Robotrallye auf dem Mars

Von Dirk Lorenzen |
Der Mars-Rover "Opportunity" fährt wieder. Er hatte sich Ende April in einer winzigen Sanddüne festgefahren. Auf der Erde wurde die Situation simuliert und so der Robotwagen aus seiner misslichen Lage befreit. Nun erforscht "Opportunity" zusammen mit dem Mars-Rover "Spirit" weiter den roten Planeten.
Es sind wieder beide Mars-Rover der NASA flott. "Opportunity" hatte sich Ende April ist einer winzigen Sanddüne festgefahren - in so einem Sandrippel, wie es sie auch am Sandstrand auf der Erde gibt. Die NASA-Ingenieure hatten anstrengende Wochen: In einem "Mars-Labor" am Jet Propulsion Laboratory in Pasadena bei Los Angeles haben sie die Szenerie nachgestellt und mit einem identischen Rover das Herausfahren ausprobiert.

Nun hat es geklappt: Durch geschicktes Hin- und Herbewegen der sechs Räder des Rovers hat sich "Opportunity" (groß wie eine Gefriertruhe) nun endlich aus dem Sand befreien können. Dabei sind die Räder oft durchgedreht - die Räder drehten sich für knapp 200 Meter Wegstrecke, tatsächlich hat "Opportunity" nur gut 90 Zentimeter zurückgelegt. Aber nun ist das Gefährt "mit qualmenden Reifen" wieder frei.

Was macht "Opportunity" jetzt?

Bevor es wieder richtig wissenschaftlich wird, begutachtet der Rover "Opportunity" zunächst die kleine Sanddüne, in der er sich festgefahren hatte. Die NASA-Ingenieure wollen sehen, was an diesem Sandhaufen so anders ist. Denn an sich sieht der aus wie Dutzende andere, die "Opportunity" problemlos durchquert hat. Dann wird entschieden, ob "Opportunity" künftig einen großen Bogen um solche Sandhaufen machen soll. Danach geht es dann mit der wissenschaftlichen Mission weiter.

Was messen die beiden Marsrover dort oben?

"Opportunity" und "Spirit" haben viele Kameras an Bord, um die Umgebung ausgiebig zu fotografieren. Beide Rover haben aber auch einen Experimentierarm, auf dem einige Instrumente sitzen. Damit messen die Rover die chemische Zusammensetzung des Marsgesteins - und sie messen, aus welchen Mineralen das Gestein besteht. Die Rover können auch die Steine anbohren, um wirklich unverwittertes Gestein zu messen.

Wie hat die Mission der beiden Rover begonnen?

"Spirit" und "Opportunity" sind im Januar 2004 auf dem Mars gelandet - in genau entgegengesetzten Bereichen auf dem Mars. "Spirit" befindet sich in einem Krater von der Größe Hessens, der offenbar mal der Boden eines Sees gewesen ist. "Opportunity" ist in einer weiten Ebene gelandet, in der es nur wenige Krater gibt - allerdings hatte das Team das unglaubliche Glück, nach 400 Millionen Kilometern Reisestrecke in einem nur 20 Meter (!) großen Krater zum Stehen zu kommen. Für die Forscher ein Riesenglücksfall.

Die Rover machen Fotos und sammeln Daten, um zu ergründen, ob es auf dem Mars mal Wasser gegeben hat. Es geht um die geologischen Prozesse auf dem Mars - sollte es für lange Zeit stehende Gewässer wie Seen oder Sümpfe gegeben haben, so wäre das ein deutlicher Hinweis, dass es auf dem Mars Leben gegeben haben könnte.

Die Rover arbeiten seit Januar letzten Jahres. Die scheinen die himmlischen Bedingungen gut auszuhalten?

