Ritterwelt mit modernen Figuren
Der österreichische Musiker Nikolaus Harnoncourt hat Joseph Haydns Oper "Orlando aladino" für das Theater an der Wien szenisch realisiert. Regisseur Keith Warner lässt die Ritterwelt mit modernen Figuren durchsetzt (die Zauberin Alcina ist eine Managerin mit schwarzer Brille und schwarzem Kostüm) als Fantasy-Figuren im Wiener Prater auftreten.
Für eines der wichtigsten, unbegreiflicherweise nicht überall gespielten Werke der Opernliteratur hält Nikolaus Harnoncourt Joseph Haydns "Orlando paladino". Nun hat er diese Oper erstmals im Theater an der Wien szenisch realisieren können. Interessant schon die Gattungsbezeichnung: "Dramma eroicomico": eine wechselseitige Durchdringung von Komischem und Heroischem! Haydns Oper scheint auch in vielen Details Mozarts fünf Jahre späteren "Don Giovanni" vorwegzunehmen, ja ihn – man kann das durchaus so, wie Harnoncourt andeutet, sehen – an intellektueller Brillanz und Reflexion zu übertreffen.
Zunächst die gleiche Konstellation: Ein Außenseiter – bei Mozart ein Wüstling, bei Haydn ein liebestoller, gewalttätiger Ritter (Orlando furioso) – , der die heroischen und die schlichten Liebespaare in ihren Beziehungen durcheinander wirbelt und sie nach dem Wesen ihrer Liebe fragen lässt. Aber Haydn geht noch weiter – bis zur Unterwelt. Orlando muss nämlich dort operiert und sein Gedächtnis durch Lethe, den Fluss des Vergessens, in einer an Grenzen gehenden Arie, die musikalisch das "Reich des Schweigens" streift, ausgelöscht werden.
Solche Tiefen lotet Harnoncourt sehr effektvoll aus, aber auch die musikalisch-theatralischen Metareflexionen werden lustvoll vorgeführt: Das Buchstabieren von Liebesvokalen, das Variieren der Verführung in verschiedenen musikalischen Formen – vor allem in der Leporello-Rolle des Dieners Pasquale (Marcus Schäfer). Harnoncourts nun schon 1953 gegründeter "Concertus musicus", mit dem er seit mehr als einem halben Jahrhundert die Wege historischer Aufführungspraxis eröffnete und das er noch immer leitet, ist nach wie vor voller jugendlicher dynamisch pulsierender Energie. Auch das Sängerensemble – vielleicht ein wenig zu heroisch – lässt keine Wünsche offen: Kurt Streit, Eva Mei, Juliane Banse.
Die Story von Roland, dem Ritter Karl des Großen, scheint alle 200 Jahre über Rolandslied, Ariost, Haydn weiterentwickelt und Regisseur Keith Warner lässt die Ritterwelt mit modernen Figuren durchsetzt (die Zauberin Alcina ist eine Managerin mit schwarzer Brille und schwarzem Kostüm) als Fantasy-Figuren im Wiener Prater auftreten. Da gibt es Ringelspiel, Spiegelkabinett und Achterbahn. Zunächst ein wenig harmlos, die Figuren sind mehr Praterspielzeug als psychologische Charaktere, dann aber doch tiefenpsychologisch ausgelotet. Freuds Sofa steht schließlich auch auf der Bühne. Harnoncourt hatte in einem Interview anlässlich einer konzertanten Aufführung des "Orlando paladino" 2002 bei der "Styriarte" gemeint, dass diese Oper mit ihrem Liebeswahnsinn am besten in einer Irren-Anstalt spielen sollte. Soweit ist Keith Warner im Theater an der Wien nicht gegangen.
Zunächst die gleiche Konstellation: Ein Außenseiter – bei Mozart ein Wüstling, bei Haydn ein liebestoller, gewalttätiger Ritter (Orlando furioso) – , der die heroischen und die schlichten Liebespaare in ihren Beziehungen durcheinander wirbelt und sie nach dem Wesen ihrer Liebe fragen lässt. Aber Haydn geht noch weiter – bis zur Unterwelt. Orlando muss nämlich dort operiert und sein Gedächtnis durch Lethe, den Fluss des Vergessens, in einer an Grenzen gehenden Arie, die musikalisch das "Reich des Schweigens" streift, ausgelöscht werden.
Solche Tiefen lotet Harnoncourt sehr effektvoll aus, aber auch die musikalisch-theatralischen Metareflexionen werden lustvoll vorgeführt: Das Buchstabieren von Liebesvokalen, das Variieren der Verführung in verschiedenen musikalischen Formen – vor allem in der Leporello-Rolle des Dieners Pasquale (Marcus Schäfer). Harnoncourts nun schon 1953 gegründeter "Concertus musicus", mit dem er seit mehr als einem halben Jahrhundert die Wege historischer Aufführungspraxis eröffnete und das er noch immer leitet, ist nach wie vor voller jugendlicher dynamisch pulsierender Energie. Auch das Sängerensemble – vielleicht ein wenig zu heroisch – lässt keine Wünsche offen: Kurt Streit, Eva Mei, Juliane Banse.
Die Story von Roland, dem Ritter Karl des Großen, scheint alle 200 Jahre über Rolandslied, Ariost, Haydn weiterentwickelt und Regisseur Keith Warner lässt die Ritterwelt mit modernen Figuren durchsetzt (die Zauberin Alcina ist eine Managerin mit schwarzer Brille und schwarzem Kostüm) als Fantasy-Figuren im Wiener Prater auftreten. Da gibt es Ringelspiel, Spiegelkabinett und Achterbahn. Zunächst ein wenig harmlos, die Figuren sind mehr Praterspielzeug als psychologische Charaktere, dann aber doch tiefenpsychologisch ausgelotet. Freuds Sofa steht schließlich auch auf der Bühne. Harnoncourt hatte in einem Interview anlässlich einer konzertanten Aufführung des "Orlando paladino" 2002 bei der "Styriarte" gemeint, dass diese Oper mit ihrem Liebeswahnsinn am besten in einer Irren-Anstalt spielen sollte. Soweit ist Keith Warner im Theater an der Wien nicht gegangen.