Frederik Schindler: "Höcke. Ein Rechtsextremist auf dem Weg zur Macht"
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Höckes Familiengeschichte: Nicht weit vom Stamm gefallen
05:54 Minuten

Frederik Schindler
Höcke. Ein Rechtsextremist auf dem Weg zur MachtHerder, Freiburg 2025272 Seiten
22,00 Euro
Wie ist Björn Höcke aufgewachsen? Wie prägt ihn seine Familiengeschichte bis heute? Der Journalist Frederik Schindler hat eine Biographie über den Partei-Rechtsaußen der AfD geschrieben. Extrem rechtes Gedankengut zieht sich durch sein Leben.
Die öffentlichen Auftritte des Thüringer AfD-Fraktions- und Parteichefs Björn Höcke sind geprägt von Angriffen auf politische Gegner, die Medien, das liberale politische System. Hinzu kommt teils verbotenes SA-Vokabular. So spricht er bei Wahlkämpfen, bei Parteiveranstaltungen, im Thüringer Landtag.
Das ist die bekannte Seite von Björn Höcke. Doch wie war der 53-Jährige eigentlich als Lehrer, in seiner Zeit an verschiedenen Schulen in Hessen? Wie prägt ihn seine Familiengeschichte bis heute? Was ist sein politisches Ziel?
Der Journalist Frederik Schindler hat in seinem neuen Buch eine bemerkenswerte Mischung aus persönlicher Biographie und politischer Analyse des Lebens und des Denkens von Björn Höcke vorgelegt.
Geprägt durch die Vertreibung aus Ostpreußen
Mit Präzision führt Schindler durch die Geschichte einer Familie, die tief geprägt ist durch die Vertreibung aus Ostpreußen nach dem Zweiten Weltkrieg. Schon Höckes Vater, ebenfalls ein Lehrer, fällt auf, als er in der Schule NPD-Zeitungen liest.
Schindler schildert die Geschichte dieser - laut einer Selbstbeschreibung Höckes - „hochpolitischen Familie“ einprägsam und unaufgeregt. Hier wird klar, wie früh der Grundstein für Höckes in Teilen geschichtsrevisionistisches Denken gelegt wurde. Schindler kann hier viele neue Rechercheerkenntnisse bieten.
In Hessen war Höcke Vertrauenslehrer
Aufschlussreich sind auch die Schilderungen von ehemaligen Schülern Höckes, die ihn während ihrer Schulzeit in Hessen so sehr schätzten, dass sie ihn zum Vertrauenslehrer wählten. Höcke unterrichtete Sport und Geschichte an verschiedenen Schulen in Hessen. Schon damals fiel er mit reaktionären Ansichten auf - so weigerte er sich zum Beispiel, sich gegen die Abschiebung eines Schülers nach Sri Lanka einzusetzen, weil er im Asylsystem die Grenze des Leistbaren erreicht sah.
Schindler gelingt es überzeugend, Höckes politische Haltung als Linie nachzuzeichnen, die sich von der Kindheit bis zu den frühen Berufsjahren zieht. Er zeigt: Wir haben es hier mit einem Überzeugungstäter zu tun. Schade allerdings, dass im Buch kaum etwas über die Studienzeit Höckes erzählt wird, diese bleibt ein weißer Fleck in der Biographie.
Dass der Autor seit 2018 regelmäßig als Journalist über die AfD berichtet, merkt man seinem Buch positiv an, er hat einen klaren Blick für die Veränderung der Partei über die Jahre, sowohl in ihrer Führungsriege als auch in ihrer politischen Ausrichtung.
Höckes Ziel: die homogene Gesellschaft
Seit ihrer Gründung 2013 hat die AfD einen beachtlichen Weg innerhalb des rechten Spektrums zurückgelegt: Vom Widerstand gegen die Euro-Rettung hin zu einer Partei, die den neurechten Begriff der „Remigration“ offen umarmt. Und in der Höckes großes Ziel, die radikale Veränderung Deutschlands hin zu einer homogenen Gesellschaft, ihren festen Platz hat. Für alle, die sich eingehender mit der AfD und einer ihrer führenden Personen auseinandersetzen wollen, ist Schindlers Buch ein Gewinn.