Das verblüfft alle Experten. Niemand hat damit gerechnet, dass die beiden Rover eineinhalb Jahre nach der Landung noch funktionieren (bisher sind nur sehr wenige Komponenten ausgefallen). Die Hauptmission ist längst vorbei - die Rover waren nur für drei Monate konzipiert. "Opportunity" hatte jetzt die Sandprobleme, "Spirit" hatte mal Probleme an einem Vorderrad, da fehlte Schmiermittel. Man hat es geschont - und jetzt geht es wieder. Offenbar hat sich Schmiermittel entlang der Achse dorthin bewegt. Die "Arthrose" ist wieder weg...

Die Bedingungen auf dem Mars sind sehr harsch: Es ist bitterkalt, vor allem nachts (auch der Mars hat einen Tag-Nacht-Rhythmus - dort dauert er knapp 25 Stunden). Die Temperaturen sinken auf bis zu minus 100 Grad Celsius - auch tagsüber herrscht Dauerfrost. Die Forscher hatten erwartet, dass die Rover viel schneller einfrieren (vor allem die Batterien leiden unter solchen Temperaturen) - bisher geht aber alles glatt.

Die Solarzellenflächen stauben allmählich ein, so dass sie immer weniger Strom liefern. Da hatte man bisher schlicht Glück, dass es keinen großen Sandsturm gegeben hat. Dann wäre ziemlich schnell Schluss ... Die Forscher hatten mit mehr Staub in der Atmosphäre des Mars gerechnet.

Die NASA ist optimistisch: Die Mission ist jetzt bis September 2006 verlängert. Trotzdem kann jeden Tag Schluss sein. Schon simple technische Fehler können die Rover lahm legen - denn die Rover lassen sich allenfalls ferngesteuert reparieren. Die nächste Werkstatt ist mehr als 150 Millionen Kilometer entfernt...

Wie weit sind die Rover schon gekommen?

Die Rover haben jeweils einige Kilometer zurückgelegt. An "Sprinttagen" schaffen die schon mal gut 200 Meter. Aber man muss sich eines klar machen: Die Rover befahren die sehr enge Umgebung ihres Landeplatzes. Die legen auf dem Mars keine wirklich großen Strecken zurück. Jetzt wird das Team aber mutiger und schickt die Rover auch schon mal einen Hügel hoch oder ähnliches - die Forscher möchten möglichst unterschiedliches Gestein untersuchen und die geologischen Strukturen an der Landestelle genau beobachten.

Wegen seiner roten Farbe wurde der Mars immer mit Blut und Krieg in Verbindung gebracht. Warum ist der Mars so rot?

Auch das ist Geologie. Den Marsstaub, der sich fast über den gesamten Planeten zieht und vom Wind überall hin gepustet wird, enthält ein markantes Eisenoxid, das so ocker-rötlich schillert. Man sagt manchmal salopp, es sei Rost - aber es ist nicht der Rost, den wir auf der Erde kennen.

Irgendwann werden die Rover aber mal ausfallen. Plant die NASA schon die nächste Marsmission?

Die Rover laufen und laufen und laufen... Aber irgendwann erlahmt der Geist ("Spirit") und ist die Gelegenheit ("Opportunity") vorbei. Doch die NASA plant eine Marsmission nach der anderen: Schon am 10. August soll der "Mars Reconnaissance Orbiter" starten - eine Sonde, die aus der Umlaufbahn extrem scharfe Aufnahmen machen soll, fast so gut, wie von Rovern auf der Oberfläche. Man wird Tausende von möglichen Landestellen künftiger Marsmissionen genauer untersuchen. Die Sonde erreicht im März 2006 den Mars, ist aber erst ab Anfang 2007 auf der "richtigen" Bahn für ihre Forschungsarbeit.

Erst für Anfang 2008 ist die nächste Landung auf dem Mars geplant - dann nahe einer Eiskappe an den Polen. Einen "Rover-Nachfolger" gibt es frühestens in fünf Jahren auf dem Mars.

Die chemischen und mineralogischen Messungen auf der Oberfläche wurden ja u. a. von Instrumenten aus Mainz vorgenommen. Sind die auch wieder dabei?

