Robotik

Das Für und Wider der Serviceroboter

Ein humanoider Roboter auf dem Do-It-Yourself-Festival "Make Munich"
Ein humanoider Roboter auf dem Do-It-Yourself-Festival "Make Munich". © picture alliance/dpa/Foto: Christina Sabrowsky
Von Gerrit Stratmann · 25.08.2016
Automatische Rasenmäher und Staubsauger stehen mittlerweile in jedem Baumarkt zum Verkauf. Nach den Vorstellungen mancher Ingenieure ist das aber erst der Anfang, wenn es um den Einzug von Robotern in unsere Haushalte und den Alltag geht.
"Oh, the salad bowl is not here. But what is this object in front of me? Can I use it instead?"
Armar sucht eine Salatschüssel. Der humanoide Roboter wurde als Küchenhelfer am Karlsruher Institut für Technologie trainiert. Er reagiert auf sprachliche Befehle, lernt neue Tätigkeiten durch Imitation und findet sich einigermaßen selbständig in einer komplexen und veränderlichen Umgebung wie einer Küche zurecht. Und wenn er etwas nicht findet, zum Beispiel den Mais für den Salat, dann fragt er nach und holt es.
"I do not know where the corn is. Can you tell me? – The corn is in the fridge. – Okay!"
Armar ist ein Testroboter, an dem neue Technologien erprobt werden. Maschinen wie er könnten eines Tages in der Lage sein, uns im Haushalt viele Tätigkeiten abzunehmen. Bis sie soweit sind, muss aber noch viel geschehen.
"Hier in Karlsruhe wird ein Roboter entwickelt, der eine Spülmaschine einräumen kann. Dafür braucht er drei Stunden. Es gibt einen Roboter, der inzwischen auch Handtücher zusammenlegen kann. Die sind, was das Technische anbelangt, unglaublich weit entwickelt. Aber auch für so ein Handtuch braucht der 20 Minuten. Also das ist im Gegensatz zu humaner Arbeit noch viel zu teuer."

Intelligente Maschinen haben verheerende Folgen

Bettina-Johanna Krings arbeitet in Karlsruhe am ITAS, dem Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse. Sie untersucht die möglichen Konsequenzen von neuen Technologien und ihre Auswirkungen auf verschiedene Bereiche unserer Gesellschaft. So praktisch ein Serviceroboter im eigenen Heim auch sein mag, für die Entwicklung von Jobs in der Industrie und im Dienstleistungssektor könnten solche intelligenten Maschinen verheerende Folgen haben.
"Roboterisierung, Industrie 4.0 führt zu enormen, enormen Massenentlassungen, und ich würde auch vermuten, dass die Industriearbeitsplätze der Zukunft sich komplett verändern werden aufgrund dieser Digitalisierung. Es wird von Seiten der Technikentwickler immer gesagt: Im Mittelpunkt steht der Mensch in der Industrie. Soll er auch stehen bleiben. Es gibt da Kritiker, die sagen, der stand noch nie im Mittelpunkt der industriellen Entwicklung, und es wäre seltsam, wenn man da jetzt drauf Einfluss nehmen möchte. Aber tatsächlich ist es so, dass große Ängste ausgelöst sind einfach durch diese Automatisierungsprozesse, und es bleibt wirklich spannend, zu sehen wie die Arbeitsplatzentwicklung voranschreitet."
In Japan ist man da schon einen Schritt weiter. Die landestypische Begeisterung für Roboter aller Art spiegelt sich hier z.B. in der Eröffnung des Henn-na Hotels wider. Es ist das erste Hotel weltweit, in dem keine Menschen mehr arbeiten. An der Rezeption wird der Gast wahlweise von einer Roboterdame oder einem Dinosaurier mit Pagencappy begrüßt.
"Welcome to the Henn-na Hotel. If you want to check in, please press 1."
"Also, Sie werden da niemanden mehr treffen. Kein Mensch, der Sie bedient oder der Sie berät oder informiert. Sie haben ihre Telefonnummern, wo Sie im Ernstfall oder im Notfall jemanden anrufen können. Also da hat sich die völlig roboterisierte Dienstleistung durchgesetzt, und ich glaube, das ist ein kleiner Quantensprung. Wenn wir das wollen, und wenn das unsere Vision ist gesellschaftlicher Zukunft, dann sind wir soweit auch nicht davon entfernt."

Einsatz in Krankenhäusern und Altenheimen

Ein anderer Bereich, für den die Roboterunterstützung erprobt wird, ist die Pflege. Anreiz für den Einsatz von Robotern in Krankenhäusern und Altenheimen ist die Befürchtung, dass es in Zukunft nicht genug Personal für die immer älter werdende Bevölkerung geben könnte. Bislang werden solche Assisstenzsysteme nur auf Teststationen in Laboren eingesetzt. Denkbare Anwendungsmöglichkeiten gibt es viele.
"Der kann Wasser anreichen, der kann natürlich Tabletts von einem Tisch zum andern bringen oder von der Küche. Er kann natürlich Vitaldaten messen, kann die dann an die Station zurücksenden. Er kann sich unterhalten, er kann vorlesen. Also da gibt’s eine große Bandbreite an Möglichkeiten."
Robotersysteme, die autonome Entscheidungen treffen und ausführen können, sind eine Entlastung. Aber sie werden vermutlich auch niemals frei von Fehlern sein. Im Mai 2016 verursachte das selbständig fahrende Auto des Herstellers Tesla einen Unfall mit tödlichen Folgen. Deswegen denken Wissenschaftlerinnen wie Bettina-Johanna Krings vom KIT darüber nach, wer eigentlich die Verantwortung trägt für die Fehler dieser autonomen Robotersysteme.
"Die technische Revolution und das, was Roboter technisch können und umsetzen können, das ist enorm. Das ist auch sehr faszinierend, und ich glaube, wir stehen da wirklich vor einer weiteren technischen Revolution. Und diese rechtliche Frage: Wer haftet, wenn wirklich Unfälle passieren? Das ist die große ungelöste Frage. Und ich glaube, wenn die gelöst ist und es da Rahmenbedingungen und Regelwerke gibt, dann gibt es da auch eine große Entwicklung hin zu diesen Zukunftsvisionen."
An Visionen für das, was in Zukunft technisch machbar sein wird, mangelt es nicht. Allerdings vermisst Bettina-Johanna Krings bislang eine breite Auseinandersetzung darüber, wie weit Roboter in unserem Alltag überhaupt ein wünschenswertes Szenario sind.
"Ich glaube, wir brauchen gesellschaftliche Debatten um solche Zukunft, und wir brauchen gesellschaftliche Diskussionen darüber, wie wir wirklich leben wollen. Wollen wir so technisiert leben? Oder wollen wir in einer Zukunft leben, die nicht so durchtechnisiert ist, sondern wo wir noch ganz anders miteinander umgehen?"
Mehr zum Thema