Roher Fisch und Pfälzer Wein

25.03.2009
In Christoph Peters’ neuem Roman verliebt sich der junge Achim, ein romantischer Träumer und Müßiggänger, in die schöne, rätselhafte Mitsuko, die in einem mittelrheinischen Wanderheim verführerische japanische Delikatessen serviert. Ebenso raffiniert wie amüsant prallen in "Mitsukos Restaurant" zwei Kulturen aufeinander.
Seit Christoph Peters’ bravourösem Erstling "Stadt Land Fluß" vor genau zehn Jahren steht eigentlich immer ein etwa dreißigjähriger Mann im Mittelpunkt seiner Romane, er ist der Held, aber auf ganz subtile Weise. Es fängt nämlich damit an, dass er nicht weiter weiß. Aber dann geht es doch weiter. In immer neuen Kapiteln, Büchern, wird uns die Welt erklärt. Zumindest wird versucht, ihr auf den Grund zu gehen.

Achim, Ende 20, der sich als Gelegenheitsschauspieler und schlechter Lyriker durchschlägt, stößt irgendwann auf seinen langen Wanderungen am Mittelrhein (vermutlich die Gegend von Mainz, wo Peters bis 2000 gelebt hat) auf das Vereinsheim der Wanderfreunde Gurschebach. Ausgerechnet in dem Heim, das sich mit zünftigen Holzmöbeln und Hirschgeweihen schmückt, betreibt die abgründig schöne Mitsuko ein japanisches Restaurant und kocht wie eine junge Göttin.

Für Achim ist es Liebe auf den ersten Blick. Nun ist er kein Draufgänger und Schürzenjäger wie sein etwas lebenstüchtigerer Freund Wolf, er geht behutsam zu Werke und achtet auf kleine Zeichen der Sympathie, die er in Mitsukos Blicken und Gesten zu erkennen glaubt. Für Japan hat er ein Faible, seitdem er einst mit Wolf ein japanisches Restaurant besuchen wollte. Der Besuch scheiterte am schmalen Portemonnaie, das Faible blieb. Und seine Begeisterung für das japanische Essen nimmt von Mal zu Mal zu, tatsächlich läuft auch dem Leser das Wasser im Munde zusammen. Allerdings lebt Mitsuko mit dem 20 Jahre älteren Eugen, der das Geld und die Beziehungen hat und sich um alles kümmert, denn er ist zwar etwas naiv und vierschrötig, aber ein liebenswerter Kerl, der den japanischen Delikatessen die deutschen entgegensetzt: allerfeinste Bratwurst und ein Zwetschgenwasser aus der Ortenau, für das man jeden Reisschnaps stehen lässt.

Trocken, frech und pointensicher erzählt Peters diese Sehnsuchtsgeschichte, die sich einerseits noch mit dem mythischen Zauber japanischer Keramik und Teezeremonien, andererseits mit den abgeschnittenen Fingergliedern japanischer Yakuza-Gangster beschäftigt. Zwischen die Kapitel sind in einem historisierend-parodistischen Samurai-Ton Miniaturen aus dem alten Japan geschoben. Sie begleiten den romantischen Verehrer Achim, seine Ungeschicktheit und Verzagtheit, seine Reflexionen, bis man irgendwann versteht, dass es sich hier um die Vorfahren Mitsukos handeln muss.

Vom Wunderlichen zum Wunderbaren: Nur ein Müßiggänger wie Achim kann diesen Weg gehen, nur so einer hat Zeit und Einfalt, um die Verführung immer wieder zu versuchen und immer wieder zu scheitern. Aber der Romantiker liebt das Unmögliche, weil ihm das Wirkliche nicht behagt. Am Ende fliegt er nach Tokio, um durch Japan zu wandern, und träumt von einer Brasilianerin, die Japanologie studiert.

Rezensiert von Peter Urban-Halle

Christoph Peters: Mitsukos Restaurant
Roman. Luchterhand Verlag, München 2009
416 Seiten, 19,95 Euro