Das ist ein trauriges Kapitel. Für die Mission, die 2009 startet, wurden jetzt die Instrumente ausgewählt. Der "Stein-Schnüffler" aus Mainz ist auch wieder dabei - aber der kommt dann aus Kanada. Denn das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz schließt gerade diese Abteilung. Das Messinstrument wandert aus und wird künftig in Kanada weiterentwickelt, gebaut und betrieben.

Was fasziniert die Forscher so am Mars? Warum fliegt man da so oft hin?

Mars kommt uns alle zwei Jahre recht nah - dann dauert ein Raumflug nur etwa sechs Monate.

Mars hat die Menschen seit langem fasziniert: Schon in recht einfachen Teleskopen waren die Polkappen des Mars zu erkennen (Mars hat am Nord- und Südpol Eisflächen wie die Erde). Dann dreht er sich nur wenig langsamer als die Erde - ein Tag dort dauert etwas mehr als 24,5 Stunden. Und Mars hat Jahreszeiten, weil seine Rotationsachse um etwa 25 Grad geneigt ist - auch das ist fast genau wie bei der Erde.

Wegen dieser Parallelen glaubte man früher, auf Mars herrschten durchaus erdähnliche Bedingungen. Die ersten Raumsonden haben dann aber gezeigt, dass Mars im Wesentlichen eine Wüste ist. Heute ist er kalt und trocken. Allerdings muss Mars früher viel wärmer und feuchter gewesen sein. Man sieht Spuren von gewaltigen Wassermengen (ausgewaschene Täler, Fließspuren etc.).

Wasser steckt heute als Eis im Permafrostboden und in den Polkappen. Vielleicht gibt es aber sogar eine Art Grundwasser tief im Boden.

Wenn man Wasser hört, denkt man sofort an Leben...

Das geht den Wissenschaftlern genauso. Jetzt deutet sich sogar an, dass der Mars noch immer aktive Vulkane haben könnte. Dann wäre es also recht dicht unter der Oberfläche noch schön warm. Steckt das Leben auf dem Mars tief im Boden? Flüssiges Wasser kann heute nicht auf der Oberfläche existieren - dazu ist die Atmosphäre zu dünn. Bakterien würden an der Oberfläche von der harten Strahlung der Sonne zerstört. Aber das Wasser steckt im Boden - ist das Leben (wir reden nur von "primitivem" Leben wie Bakterien) mit in den Untergrund gegangen?

Werden bald Astronauten nach Lebensspuren auf dem Mars suchen?

Technisch sind bis zu einem bemannten Flug zum Mars noch viele Hürden zu nehmen. Klar ist aber auch: Mit Robotern wird man das Leben auf dem Mars wohl nie zweifelsfrei nachweisen können. Dazu müssten Menschen vor Ort sein, die komplizierte chemische und biologische Experimente durchführen können. Planungen gehen von einem Flug mit Astronauten frühestes im Jahr 2030 aus. Solch lange Projekte, die ohnehin nur halbherzig begonnen werden, entwickeln aber nicht eine so starke Dynamik wie der Mondflug der Amerikaner in den 60er Jahren. Insofern sollte man Bushs Ankündigung eines Marsfluges nicht mit der legendären Kennedy-Mond-Rede vergleichen.

Übrigens planen auch die Europäer mit ihrem Aurora-Programm bemannte Flüge zum Mond und zum Mars - nur geschieht das von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt.

Die bemannte Raumfahrt hat derzeit ganz andere Probleme, so dass ein bemannter Flug zum Mars derzeit sicher nicht ganz oben auf der Agenda steht.
Der US-Marsrover Spirit ist am 4. Januar 2004 auf dem Mars gelandet.
Der US-Marsrover Spirit ist am 4. Januar 2004 auf dem Mars gelandet.© Nasa
Der Mars fotografiert aus 5,5 Mio km Entfernung von Sonde "Mars-Express" am 1.12.2003
Der Mars fotografiert aus 5,5 Mio km Entfernung von Sonde "Mars-Express" am 1.12.2003© ESA