Rolandseck-Festival für Kammermusik

Dada intim mit Mozart

Musikerinnen und Musiker des Rolandseck-Festivals 2014 mit Guy Braunstein (2. v.l.) und Ohad Ben-Ari (1. v.r.)
Musikerinnen und Musiker des Rolandseck-Festivals 2014 mit Guy Braunstein (2. v.l.) und Ohad Ben-Ari (1. v.r.) © Rolandseck-Festival/Wasmuth-Gesellschaft
12.07.2016
Einen besonderen Zusammenklang aus Musik und Kunst bietet das Kammermusikfest im Arp-Museum Bahnhof Rolandseck. Hier gibt es das fünfte Konzert des Festivals unter dem Titel "Intime Briefe" nachzuerleben. Es spielen die beiden künstlerischen Leiter des Rolandseck-Festivals, Guy Braunstein und Ohad Ben Ari, das Arp-Quartett und viele namhafte Solisten.
"Der Bahnhof Rolandseck wird das Theater sein, in dem sich alle Künste vereinen, um das Wunderbare zu schaffen." Im Sinne dieses Satzes machte sich der Galerist Johannes Wasmuth Mitte der 60er Jahre auf, den Bahnhof Rolandseck, einen verschlafenen Ort südlich der damaligen Bundeshauptstadt Bonn zu neuem Leben zu erwecken. Mit einigem Erfolg, gelang es ihm doch, aus dem maroden Gebäude, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein beliebter Treffpunkt gewesen war, wieder einen Ort der Künste zu machen.
Inzwischen hat das neue moderne Arp-Museum das klassizistische Bahnhofsgebäude "unterhöhlt und überwölbt" und bildet mit ihm einen besonderen Dreiklang aus Literatur, Bildender Kunst und Musik.
Mindestens drei Gründe gibt es, die das Festival zu einem besonderen machen - das Rolandseck-Festival, ein einwöchiges Kammermusikfest, findet zum elften Mal statt. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik bestehen seit einundfünfzig Jahren, zu deren kultureller Ausarbeitung Johannes Wasmuth einen großen Teil beigetragen hat. Und einer der besten Freunde Wasmuths, der israelische Geiger Chaim Taub, wird 91 Jahre alt. Er ist aufs engste mit der musikalischen Ausgestaltung des Bahnhofs Rolandseck verbunden.
Für Musik und Musiker bot der Bahnhof Rolandseck schon seit Beginn der kulturellen Bürgerinitiative des Johannes Wasmuth besondere Bedingungen: Hier lebte die junge Martha Argerich und hier begannen frühzeitig intensive Kontakte vor allem zu israelischen Musikern um den damaligen Konzertmeister der Israelischen Philharmoniker, Chaim Taub, als ansonsten noch schuldbeladene Sprachlosigkeit auf westdeutscher Seite gegenüber dem Staat Israel herrschte.
Aus diesen Kontakten hat sich das Rolandseck-Festival entwickelt, das unter der künstlerischen Leitung von Guy Braunstein steht, dem ehemaligen Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, der auch Schüler Chaim Taubs ist. Inzwischen hat sich Guy Braunstein einen Ko-Festivalleiter mit an Bord geholt, den ebenfalls in Berlin lebenden Pianisten und Komponisten Ohad Ben-Ari, der wie Braunstein und viele eingeladene Musikerinnen und Musiker aus Israel stammt.
Der alte Meister Chaim Taub schaut auch heute noch regelmäßig vorbei und genießt mit den Teilnehmern den malerischen Blick von der Dachterrasse des alten Bahnhofsgebäudes auf den Rhein. Mit seinen inzwischen 91 Jahren gibt er auch dieses Jahr wieder einen Meisterkurs. Bei diesem Festival sind die Begegnungen zwischen Musikern und Publikum immer besonders persönlich, nicht nur, weil die Räumlichkeiten dazu angetan sind, sondern auch, weil die Organisatoren um den Leiter der Wasmuth-Gesellschaft und Intendanten der Internationalen Beethoven-Akademie, Torsten Schreiber, Wert darauf legen, Künstler und Zuhörer zusammenzubringen - zum Beispiel durch eine gemeinsame musikalische Bootsfahrt auf dem Rhein.
Deutschlandradio Kultur überträgt regelmäßig besondere Konzerte aus Rolandseck, nun wieder vom jährlichen Festival der Kammermusik. Das findet in diesem Jahr zum elften Mal statt. Die Konzerte finden zumeist im Festsaal des alten Bahnhofsgebäudes, aber auch in den Ausstellungsräumen des Museumsneubaus statt und korrespondieren mit der jeweils ausgestellten Bildenden Kunst. Daher rührt auch das Motto der meisten Konzerte des diesjährigen Festivaljahrgangs, das schlicht und einfach "100 Jahre Dada" lautet. An diesem Abend, den wir Ihnen hier in einer Aufzeichnung vom 5. Juli bieten, geht es weniger plakativ provokant zu, sondern eher "intim", getreu dem Untertitel des zweiten Streichquartetts von Leoš Janáček, "Intime Briefe". Welche privaten oder geheimen Botschaften Mozart, Poulenc, Rossini und Françaix in ihren Werken verborgen haben, wird dieses Konzert erweisen.
11. Rolandseck-Festival für Kammermusik
Arp-Museum Bahnhof Rolandseck
Aufzeichnung vom 5. Juli 2016
Wolfgang Amadeus Mozart
Flötenquartett A-Dur KV 298
Francis Poulenc
Trio op. 43 in der Fassung für Violine, Fagott und Klavier
Leoš Janáček
Streichquartett Nr. 2 "Intime Briefe"
Gioacchino Rossini
Quartett Nr. 1 F-Dur für Flöte, Klarinette, Fagott und Horn
Jean Françaix
Oktett für Klarinette, Fagott, Horn und Streicher
Arp Quartett:
Guy Braunstein, Violine
Rosanne Philippens, Violine
Yulia Deyneka, Viola
Zvi Plesser, Violoncello
Gili Schwarzman, Flöte
Chen Halevi, Klarinette
Chezy Nir, Horn
Mor Biron, Fagott
Gergana Gergova, Violine
Ulrich Knörzer, Viola
Alban Gerhardt, Violoncello
Matthias Botzet, Kontrabass
Ohad Ben-Ari, Klavier