisch-israelischen Komponisten Ödön Partos, eine Art Totengebet oder Erinnerungsstück für Viola und Klavier aus dem Jahr 1947. Am Ende steht - ebenfalls als Programmänderung - das zweite Klaviertrio des spanischen Komponisten Joaquín Turina, ein modern-klassisches Stück eines zu Unrecht hierzulande wenig bekannten Komponisten.
Rolandseck-Festival
Live aus dem Neubau des Arp-Museums Bahnhof Rolandseck
Eröffnungskonzert
Joaquín Turina
Trio Nr. 2 h-Moll op. 76
Rosanne Phillipens, Violine
Katharina Deserno, Violoncello
Ohad Ben-Ari, Klavier
Ödön Pártos
"Izkor" (in memoriam) für Viola und Klavier
Amihai Grosz, Viola
Ohad Ben-Ari, Klavier
Carl Reinecke
Trio A-Dur op. 188
Gili Schwarzman, Flöte
Chezy Nir, Horn
Ohad Ben-Ari, Klavier
ca. 20.55 Uhr Konzertpause, darin:
Volker Michael im Gespräch mit Chaim Taub und Guy Braunstein
Hugo Wolf
"Italienische Serenade" (bearbeitet von Guy Braunstein)
Gili Schwarzman, Flöte
Guy Braunstein, Violine
Julia Deyneka, Viola
Zvi Plesser, Violoncello
Johannes Brahms
Streichquartett B-Dur op. 67
Guy Braunstein, Rosanne Phillipens, Violine
Julia Deyneka, Viola
Zvi Plesser, Violoncello