Rice in Berlin

Von Jochen Thies |
Angela Merkel und Condoleeza Rice, zwei Politikerinnen, die sich offenkundig verstehen, hätten sich ein besseres Umfeld bei ihrer ersten Begegnung gewünscht. Aber eine wegen der CIA-Flüge in Aufwallung befindliche öffentliche Meinung verlangte ein zumindest partielles Eingehen auf die Gerüchte und Vorwürfe, die in den letzten Tagen gegen die Supermacht erhoben worden waren.
Die amerikanische Außenministerin blieb in Berlin bei ihrer Linie, die sich schon vor der Europareise in Washington abgezeichnet hatte: Im Kampf gegen den Terrorismus gehe es vor allem darum, die eigene Bevölkerung vor weiteren Anschlägen zu schützen und davon hätten auch Europa und andere Weltgegenden bereits profitiert. Die Bundeskanzlerin betonte dagegen stärker die Einhaltung von Grundsätzen und von Recht und bat Außenminister Steinmeier, dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Deutschen Bundestages einen Bericht vorzulegen.

Ob der Vorgang dadurch kanalisiert, am Ende entschärft wird, bleibt abzuwarten. Denn nach den jüngsten Presseberichten befindet sich neben dem ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily auch der neue Außenminister, bis vor wenigen Tagen als Chef des Bundeskanzleramtes unter anderem Koordinator der deutschen Geheimdienste, in der Schusslinie.

Was sonst noch zwischen der Kanzlerin und der US-Außenministerin bei der knapp einstündigen Begegnung besprochen wurde, rückte in den Hintergrund. Aber die Vorbereitungen für die erste USA-Reise von Angela Merkel in gut fünf Wochen laufen auf vollen Touren und auch dazu diente das Treffen im Bundeskanzleramt, nachdem Frau Rice schon in der vergangenen Woche Minister Steinmeier in der amerikanischen Hauptstadt zum Antrittsbesuch empfangen hatte.

Die angestrebte Normalisierung der deutsch-amerikanischen Beziehungen wird von Turbulenzen begleitet, das mussten beide Seiten heute zur Kenntnis nehmen. Dabei ließen die scharfen Attacken aus den Reihen der FDP, die sich bis vor kurzem auf die Übernahme des Außenministeriums vorbereitete, in der Hauptstadt besonders aufhorchen.

Aber Merkel und Rice blickten nach vorn. Bei ihrem Abschied sicherte die US-Außenministerin der Bundesregierung zu, dass alle amerikanischen Dienststellen in Irak, die Geheimdienste eingeschlossen, den Auftrag hätten, das Leben der deutschen Irakgeisel Susanne Osthoff zu retten.