Roboter-Dadaismus

Künstliche Kalendersprüche

www.inspirobot.me
Computergenerierter Spruch von "Inspirobot": "Rege Dich nicht darüber auf, dass Deine Kinder so eigenwillig sind. Gebe Dich einfach geschlagen." © Screenshot www.inspirobot.me
Von Marcus Richter · 11.07.2017
Sinnsprüche, die zwar grammatikalisch korrekt sind, aber keinerlei Sinn machen: Das liefert die Website "inspirobot.me". Was dahinter steckt, erklärt unser Internetexperte Marcus Richter.
Zunächst funktioniere "InspiroBot" ganz einfach, sagte Marcus Richter im Deutschlandfunk Kultur.
"Man geht auf die Webseite, dort ist ein großes grünes Kameraauge zu sehen, darunter ein Button auf dem steht 'generate', wenn man da draufklickt, bekommt man ein quadratisches schönes Bild mit einem Sinnspruch drauf."
Nach Auskunft der Internetseite handele es sich um eine "künstliche Intelligenz", die diese Sprüche generiere. Tatsächlich wirke es aber wie ein Automatismus, der den Namen "Intelligenz" eigentlich nicht verdiene, sagte Marcus Richter.
Dabei werden Inhalte aus einem Wörterbuch oder einer Datenbank mit Satzteilen kombiniert und am Ende komme Kauderwelsch raus. Man könne das aber so programmieren, dass es zumindest technisch gesehen korrekte Sätze sind, in die man Sinn deuten kann.
"Das ist nicht neu, die Seite wurde schon 2015 vom Norweger Peder Jörgensen erschaffen. Die Art und Weise haben wir auch woanders schon gesehen: Vor einiger Zeit war es Mode, sich sein eigenes Archiv aller Tweets herunterzuladen, solch einem Algorithmus vorzuwerfen und damit quasi einen Bot von sich selbst zu erschaffen."

Texte, die erleuchtet klingen

Auch die automatisierte Erstellung von Sinnsprüchen sei nicht Neues: Die Seite "Wisdom of Chopra" kombiniert auf diese Art Sinnsprüche eines New-Age-Gurus und die Seite "Bullshit" von Seb Pearce generiert ganze Texte, die erleuchtet klingen – beides übrigens Quellen, die ich in einem wissenschaftlichen Paper gefunden habe.
"Dort behaupten die Forscher, wer solche Sinnsprüche für profunde Erkenntnisse hält, hat oft eine niedrigere Intelligenz, neigt zu Religiösität und ist anfällig für Verschwörungstheorien."

Von vielen werden die Kalendersprüche des Inspirobots gerne geteilt, auch weil es etwas ganz Menschliches sei, diese Sprüche zu lesen, sagte Marcus Richter. Außerdem würde man bei all den genierten Sprüchen, wohl irgendwann bei einem Spruch hängen bleiben.
inspirobot.me
Screenshot der Internetseite "inspirobot.me"© www.inspirobot.me
"Mir wurde zum Beispiel 'Being is not to Protest, but to Re-Protest'. Also etwa 'Sein ist nicht zu protestieren, sondern erneut zu protestieren'. Und das kann man nach G20 natürlich total auf die aktuelle Situation beziehen: Es geht nicht nur um die Proteste, sondern das was danach passiert!"

Der Mensch neige zu selektiver Wahrnehmung und solche Koinzidenzen seien netter Smalltalk. Zudem sei die Seite perfekt gestaltet für Social Media.
"Die Fotos sind allesamt schön anzuschauen, haben diese etwas überproduzierte, mal mehr, mal weniger kitschige Art: Kinder, die durch eine Wiese laufen. Ein Bergmassiv in der Ferne, die Erde vom Mond ausgesehen. Sie sind quadratisch, lassen sich also perfekt in Instagram, Twitter, Facebook teilen."

Von wegen harmloser "InspiroBot"

Und die Seite biete noch eine zweite Ebene, erläuterte Marcus Richter. Wenn ein neuer Spruch generiert wird, tauchen manchmal noch Nachrichten des InspiroBots auf, die erst harmlos seien, aber dann immer dunkler werden.
"Natürlich freuen sich Roboter, eure Zimmer zu saugen", "Bots sind eure Freunde" oder "Resistance is futile". Das sei ein "Star Trek"-Zitat einer Cyborg-Rasse, die das Universum übernehmen wolle. Und apropos Science Fiction:
"Das grüne Kameraauge, das aufleuchtet, erinnert natürlich an den Computer HAL aus Stanley Kubricks 2001: Odyssee im Weltraum, der die Menschheit auslöschen will."
Wenn man sich aber sehr viele von den Sprüchen generieren lasse, stürzt die Seite irgendwann scheinbar ab. Der "InspiroBot" sei damit ein perfektes Online-Spielzeug mit eingebautem Social-Media-Hype, so das Fazit von Marcus Richter.
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