Roboter

Schneller Helfer im Weinberg

Der Roboter Geisi soll den Anbau von Wein in Steillagen wieder konkurrenzfähig machen
Der Roboter Geisi soll den Anbau von Wein in Steillagen wieder konkurrenzfähig machen © Hochschule Geisenheim
Von Stephanie Eichler · 29.10.2015
Forscher der Hochschule Geisenheim entwickeln gemeinsam mit europäischen Partnern vier Weinbauroboter. Die Maschinen sollen Winzern künftig zeitaufwändige und gefährliche Arbeiten abnehmen. Stephanie Eichler war bei einem Test dabei.
Ein niedriges Fahrgestell auf vier stacheligen Walzen – wie ein klassischer Roboter sieht Geisi nicht aus. Und weil ihn ein 15 PS-Verbrennungsmotor antreibt, hört er sich auch nicht so an.
Die Maschine wirkt eher wie ein Mars-Rover. Doch Geisis Mission ist der Weinberg, genau genommen der Steilhang. Er ist - so wie Burgen und Schlösser - fester Bestandteil der Weinregionen Deutschlands, in die jedes Jahr die Touristen strömen.
An einem solchen Weinberg in Bacharach wird Roboter Geisi heute getestet. Mit dabei die Inhaberin des Steilhangs Cecilia Jost, Winzerin in der sechsten Generation:
"Ich habe sehr großes Vertrauen in das Projekt. Was mich daran besonders fasziniert ist, dass es das einzige Konzept ist, was ich momentan kenne, das auf einen Fahrer direkt auf der Maschine verzichtet. Und das ist der große Punkt: Wenn keiner drauf sitzt, kann auch keiner runterfallen."
Der Roboter soll für mehr Sicherheit und Effizienz im Steilhang sorgen
Bei der Arbeit im Steilhang verunglücken jedes Jahr mehrere Menschen, manchmal tödlich. Bisweilen stürzen sie mit den Maschinen, auf denen sie sitzen, um. Geisi soll für mehr Sicherheit sorgen: Damit er sich im Weinberg selbstständig zurechtfindet, wird er programmiert oder über Funk ferngesteuert. Cecilia Jost übt schon mal:
"Ich bin mir sicher, das braucht nur ein bisschen Einarbeitung und dann kann man damit genauso schnell fahren, wie früher mit dem ferngesteuerten Rennauto."
Die Technik im Geisi ist nichts Neues: Das Can-Bus-System, das verbaut ist, war schon vor zwanzig Jahren gebräuchlich. Es reduziert die Kabelbäume und hilft somit, Gewicht zu sparen.
Heute, in Bacharach, wird nur getestet, wie Geisi fährt. Doch in Zukunft soll der Roboter den Weinberg pflegen. Die Werkzeuge dafür sind ebenfalls schon auf dem Markt: Rotierende Messer sollen die Laubwand in Form halten. Eine Art Rasenmäher unter dem Fahrgestell soll den Berg mulchen – also den Bodenbewuchs kürzen.
Nur ein passendes Spritzgerät musste das Team um Hans-Peter Schwarz von der Hochschule Geisenheim selbst entwickeln. Mit der Spritze kann beispielsweise Schwefel gegen Pilzbefall aufgetragen werden:
"Da wir ein generelles Hubschrauberverbot für den Pflanzenschutzeinsatz haben im Weinbau, muss alles entweder per Ausnahmegenehmigung oder mit der Hand gespritzt werden. Da wäre der Geisi für den Pflanzenschutz ideal. Sie stehen am Kopf oder Fuße eines Berges, sind nicht mehr dem Spritznebel ausgesetzt und wir können auch spritzen, dann, wann wir wollen."
Der Steillagenweinbau steht unter Druck - er kostet derzeit zu viel
Der Preis des Geisi soll einmal 50.000 Euro betragen. Seil- und Raupenmechanisierungssysteme, die jetzt schon im Steilhang eingesetzt werden und beispielsweise die Trauben abtransportieren, sind dreimal so teuer. Aus Kostengründen steht der Steillagenweinbau unter Druck – viele Winzer sind schon ins Flachland ausgewichen. Die Steilhänge werden nicht mehr bewirtschaftet – das Landschaftsbild ist gestört.
Peter Jost, der zusammen mit seiner Tochter Cecilia das Weingut leitet, ist sich der Probleme bewusst:
"Auch ich weiß, dass so, wie wir heute arbeiten, in zwanzig Jahren der Betrieb total unrentabel sein wird. Und wenn wir nicht einen Schritt nach vorne machen, werden wir das wirtschaftlich nicht überleben. Das ist ganz klar. Ob der Geisi jetzt nun wirklich das ist, weiß ich nicht."
Auch wenn die einzelnen Bestandteile des Geisi im Prinzip nichts Neues sind, ist der Roboter als ganzes eine entscheidende Weiterentwicklung: Die anderen Mechanisierungssysteme wiegen ein bis zwei Tonnen. Geisi ist mit seinen 650 Kilogramm vergleichsweise leicht. Der Roboter schont so den Boden. Das ist wichtig für den Wuchs des Weines und wirkt der Bodenerosion entgegen.
"Es funktioniert. Man sieht, dass man sehr häufig über ein Stück fahren kann, ohne dass der Boden zu sehr geöffnet ist, dass man nicht mehr weiterfahren kann. Es fährt und jetzt fehlt ein Spielzeug für obendrauf."
Vielleicht ermittelt Geisi künftig auch den Ernährungszustand der Pflanzen
Zum Beispiel hilfreiche Elektronik. Die haben die Forscher aus Geisenheim bereits an anderen Weinbaurobotern getestet: Es sind Sensoren, die den Ernährungszustand der Pflanze ermitteln und Aussagen machen über den Wassergehalt des Bodens. Diese Daten würden dem Winzer ermöglichen, zielgerichtet einzugreifen, sagt Hans Peter Schwarz:
"Das ist dann die Aufgabe des Winzers: Die Interpretation. Er hat Informationen, die kann er interpretieren, um zum Schluss einen guten Wein zu haben."
Vielleicht ist Geisi nur ein Zwischenschritt. Fest steht: Die Experten setzen auf Roboter wie ihn, um mehr Sicherheit im Weinberg und eine kostendeckende Produktion zu erzielen. Und um eine jahrhundertealte einzigartige Kulturlandschaft zu erhalten.
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