Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz

Den Frieden herbeikomponieren

Das Orchester hat sich vorm historischen Opernhaus der Stadt versammelt
1833 als Stadtorchester in Chmenitz gegründet, heute die Robert-Schumann-Philharmonie. © Robert-Schumann-Philharmonie / Dieter Wuschanski
Moderation: Stefan Lang · 22.01.2019
In diesem Konzert erklingen zwei Sinfonien, die im Jahr 1944 entstanden – einer Zeit, in der die Welt sich nach Frieden sehnte. Das Publikum hörte diese Sehnsucht in Vaughan Williams Musik, Prokofjews Sinfonie wurde gar zur "Friedenssinfonie".
Der Komponist Ralph Vaughan Williams ist hierzulande auf den Konzertplänen nicht allzu oft vertreten. Dabei gehört er genauso wie Benjamin Britten und Edward Elgar zu den zentralen Persönlichkeiten der britischen Musikgeschichte. Seine kompositorischen Schwerpunkte lagen auf dem Gebiet der Oper, der geistlichen Musik und der Sinfonik. Zwischen 1903 und 1958 entstanden insgesamt neun Sinfonien. Mit jeder von ihnen entwickelte Vaughan Williams seine individuelle Tonsprache weiter.

Die 6. Sinfonie, die er 1944 zu schreiben begann, wurde 1948 in der Londoner Royal Albert Hall uraufgeführt. Von Anfang an war sie ein Lieblingsstück des Publikums und eroberte innerhalb kürzester Zeit die Konzertsäle in der ganzen Welt. Aufgrund ihrer Entstehungszeit wurde sie mitunter als "Kriegssinfonie" betitelt, Vaughan Williams wäre ein anderer Titel lieber gewesen.
Der britische Komponist Ralph Vaughan Williams im Jahr 1957
Ralph Vaughan Williams traf mit seiner Musik den Nerv der Zeit.© picture alliance / dpa

Dem Frieden entgegen

Wie so viele seiner Zeitgenossen sehnte sich Ralph Vaughan Williams in jenen letzten Monaten der militärischen Auseinandersetzungen nach Frieden. Diese Sehnsucht verband ihn über die Länder hinweg mit Sergej Prokofjew. Auch dieser schickte sich 1944 an, eine Sinfonie zu schreiben, seine fünfte.
Undatierte Aufnahme des russischen Komponisten und Pianisten Sergej Prokofjew. Er wurde am 27. April 1891 in Sonzowka geboren und ist am 5. März 1953 in Moskau gestorben.
Undatierte Aufnahme des russischen Komponisten und Pianisten Sergej Prokofjew.© picture-alliance / dpa / Röhnert
Optimistisch durchzieht der Charakter heroischer Lebenskraft die Komposition, die in der klassisch-romantischen Tradition steht und mit ihrem lichten Beinamen „Triumph des menschlichen Geistes“ wie eine Vorausahnung des nahen Kriegsendes wirkte.

Uraufführung nach deutlichen Siegen über Hitlers Truppen

Dass dieses dann tatsächlich Wirklichkeit wurde, mutet wie ein Wunder an: Als Prokofjew im Januar 1945 in Moskau ans Pult trat, um die Uraufführung zu dirigieren, waren zwar noch Artilleriesalven zu hören, aber die sowjetische Armee hatte kurz zuvor den Sieg über die Truppen Hitlers an der Weichsel bekanntgegeben. So verwandelte sich Prokofjews Sinfonie quasi über Nacht in eine Botschaft des Friedens, der am Horizont heraufschimmerte.
Aufzeichnung des Konzertes vom 16. Januar 2019 in der Philharmonie Chemnitz
Ralph Vaughan Williams
Sinfonie Nr. 6 e-Moll
Sergej Prokofjew
Sinfonie Nr. 5 B-Dur op. 100
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