Ringbeck: Entscheidung eröffnet neue Perspektiven für andere Brücke

Moderation: Nana Brink |
Die Entscheidung der UNESCO, Dresden den Welterbetitel vorerst nicht abzuerkennen, eröffnet neue Perspektiven für eine andere Brücke, findet Brigitta Ringbeck. Sie nimmt als Beauftragte der Kultusministerkonferenz in Neuseeland an der UNESCO-Tagung teil. Im Welterbe-Komitee habe es großes Unverständnis darüber gegeben, warum eine Tunnellösung nicht möglich sein soll.
Brink: Das UNESCO-Welterbekomitee tagt gerade in Christchurch in Neuseeland. Besonders spannend aus deutscher Sicht ist das Thema "Waldschlösschenbrücke" in Dresden. Seit 2004 darf sich Dresden und das Elbtal mit dem Titel "Weltkulturerbe" schmücken. Aber im vergangenen Jahre setzte die UNESCO das Elbtal auf die so genannte rote Liste der bedrohten Welterbestätten und droht, Dresden den Weltkulturerbestatus abzuerkennen. Grund ist der geplante Bau der Waldschlösschenbrücke. Diese Brücke über die Elbe würde die Kulturlandschaft maßgeblich verändern, argwöhnt das Welterbekomitee. Aber - in der Diskussion sind auch Alternativen: entweder ein Tunnelbau oder der neue Entwurf einer schlanken, viel weniger auffälligen Brücke.

Das Welterbekomitee hat nach der Beratung des Falles offenbar Dresden noch Gnadenfrist gegeben. Ich bin jetzt mit Brigitta Ringbeck verbunden. Sie ist als Beauftragte der Kultusministerkonferenz in Neuseeland: Frau Ringbeck, was hat das Komitee denn nun genau beschlossen?

Ringbeck: Also das Welterbe-Komitee hat heute beschlossen, dass Dresden den Welterbe-Status verliert, wenn an den alten Brückenplänen festgehalten wird. Es hat Deutschland als Vertragsstaat aufgefordert, die alternativen Lösungen, die vorliegen, das heißt eine Tunnellösung oder eben der in dem Workshop im Mai dieses Jahres vorgelegte und gekürte Entwurf von Schlaich-Bergemann, Icomos als Beratungsorganisation der Unesco zur Evaluierung vorzulegen. Die Zeit zwischen der Tagung des Welterbe-Komitees und eben dem Workshop im Mai war zu kurz, um den normalen Prozess der Evaluierung bei den Beratungsorganisationen durchzuführen, das soll jetzt bis zum 1. Oktober nachgeholt werden.

Brink: Dresdens Baubürgermeister, Herbert Feßenmayr sprach heute Morgen im ARD-Morgenmagazin von einer Öffnung der UNESCO, aber die Lage ist doch eigentlich klar, die UNESCO hat ihre Meinung, ihre Position nicht verändert.

Ringbeck: Zum alten Brückenentwurf, aber es war ja bei der letzten Entscheidung im vergangenen Jahr nicht ganz klar, ob sie auch einen anderen Entwurf an dieser Stelle nicht akzeptieren würde. Das ist jetzt klargestellt worden. Ein anderer Entwurf wird nicht von vornherein als Welterbe-unverträglich ausgeschlossen. Das öffnet tatsächlich auch für eine neue Brücke eine neue Perspektive.

Brink: Was ist denn Ihre Meinung: Könnte es eine Tunnellösung geben, oder wird es eine Brücke geben? Wohin gehen Ihrer Meinung nach die Tendenzen?

Ringbeck: Die Tendenz im Welterbe-Komitee war, glaube ich, relativ eindeutig. Man hat relatives Unverständnis darüber geäußert, dass eine Tunnellösung nicht möglich war. Gleichwohl, und das muss ich betonen, hat es auch eine Brückenlösung, eine revidierte Brückenlösung, die schmaler ist, die einen nicht so großen Eingriff in die Landschaft darstellt, unter Umständen als akzeptabel dargestellt.

Brink: Und was meinen Sie nun, was kommt, also wird die Tunnellösung nun ernsthaft betrieben, weil Dresden hat ja keine Neigung, das zu tun?

Ringbeck: Ich glaube, es liegt nicht mehr an Dresden, sondern die Entscheidung liegt nicht mehr in den Händen der Stadt, sondern die liegt in den Händen der Staatsregierung, weil ja der Freistaat angeordnet hat, dass der alte Brückenbau auszuschreiben und in Auftrag zu geben ist. Da muss man jetzt sehen, wie man weiterkommt, ob der Freistaat tatsächlich an diesem alten Brückenentwurf festhält oder ob man nicht doch versucht, einen Kompromiss in Form einer moderateren Brücke oder eben in Form eines Tunnels hinzubekommen. Das ist jetzt, glaube ich, mehr eine politische Entscheidung als alles andere.

Brink: Ist denn die Entscheidung, bis zum 1. Oktober einen Aufschub zu gewähren, umstritten gewesen innerhalb des Komitees?

Ringbeck: Nein, absolut im Konsens gefunden und getragen. Überhaupt muss man sagen, dass also sehr viel Verständnis für die deutsche Lage, mit der ja Außenstehenden schwer nachvollziehbaren Situation, dass der Vertragsstaat Unterzeichner der Konvention ist, aber sie umgesetzt wird eben in unserer föderalen Struktur über die Länder, die über die Kulturhoheit verfügen. Das hat man doch alles sehr, ich sag jetzt mal, sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass sich Deutschland da in einer sehr schwierigen Lage befindet. Und man hat versucht, diesen wirklich schwerwiegenden Fall, erstmals überhaupt eine Welterbe-Stätte von der Liste zu streichen, wirklich von allen Seiten zu beleuchten. Die Diskussion darüber hat fast zwei Stunden gedauert.