Richard Nelsons "Gabriels"-Trilogie in Berlin

Trumps Wahl live auf der Bühne

Szene aus "The Gabriels: Election Year in the Life of one Family. Teil 2: What did you expect?" von Richard Nelson
Der New Yorker Regisseur Richard Nelson ließ den letzten Teil seiner Trilogie über eine Familie im US-Wahlkampf am Wahlabend aufführen. © Copyright/Foto: Joan Marcus
Moderation: André Mumot · 01.04.2017
Die US-Präsidentschaftswahl als Drama einer Durchschnittsfamilie - das zeigt Richard Nelson mit seiner "Gabriels"-Trilogie nun beim FIND-Festival in Berlin. Der letzte Teil der Uraufführung sei tatsächlich am Wahlabend gewesen, erzählt er. Für viele Zuschauer sei das Theater ein Trost gewesen.
Es ist wieder Zeit fürs FIND. An der Berliner Schaubühne sind dieser Tage beim Festival für Internationale Neue Dramatik zahlreiche Produktionen aus den unterschiedlichsten Ländern zu sehen, vereint unter dem Motto: "Demokratie und Tragödie". Schon im letzten Jahr war der New Yorker Autor und Regisseur Richard Nelson dabei mit vier Stücken, in denen er die Apples, eine amerikanische Durchschnittsfamilie beim Essen und Diskutieren gezeigt hat. Diesmal hat er eine neue Familiengeschichte mitgebracht, die der "Gabriels". "Election Year in the Life of a Family" - so der Untertitel der drei Abende.
Szene aus "The Gabriels: Election Year in the Life of one Family. Teil 3: Women of a Certain Age" von Richard Nelson
Szene aus "The Gabriels: Election Year in the Life of one Family. Teil 3: Women of a Certain Age" von Richard Nelson© Copyright/Foto: Joan Marcus
Es geht also um das zurückliegende Wahljahr, dessen Ergebnis die Präsidentschaft von Donald Trump ist. Im "Rang 1"-Gespräch schildert Richard Nelson, wie er die aktuelle Realität in seiner Stücke einbaut. So wurde der letzte Teil der Trilogie tatsächlich am Wahlabend in New York uraufgeführt:
"Das Stück spielt auch an diesem Tag", erklärt Nelson, "allerdings am Nachmittag. Die Figuren kennen den Ausgang der Wahl nicht, ich kannte sie auch nicht." Als sie um halb acht anfingen zu spielen, wusste das Publikum ebenfalls noch nichts. Die Zuschauer hätten ihre Handys ausgeschaltet und seien im Stück geblieben, ohne sich zwischendurch die Hochrechnungen anzusehen. "Nach der Vorstellung sind wir dann alle gemeinsam ins Foyer gegangen und haben uns die Übertragung im Fernsehen angeschaut. Das war allerdings ein erschütternder Moment", sagt Nelson.
Szene aus "The Gabriels: Election Year in the Life of one Family. Teil 2: What did you expect?" von Richard Nelson
Szene aus "The Gabriels: Election Year in the Life of one Family. Teil 2: What did you expect?" von Richard Nelson© Copyright/Foto: Joan Marcus
Er schätzt, die meisten Zuschauer gehörten zum Lager der Demokraten, sie hätten mit dem Ergebnis nicht gerechnet. "Da herrschte Verwirrung, Angst, Frustration, Trauer und Wut - alles gleichzeitig." Was ihn als Autor dann sehr berührt habe, war, dass viele Zuschauer und auch Kritiker gesagt haben, dass es ihnen sehr gut getan hat, an diesem Abend im Theater gewesen zu sein. Sie hätten dieser Familie zuhören können, die auf der Bühne einfach rede und ihre Zweifel ausdrücke, die niemanden belehren oder überzeugen wolle. "Dass sie vor dem Moment der Wahrheit gemeinsam dort sein konnten, hat die Leute glücklich gemacht."
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