Aya Jaff: "Broligarchie"
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Abrechnung mit den Tech-Bros
05:44 Minuten

Aya Jaff
Broligarchie. Die Machtspiele der Tech-Elite und wie sie Fortschritt verhindernEcon Verlag, Berlin 2025240 Seiten
23,99 Euro
Programmiererin Aya Jaff war selbst Teil des Silicon Valley - und schreibt nun über die bedrohlich einflussreich gewordene Tech-Elite. Ihr Buch ist eine Ermutigung, sich dafür einzusetzen, den digitalen Raum demokratisch zu gestalten.
Immer wieder melden sich Kritiker der Digitalisierung zu Wort, die gleichzeitig von ihr profitieren. Der IT-Unternehmer Mustafa Suleyman etwa oder der KI-Entwickler Geoffrey Hinton haben mit dem Aufstieg von Big-Tech Millionen verdient, um jetzt vor den Gefahren ihrer eigenen Erfindungen zu warnen. KI – so ihre Sorge – könnte die Menschheit zerstören. Doch hätten sie nicht vorher die Folgen bedenken können?
Innovation mit Oberflächlichkeit verwechseln
Unwahrscheinlich, sagt die Programmiererin Aya Jaff. Denn im Silicon Valley werde Innovation mit Oberflächlichkeit verwechselt – das große Geld stets im Blick. Statt über Verantwortung spreche man über Wachstum. Was vermarktbar sei, bestimmten ausschließlich die Investoren.
Jaff muss es wissen. Die 30-Jährige war früher selbst Teil der Tech-Szene. Als Stipendiatin der Non-Profit-Organisation „Women Who Code“ hat sie verschiedene Start-up-Ideen gepitcht. Genau deshalb ist ihr Buch etwas Besonderes! Denn sie zeigt: Der kritische Blick kann auch einsetzen, bevor die eigenen Schäfchen im Trockenen sind. Und gleichzeitig gibt sie einige seltene Einblicke in das Innenleben des Silicon Valley. Etwa wenn sie von ihrer persönlichen Krise berichtet, weil Investoren sie als „ungeeignete Gründerin“ abqualifizieren. Dabei hatte sie schlicht den Nutzen von Projekten hinterfragt. Oder wenn sie beschreibt, wie andere die eigenen Werte „Stück für Stück verschieben“, nach dem Motto: „Erst das Geld, dann das Gewissen“.
Wie die „Broligarchie“ so einflussreich wurde
Im Mittelpunkt aber steht ihre Analyse, weshalb die Digitalisierung so (bedrohlich) profitgetrieben ist und mit welchen Mitteln die „Broligarchie“ – eine kleine Gruppe reicher Männer – so einflussreich wurde. Angefangen bei der Idee des „Solutionismus“, wonach es für jedes Problem eine technische Lösung gibt, über Tech-Ideologien wie den Cyberlibertarismus, der vorgibt politische Ziele in scheinbar neutrale technische Sprache verpacken zu können, bis hin zur Übernahme der digitalen Infrastruktur in großen Teil der westlichen Welt. Amazon, Microsoft und Google haben mit ihren Rechenkapazitäten längst auch Europa an den Tropf gelegt.
Vieles von dem, was Aya Jaff zusammenträgt, ist (glücklicherweise) längst Teil der öffentlichen Debatte. Umso spannender wird es, wenn sie fragt, wie sich die Macht aus dem Silicon Valley zurückholen lässt? Genau dafür ist sie angetreten. Wie kann man KI und andere digitale Tools demokratisch einsetzen? Hier ist ihr Buch tatsächlich ein echter Mutmacher. Erstaunlich, wie viele Initiativen es bereits gibt. Ob in Hamburg, Berlin oder Barcelona: Etliche Städte schaffen sich kommunale Infrastrukturen, um unabhängig zu werden von den kommerziellen Datenriesen. Auch theoretische Ansätze wie das umstrittene Degrowth-Konzept oder die Idee des Public-private-Partnership greift Aya Jaff auf, die vom US-Magazin „Forbes“ auf die Liste der führenden Köpfe ihrer Generation gesetzt wurde, und leistet damit einen wichtigen Beitrag, den Tech-Bros aus dem Silicon Valley die Stirn zu bieten.











